Seite der Plastik ist das Porträt. Die Büsten von Dietrich, Heller, Dr. von Felix, Fiedler (besonders natürlich), Melanie von Horsetzky (Fräulein Elli Marchet, wirksam in Licht und Schatten gesetzt), dann Leiseks Porträtstatuette (zwei Knaben, Bronze), Schäfers fein pointiertes Profil des Herrenhausmitgliedes A. von Peez, Gorniks Tiere (besser als seine Akte). Verschiedenes von Stundl, Weghaupts Majolikastatuette (sitzend) des Kaisers sind gewiß erwähnenswert. Aus Berlin haben Limburg und Adele Paasch Aktsachen geschickt, die viel bemerkt werden. Als Massengast tritt der Verein bildender Künstler von Steiermark auf, der ein ganz präsentables Niveau mitbringt. Interessant: Alois Prinz („Noli me tangere"), Landschaften von O'Lynch von Town, Zoff, Damianos, Marussig, Pauluzzi. Die Radierungen von Kasimir, Coßmann. die Temperas von Marianne Stokes und andres mehr. In einem großen Saale hat man die Werke des verstorbenen Ober- baurats Friedrich Schachner zusammengestellt. (Porträt von Angeli.) Die vielen Zeich- nungen und Entwürfe spiegeln ein tätiges Künstlerleben ab. In der Mitte steht das einst viel umkämpfte Gipsmodell seines städtischen Museums neben der Karlskirche. Tempi passati. Verklungene Kämpfe bis aufs Messer. Mächtige Schläge ins Wasser von beiden Seiten. ÜSSISCHE MALER. Die Sezession hat ihren neuen Jahrgang mit einer 200 Nummern starken Ausstellung neurussischer Bilder und Zeichnungen begonnen. Es sind an die 30 Künstler verschiedenster Richtungen beteiligt, was bei ihrem leidenschaR- lichen Parteigängertum in Rußland gar nicht möglich wäre. Zwei stark angeschlagene Noten bestimmen den Akkord, die Melodie dieser gemalten Lyrik. Das klammernde Wur- zeln an der heiligen russischen Scholle und die neueste westeuropäische Stimmungsschule. Der altmoskowitische Erdgeruch, ja Juchtengeruch wird zur Quelle künstlerischer Sen- sationen. Wie die Finnländer (Axel Gallen), geht der starke Vorzeiterwecker Nikolaus Roerich von seinen längst berühmten, archäologisch ausgestatteten Flottenschlachten und Lehmburgerstürmungen aus der Waräger- und Wikingerzeit bis in die nationale Sage zurück, die nur noch im Sange lebt. Das sind Stoffe für Fresko und Mosaik und es ersteht eine besondere malerische Weltanschauung. Außerdem sprudelt als überreicher Quell das XVIILjahrhundert. Nach dem gefeierten „hölzemen Rußland", dessen gediegener Block- hausstil gerade auch auf unserer Baukunstausstellung im Frühjahr so viel Erfolg gehabt hat, erscheint der üppige oder fiattrige Geist des russischen Versailles, Bagatelle und Trianon. Der Reiz eines moskowitischen Rokoko, dessen bekanntester Künder Konstantin Somow dieser Ausstellung fern ist, dann eines russischen Empire, eines russischen Biedenneier. Die süße Verzweiflung der Puschkin-Zeit und, nach langer Pause, das bittere Sousentendu der Tolstoi-Zeit, eine Gärung nach der anderen. Da baut denn Maljutin seine hölzernen I-Iäuser tatsächlich aus Lang- und Kurzhölzem als handgreifliches Reliefbild zusammen. Dobuschinsky pflanzt einen herausfordernden Barbaren Peter auf, mit einem gepanzerten Daumen, den er der Kulturwelt aufs Auge setzen wird. Bras, Srjedin und andere malen die verödeten Prunksäle aus den Adelspalästen von damals, in grauer Öde erstarrt, wie den der schönen Herzogin von Kurland, der Wiener Kongreß-Beaute, oder von der leben- digen Sonne durchleuchtet, wie die Brasschen lnterieurs aus dem Palais des Grafen Araktschejew, Zeit des cäsarischen Zaren Alexander. Die Reihe endet bei Tolstoi, der in Leonid Pasternak seinen Spezialisten gefunden hat. „Tolstoi im Kreise seiner Familie", abends, bei großem Larnpenschirmeffekt, ist ein ausnehmend duftiges Stimmungsbild. Und mehrere Seelen wohnen in der geräumigen Brust Boris Kustodijews, der schon voriges Jahr in Venedig so stark hervorgetreten. Er malt den Grafen Ignatiew farben- sprühend wie ein leibhahiger Besnard, dann aber auch eine lebensgroße russische Familie auf ihrer hölzernen Veranda mit einer gediegenen l-landwerkerei, die an unbeholfene, aber ehrliche, vor jeder Sitzung das Kreuz machende Provinzmaler der dreißiger Jahre erinnern mag. Und nach dieser Biederkeit wieder einen hageren, schwarzgekleideten Poeten von spießiger Silhouette, dem man gar nichts Biedermännisches zutraut. Und dann wieder,