AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 54b VON LUDWIG HEVESI-WIEN 5th RIEDRICH GAÜERMANN. In der Galerie Miethke ist der hundertste Geburts- tag Friedrich Gauermanns durch eine reichhaltige Ausstellung seiner Bilder und Zeichnungen begangen worden. Manches, was sonst nicht vor das Publikum käme, war da zu sehen. Vor allem neun Bilder aus der kaiserlichen Villa in Ischl. Die volle Frische des Künstlers fällt in die Jahre vor r848, er hat den vollen Vormärz im Leibe. Seine saubere Behandlung des Buntviehs und Hundes, die ihm am besten liegen, geht gewiß von den kleinen Holländern aus, stimmt aber mit dem allgemeinen Geschmack der Biederzeit und ihres gefälligen Wohnzimmerstils. In einem Hause, wo alles so nett und hausfräulich wohl- besorgt war, konnte auch das gemalte Vieh sich nicht a la Snyders benehmen. Die Natur- studie, die in alldem steckt, ist aber immer voll Natur. Man sah das eben auch in einer reizenden kleinen Ziege (Besitz: Miethke). Und das gibt diesen Bildern dauerndes Leben. Auf Malweise und Farbenwesen hatte jedenfalls auch die Vervielfältigung in Buntdruck (Paterno) einen gewissen Einfluß. Man wird nicht ungestraft so viel buntgedruckt und im ganzen Lande verbreitet, die eigenen Bilder ziehen davon an. Wir sehen ja an Pettenkofen, wie sein erstes (silbertoniges) Malen von seiner eigenen lithographischen Vortätigkeit her- kam. Es war noch ein Empfinden in Grau und Tondruck. In der Anordnung seiner Bilder stellte sich bei Gauermann bald eine Schablone her, die auch ihre historische Quelle hat. Das Beispiel von Niklas Berchem schlägt durch, dessen zahllose Motivchen in Öl und Kupferstich damals an allen Akademien vorbildlich waren. Es sind immer die nämlichen paar Objekte, immer wieder ein wenig anders zusammengestellt. Bedeutende Wiener Zeitgenossen färbten gelegentlich auch auf ihn ab. Ein buntes Pferd im Stalle erinnert gewiß an Dallinger, ein Pferd mit I-Iund im Freien an Pettenkofen. Auch Waldmüller ließ sich nicht gut abwehren. Ein Genrebildchen („Bäuerin") möchte man fast lieber diesem zuschreiben; aber auch in einigen Landschaften (Salzburger Gebirge) kommt das scharfe, lineare Sehen und I-Iinsetzen offenbar aus dieser Richtung. Selbst Schwind ist nachweisbar in gewissen „weißen Hirschen", die wie für Märchenillustration stilisiert sind. Sehr bestimmend sind ferner, wie für so manchen andern Wiener, die Strömungen von Paris und München her. Carle und Horace Vernet liegen auf der Hand, wenn Gauermann ein „Tor bei Meran" oder „Bergjoch bei Meran" malt. Oder „Fischer in Chioggia", mit der roten Mütze als obligater Farbennote. Sie kann dann auch zum roten Kopftuch werden, wie bei der jungen Bäuerin im „Herannahenden Gewitter". In solchen Bildern geht es Gauermann wie Bürkel in München. Und der tonangebende Engländer Sir Edwin Landseer, von dem er namentlich seine I-Iochlandsnebel hat, geht auch nicht spurlos vorüber. Heute hat das alles seine malgeschichtliche Pikanterie, es sind Zeitmomente. In seiner letzten Epoche konnte Gauermann auch ganz „Öldruck" werden; ein großes, nicht bezeichnetes Bild: „Abtrieb von der Alm" ist in diesem Sinne das schlechteste. Als Ganzes ist der Eindruck doch vorteilhaft. Ein lebensvoller Künstler, der mitten in seiner Zeit steht und von allem Zeitgenössischen Notiz nimmt. Einer der unablässig lernt und doch in jedem Pinselstrich er selbst bleibt. Was kann man mehr verlangen? Auch an Kuriosa fehlte es derAusstellung nicht. Man sah da die Skizze zum berühmten Geschäüsschild des„schwarzen Hundes". Und sogar ein echtes Original-Marterl aus dem Besitz des Bauern Egelseer, der als zweiter Mann der Tochter Gauermanns (sie starb vor einigen Tagen] auf dem Gauer- mannshof bei Miesenbach sitzt. In Miesenbach war Gauermann geboren, auf dem Gauer- mannshof starb er, x. Juli 1862. Das Marterl stand früher am Wege zwischen Miesenbach und Scheuchenstein und zeigt, wie ein junger Bauer von seinem eigenen I-Iolzfuhrwerk überfahren wird. Oben in Glorie die Muttergottes. Ein in seinem ungenierten Vortrag und dem saftig aus dem Braun herausgearbeiteten Lichteifekt treffliches Stück Improvisation. Das Bild hat folgende Legende: „Hier starb am 3x. Oktober 1849 eines plötzlichen Todes 7