In den Bildnissen junger Komtessen liegt eine adlige Anmut, eine unbeschreibliche Mischung von Distinktion und jugendblüte. Manch Antlitz von Frauen am Klavier oder in der Reverie einer Kaminecke am Fauteuil oder in der neigungsvollen Haltung zu einem heiter-ernsthaften Kinderkopf, ist so seelisch erfüllt, von einer so transparent gemachten Innerlichkeit, daß Maeterlincks Wort von der beaute interieure hier wahr wird. Und dann die Freiluftbilder auf blumenbestickter Wiese, im Gras am Busch, unter iiimmerndem Astgezweig, am Blütenbaum, auf der weißen Bootsbrücke unserer märkischen Seen, da schwingt die farbige Erscheinung in der Atmosphäre. Das ist nicht auf die dankbare dekorative Wirkung allein gemacht, das ist vielmehr immer voll sinnvoller Einstimmung. Menschliches und landschaftliches Klima ergänzt sich um eine Wesenscharakteristik voll auszusprechen. Bei einer blonden Frau, die im Korbstuhl am Wasser vor einer duftigen Ferne sitzt, kommt durch diese Komposition etwas von dem eigentümlich schwedischen Element dieser Frau heraus. So ist es auch mit den Innenräumen und Requisiten. Sie werden nicht als billige Stilleben-Inszenierungen um den Menschen aufgebaut. Der Mensch bleibt stets die Haupt- sache, die Begleitmotive werden in strengster sparsamster Auslese, mit der Delikatesse japanischer Raumregie, verwendet: eine leistengeteilte Wand mit einer Blumenschale davor, ein Paravent, eine sprossengeteilte Tür. Meist aber neutrale Hintergründe, die nicht in geschwätziger Rebusbilderschrift Auskunft über den Menschen geben, sondern durch seinen farbigen Abglanz ihre Belebung empfangen. Das ist eine sehr reine, in sich beruhende und frei von aller schillernden Zwitter- haftigkeit bewahrte Kunst. Sie hält sich fern von dem, was freilich in den Anfangen der jungen photographischen Bewegung lockend schien, durch Virtuositäten die Illusion der Radierungen und Stiche zu erreichen oder vage malerische Stimmungssuggestion im Nebel- schleier der Boys of Glasgow zu erstreben, gerade dies galt ehedem viel. Perscheid aber entwickelt alle Möglichkeiten aus der Bedingung seiner Technik. Das Hauptmittel seiner Handschrift ist das Licht. Das hat er mit den stärksten Künsten zu höchster Leistung sich dienstbar gemacht. Durch jene zu gesteigerter Empfänglichkeit präparierten Platten und durch ein sinnreich konstruiertes bewegliches Objektiv, mit dem die Lichtwirkung vollkommen ausgenutzt werden kann. So, und natürlich durch die voll- endetsten Linsen, wird eine nuancenreiche Wiedergabe aller Tonwerte erzielt. Und vor allem werden dadurch die Augen in ihrem optischen Spiel so getreu und ausdrucksklar reHektiert. Und noch ein ingeniöses Hilfsmittel stellt sich ein: die Perscheidsche Rücken- stütze. Sie gibt - - welch eine Wandlung von der Kopfklammer der alten Folter-Camem- listen zu diesem Komfortstativ - der stehenden Figur zwanglos leichten Halt und Sicherung. Und dies mechanische Instrument hat eine durchaus psychologische Folge. Der Körper wird von seiner Erdenschwere, von der angespannten Konzentration, seine Glieder zu sammeln, die Knochen zusammenzureißen und stramm zu stehen, befreit. Er bekommt das Spielende, Gelöste, Unwillkürliche der Bewegung. Davon profitiert das Gesicht. Es wird erlöst von dem gespannt-zwanghaften Ausdruck, von der Befangenheit der exponierten Haltung; es wird frei für den Wesensausdruck, für seine eigentliche Physiognomie. Den fruchtbarsten Moment, den höchsten Augenblick, da man sich am „ähnlichsten" ist, zu erfassen und festzuhalten, dafür muß freilich zu all dem Technischen die hohe menschliche Erkenntnisfähigkeit hinzukommen. Diesen eigensten Besitz hat Perscheid und dadurch haben seine photographischen Bildnisse den schöpferischen Hauch. Felix Poppenberg DER FARBENJAMMER DER MALER ist bis jetzt noch keineswegs be- seitigt. Das endlose Bedauern des angeblichen Verlustes vorzüglicher Materialien, wie sie den alten Malern zur Verfügung standen, ist allgemein bekannt; auch die ebenso