WALDMÜLLERS STIERLE-HOLZMEISTER- BILDNISSE 5t- VON ARTHUR ROESSLER-WIEN ..'- y M Vorwort zur zweiten, 1847 erschienenen Auf- lage seiner kunstreformatorischen Schrift „Das Bedürfnis eines zweckmäßigeren Unterrichts in der Malerei und plastischen Kunst", das en ' nuce seine Autobiographie enthält, schrieb , F. G.Waldmüller: „Ich glaubte, das Heil zu finden, wenn ich in der kaiserlichen Galerie zu kopieren begänne. Wie es bisher noch bei allen Kunst- zweigen gegangen war, in denen ich mich versucht hatte, so gelang es mir, auch mit diesen Kopien Beifall zu finden. Ein Privatmann mit nicht ungeübtem Blick glaubte, in diesen Bestrebungen einen Geist zu erkennen, welcher der Aufmunterung nicht unwürdig sei, und gab mir Aufträge zu ferneren Arbeiten dieser Art. Ich kopierte mehrere der besten Werke sowohl der kaiserlichen Galerie als andrer Gemäldesammlungen sowie einige aus der Dresdener Galerie. Auf diese Weise beschäftigte ich mich abermals fünf Jahre, dann hörten die Aufträge auf und ich stand wieder auf dem alten Punkte. Allerdings durfte ich mir selbst gestehen, ich sei ein ziemlich gewandter Techniker geworden, aber der Geist, der schöpferische Geist, der eigentlich das Kunstwerk zu einem solchen stempelt, hatte mir noch nicht gelächelt. Ich fühlte seine Mahnung, aber es fehlte die Kraft des freien Flügelschlages, mich empor- zuschwingen. Was ich bis jetzt geübt H ich konnte es mir nicht verhehlen -, es war nur ein Versuch des Ikarus gewesen. Die wächsernen Flügel zer- schmolzen vor dem Strahle der Sonne. Ich hatte mich nun wieder dem Porträt zugewendet, allein befangen in der damals herrschenden Manier, umschlungen von den Fesseln alther- kömmlicher, auf meinem Bildungsweg eingesogener Vorurteile, schwangen sich meine Leistungen durchaus nicht über das Gewöhnliche empor. Ich fühlte den Druck dieser Fessel, aber ich fand die Kraft nicht, sie abzuwerfen. Ich hatte mich nie getraut, bei meinem Kopieren älterer Meisterwerke die Hintergründe selbst zu malen. Da ich dieses Fach nicht auf akademischem Wege studiert hatte, so hielt ich es für einen Frevel, Hand daran zu legen. Ich ließ also diese Hintergründe durch einen meiner Freunde, einen Land- schaftsmaler, ausführen. Dieser gestaltete sie natürlich in seiner Manier und so kam es, daß sie weder mit den Figuren noch überhaupt mit dem Geiste des Originals in künstlerischem Einklang standen - ein Mißstand, der natürlich höchst störend vortreten mußte. Ich erkannte dies selbst und, durch diese Erkenntnis angeregt, ging ich daran, Studien nach der Natur zu machen, welche, da ich in diesem Fache durch Kopieren noch nicht irregeleitet und verdorben war, sehr gut gelangen. Jetzt war der Moment erschienen, in welchem der erste Strahl jenes Lichtes vor mir aufdämmerte, in dessen Glanz