601 EIN ROMANISCHES VORTRAGEKREUZ AUS DER FRITZLARER KLOSTERWERKSTATT VON HERMANN VON TRENKWALD-FRANK- FURT AM MAIN S0- AS Kunstgewerbemuseum zu Frankfurt am Main hat aus dem Kunsthandel ein vergoldetes Kupferkreuz (28 Zentimeter hoch, 22'5 Zentimeter breit) er- worben, das aus der Sammlung Boy stammt. Im Versteigerungskatalog (Paris, 1905) ist es als ein französisches Werk aus dem XII. Jahrhundert bezeichnet. Der Katalog der Kollektion Chappey, in welche das Kreuz gelangt war, nennt kein I-Ierstellungsland. Es ist aber deutsche Arbeit, die nicht allein zeitlich und nach ihrem Schul- zusammenhang bestimmbar ist, sondern sich auch lokalisieren läßt. Der Kruzilixus (13 Zentimeter hoch) zeigt den Typus des XII. Jahrhunderts, wofür charakteristisch: Gestaltung und Ausdruck des Kopfes, die starke Betonung der Rippen, Haltung der Arme, die auf dem Suppedaneum nebeneinander stehenden, ungenagelten Füße, ferner die Behandlung des faltigen Lendentuchs. Domkapitular Schniitgen hat unlängst in der Zeitschrift für christliche Kunst (XXI, 4) an einigen Beispielen die westfälische (sächsische) Eigenart romanischer Kruzifixe behandelt und als Mittelpunkt für die besondere Auffassung und Ausführung das Kloster Hel- mershausen mit der Werkstatt des Benediktinermönches Rog- kerus angenommen. Die gedrungene, aber sehr eindrucksvolle Gestaltung des Christuskörpers, die für jene Sonderart bezeich- nend ist, zeigt auch das Frankfurter Kreuz. Schnütgen macht auf die Verwandtschaft dieses Kruziiixus mit denen der Rog- kerus-Werkstatt aufmerksam. Weit mehr noch als der Kruziiixus deutet das Kreuz, auf welchem er befestigt ist, auf einen Zusammenhang mit der Werkstatt von I-Ielmershausen. Aus einer Kupferplatte ge- schnitten und auf der Vorderseite mit profilierten Randleisten versehen, zeigt es an der Vierung und den Balkenenden qua- dratische Erweiterungen. Diese eigenartige Kreuzform ist uns durch andre Beispiele aus dem XI. und XII. Jahrhundert ge- läufig. Auch ein Werk des Rogkerus hat diese Form: das Gold- kreuz aus I-Ierford im Berliner Kunstgewerbemuseumi". Die Längsstreifen in _ . Niello vom Ober- Rückseite des Berliner Kreuzes tragt Nielloschmuck: in der m1 des Tragal- tars im Dom zu Vierung das Lamm Gottes, an den Endplatten die Evangelisten- Paderborn (nach symbole. Mit Vorliebe hat ja Rogkerus die Niellierkunst geübt. „Deutsche Schmelzarbeiten "' Abbildung in „Illustrierte Geschichte des Kunstgewerbes". Berlin, Oldenbourg. des Mittel- 1_, Seite 24g, altersWTafel u) 79