504 Die assyrische Bau- kunst hat vorwiegend jene Treppenformen ausbilden können, die durch Verlagerung oder Anlehnung an den Un- terbau der Terrassen entstanden. Die ägyp- tische Architektur kennt wohl auch jene frei zu kleinen Tempelan- lagen führende einarmige Treppe, welche später die römische Baukunst übernahm (von den so- genannten Typhonien), sonst aber sind dort Freitreppen seltener. Im Innern der Bauwerke bleibt die Treppe noch Nutzbau. In den mäch- tigen Pylonen füllen in der Regel mehrarmige Treppen den hohlen Kern. In den kolossalen Pyramiden führen zu- meist Rampen zu den Grabkammern. Solche Anlagen haben sich nicht zur Kunstform erhoben und es scheint, daß der ägyptische Baukünstler dem sichtbaren Stufenbau weniger zugeneigt war wie der assyrische und persische. Asien ist so die eigentliche Heimat großartiger Treppenbauten geworden. Indien schwelgte gleichfalls in kolossalen Substruktionen und reichen Stufenbauten und in der Pagode hat das östliche Asien eine abnorm hohe Form des Etagenbaues entwickelt. (Die Stufenpyramide der Ägypter hat nichts mit Geschossen zu tun.) Vielleicht hängt das Vorbild der gewaltigenBerge,welche das östliche und südliche Asien kennen, mit der Vorliebe der Asiaten zusammen, ihre Tempel- bauten hoch in die Wolken ragen zu lassen und dem Irdischen zu entrücken. Während Ägypten auch seine größten Bauwerke wie aus einem einzigen Felsblock gemeißelt erscheinen läßt und selbst die Pyramiden mit polierten Granitplatten bedeckt, sieht der Asiate in der Vielgeschossigkeit seiner Bau- werke einen besonderen Reiz. Aus verhältnismäßig kleinen Elementen baut Kapellenaufgang in Schwaz (Tirol)