270 Indem wir dieses Programm hiermit verößentlichen, dürfen wir wohl mit Genugthuung darauf hinweisen, dass eine Reihe von Bestimmungen, welche in demselben aufgenommen sind, den Statuten und Einrich- tungen des österr. Museums entlehnt sind und diejenigen, welche auch iu den Reglements des South-Kensington-Museums schon vorkommen, sich auf dem Continente hier in Wien zuerst bewährt haben. Insbe- sondere das System des Museums für ornamentsle Kunst ist fast gänz- lich dem des österr. Museums nachgebildet. Mit dem Museum soll aber in Berlin wie wir sehen unter Einem eine Muster- und Kunstgewerbesehule ins Leben treten; dass diese Verbindung bei uns noch immer fehlt, ist ein Mangel, der wahrlich von Seite des österr. Museums tief empfunden wird und iTJr dessen Ab- hilfe die Direction ihr Möglichstes zu thun fortfährt. In Berlin ist man offenbar im Begriffe, indem man der Hebung der Kunstgewerbe die ver- diente Aufmerksamkeit zuwendet, die beiden Bedingungen iiir die Reform moderner Kunstindustrie, das Museum und die Schule, gleichzeitig und in innigster Verbindung unter sich in's Leben zu rufen. Ueber Bsugesteine. Zwsl Vortrige, gehllun im k. k. ölierr. Museum für Kunst und Industrie um 29. Nov. und 6. Dcebr. 1866 von Prof. Ed. Duell. I. Oesteneich, der weite Kniserstnnt, welcher die grossen aus krystnllinischen Fels- arten aufgebauten Massen von Böhmen und Siebenbürgen, welcher einen so grossen Theil der Alpen und die gssarnmten Karpethen umfasst, in welchem der Contrast zwischen Hochgebirge und östlichen Steppenlnnde so scharf zu unmittelbar sichtlichen: Ausdrucke gelangt, ein Reich, in welchem die Vielgestaltigkeit der Eusseren Form nur übertroßen wird von der Verschiedannrtigkeit der Gesteine, aus welchen sich alle diese Berge, Hügel und lähenen aufbauen - Oesterreich besitzt in diesem Augenblicke kaum drei oder vier Punkte, nu welchen Steine zum Zwecke der bildenden Kunst und namentlich zum Zwecke der' Architektur in grösserem Massstabe und auf rationelle Weise gewonnen werden. Einer der wichtigsten dieser Punkte, der Untersberg bei Salzburg, ist dns Privateigenthum des Kö- nigs Ludwig von Bayern. Dieser in anderen Ländern so wichtige Indnstrlezwsig liegt bei uns ganz darnieder. Als es sich vor nicht langer Zeit darum handelte, auf dem äusseren Burgplntze_ in Wien, so recht im innersten Herzen der Monarchie, zwei grossen Heerfiibrem Standbilder zu errichten, bezog man zu den Sockeln von der iiussersten Grenze der Monarchie ein wenig taugliches verbleichendes Gestein, gleichsam als sollte recht deutlich zu verstehen gegeben werden, Kuss die hier gefeierten Triumphe der Kriegskunst bis heute von gleichen Triumphen in den Künsten des Friedens nicht begleitet gewesen seien, und dass das starke Reich, welches seine Gegner van damals niederwarf, doch bis heute sich seine eigenen Berge zu erobern nicht im Stande war. Jedermnnn. der die wiederholten und ernsten Anläufe kennt, welche in der neuesten in't von patriotischen Männern zur Hebung de: bildenden Kunst bei uns gemacht worden sind, muss wünschen, dass dieser Zustsud ein Ende linde. Und wenn man auch einge- stehen muss, dass der gegenwärtige Moment einer allgemeinen Abspannung und eines all- gemeinen Darniederliegens des ödentlichen Wohlstandes wenig geeignet ist, um einen be- deutendvrcn Aufschwung auf dem Gebiete der Architektur erwarten zu lassen, so liegt doch gerade jetzt etwas Wohlthuendes in der Erkenutniss der susserordentlichen natür- lichen Reichthiimer, welche Oesterreich auch in dieser Beziehung umschliesst, und des weiten Feldes, welches hier der veredelnden Thätigkeit gliicklicherer Jahre vorbehalten ist.