Deckel die hübsche Darstellung der Rückkehr des Waldvolkes von der Jagd. Die Beute besteht neben Hasen auch in einem Einhorn, welches mit Hilfe einer Jungfrau, wohl in der wiederholt genannten Weise, eingefangen wurde und nun vollständig gezähmt, mit der triumphierenden Bezwingerin auf dem Rücken, an der Halfter mitgeführt werden kann. Hinsichtlich der Stellung Straßburgs zur mystischen Jagd des Einhorns möchte ich schließlich darauf hinweisen, daß Konrad von Würzburg, der von allen mystischen Dichtern den weitesten Gebrauch von den Symbolbeziehungen zwischen Maria und dem Einhorn machte, sich zum Vorbild Meister Gottfried von Straßburg wählte und bis zu seiner Übersiedlung nach Basel, aus der Stadt Straßburg seine mystischen Dichtungen ausgehen ließ. Wir haben nun die verrnutlichen Quellen und die Heimat der Darstel- lungen der himmlischen Jagd kennen gelernt, als erstere den Physiologus der Deutschen und die Bestiaeres der Franzosen; als letztere haben sich die Länder am Oberrhein, speziell Elsaß und Lothringen - als engere Heimat Straßburg - geäußert. Immerhin wird aber auch eine Anregung vom Westen anzunehmen sein, von Frankreich aus, dessen Einfluß im Mittelalter, vor- nehmlich im XIII. Jahrhundert, mit unwiderstehlicher Kraft in das Leben und die Bildung der Deutschen ein- setzte. Wenn auch die Sage vom Ein- horn ungemein verbreitet war und speziell in Deutschland und Frank- reich viel Anhänger fand, so dürfte man ganz im Süden, bei stärkerem Kontakt mit dem afrikanischen Kon- tinent, der eigentlichen Heimat des Spießbockes, im XV. Jahrhundert bereits eines Besseren belehrt ge- wesen sein. Hat man auch dort an Beziehungen eines gehömten Tieres zur seligsten Jungfrau festgehalten, so wurde doch die Darstellung eines unbekannten Tieres späterhin ver- mieden. Ein sehr früher, unter dem Einflusse maurischer Keramik ent- standener, italienischer Teller der Sammlung Graf Wilczek mit der Darstellung einer Antilope im Fond und mit der Umschrift „Ave Maria gratia plena" liefert den Beweis, daß an Stelle des Einhorns jenes Tier gesetzt wurde, welches uns heute Indianerin von Abastema, St. Leger Eberle als (185 der alten Fabel erscheint.