Der Fächer war der unzertrennliche Begleiter der Männlein und Weiblein des alten Inselreichs und spielte, wie leicht begreiflich, auch im japanischen Volksglauben eine nicht unbedeutende Rolle. Einen Fächer finden, bedeutet Glück; die Kleidung der kleinen Kinder bei ihrer Weihe im Shinto-Tempel wird mit kleinen Fächern bedeckt; Knäblein gibt man als Geburtstagsgeschenk einen Fächer als Symbol der Tapferkeit und so weiter. Man benutzt in Japan zwei Fächerarten: den zusammenlegbaren Falt- fächer, Ogi oder Sensu, den nationalen Fächer Japans, der in der Regierungs- zeit des Kaisers Tenji (668 bis 672) von einem Bewohner der Provinz Tamba oder Tan-shiu (westlich von Kyoto) erfunden worden sein soll, und den starren Blattfächer, „Uchiwa", den die Japaner über Chosen (Korea) von den Shinajin (Chinesen) erhielten und von welchem sie eine Spezies direkt mit dem Ausdruck „To-uchiwa", das heißt Chinafächer (TozOsten, China) belegen, der als „Gumbai-uchiwa" auch als eine Art Kommandostab von den Heerführern benutzt wurde, wenn sie, auf Klappstühlen sitzend, die Schlacht leiteten. Der chinesische Blattfächer fand sonst bei den Japanern in alter Zeit nur innerhalb ihrer vier Wände als bloßes Hausgerät eine Verwendung. Die Chinesen erhielten den japanischen Faltfächer erst im XV. Jahr- hundert, und zwar auf demselben Weg, auf den ihr Blattfächer nach Japan gekommen war, aber er wurde erst am Ende des XVI. Jahrhunderts in China salonfähig, weil er gleich bei seinem Eintritt in das „Reich der Mitte" von den chinesischen Kurtisanen in Gebrauch genommen worden war. Eine Abart des Ogi ist der „Suehiro" oder Chuukei-Fächer, der, mit auswärts gebogenen Deckschienen versehen, auch im geschlossenen Zustand halb geöffnet erscheint und einem Gingkoblatt sehr ähnlich sieht. Diese Fächerart wurde von den Japanern vornehmlich bei Hof- und kirchlichen Zeremonien getragen. Der Hauptsitz der Faltfächerindustrie ist Fushimi, zwischen Osaka und Kyoto, in der Provinz Owari gelegen; feinere Sorten werden in den beiden Residenzstädten Kyoto und Tokyo erzeugt. Die Fächer der Männer sind meist rein weiß und tragen nur Inschriften, bestehend in Gedichten (Uta) oder Sinnsprüchen, als Dekoration. Die Frauenfächer zeigen auf matt- grundierter Fläche Blumen, Vögel, Schmetterlinge und dergleichen in dis- kreten Tönen, während die Fächer der Kinder eine lebhaftere Färbung besitzen. Die Fächer der Geisha (Sängerinnen) und namentlich der Oiran, der galanten Damen gewisser Stadtbezirke (Yoshiwara in Tokyo, Shimabara in Kyoto und so weiter), sind dagegen sehr groß im Format und tragen auf Gold- oder Silbergrund eine überreiche, grelle Bemalung. Diese verschiedenen Fächerarten kommen nun auch in der japanischen Heraldik zur Verwendung und bieten die hier eingerückten Abbildungen eine Anzahl von Fächerwappen, die durch ihre systematische Aneinanderreihung einen Einblick in das eigenartige Wesen dieser ostasiatischen Dekorations- kunst gestatten.