93 heute bereits durchgearbeitete Projekte vor, bei denen von der oft geradezu krassen Planlosigkeit englischer Stadtvergrößerungen von ehedem nichts mehr zu merken ist. Weitere Gründungen gleicher Art sind in Menge geplant. Man kann also sagen, daß ganz England von der Bewegung erfaßt ist, und daß damit die ersten definitiven Schritte zur Entlastung der übervölkerten Großstädte sich vollziehen, die bei geeigneter Weiterführung einen bedeut- samen Rückschlag auf den großstädtischen Bodenspekulationswahnsinn aus- üben müssen, die gewissenlosen Preistreibereien einer vor keinem Wagnis zurückschreckenden Sorte von modernen Freibeutern allmählich lahm- zulegen berufen erscheinen. In weit ausgedehnterem Maße jedoch spricht sich die „Back to the land"-Bewegung in zwei Gartenstadtgründungen aus, wovon die eine, Letch- worth, bereits bis zu einem hohen Entwicklungsgrad gelangt ist, während bei der andern, Hampstead, im Frühling 1907 der erste Spatenstich getan und im Laufe des Sommers eine Anzahl von Straßenzügen und Hausbauten erstellt wurde. Von ihnen soll im nächsten, dem Schlußartikel die Rede sein. EINE AUSSTELLUNG MODERNEN KUNSTGE- WERBES IN LONDON Sie VON P. G. KONODY- LONDON 54b AS moderne englische Kunstgewerbe befindet sich gegenwärtig in einem eigentümlichen Übergangs- stadium und es ist schwer, aus dem Bild, das sich dem Beobachter darbietet, auf den Entwicklungs- gang der nahen Zukunft Schlüsse zu ziehen. Der Fremde, der nach London kommt und in den Hauptstraßen der Millionenstadt die Schaufenster der Juweliere, Möbelhändler oder der Niederlagen von Gebrauchs- und Luxusgegenständen jeder Art besichtigt, wird überhaupt zu zweifeln an- fangen, daß es momentan in England ein blühen- des Kunstgewerbe gibt. Der praktische Sinn des Engländers hat sich von jeher den Unarten des Art Nouveau- oder Jugendstils feindselig gegenüber- gestellt, obgleich Libertys auf kurze Zeit durch die Einführung dieser „neuen Kunst" viel von sich sprechen machten. Heute ist man dieses Stils schon herzlich überdrüssig und der Atelierjargon hat dafür eine treffliche Bezeich- nung gefunden, die eine Spur der Verachtung mit sich trägt; was man früher als „artistic" bezeichnete, wird heute „arty" benannt. Im Deutschen läßt sich der Unterschied ungefähr mit den Ausdrücken „künstlerisch" und „künstelnd" ausdrücken, obgleich die Anwendung von künstelnd nicht ganz mit arty übereinstimmt. „Arty" sind jene blassen, ästhetischen Farbentöne, mit welchen Libertys Ladenfenster in billigem Material ausgeschlagen waren 1a