12 XI. Loculitäten des Museums. Je mehr die Institution des Museums in weiteren Kreisen bekannt wird, je mehr seine Sammlungen und Einrichtungen Beifall finden, desto mehr tritt die Raumfrage in den Vordergrund, bezüglich welcher jedoch leider das Museum mit den grössten Schwierig- keiten zu kämpfen hat. Die Räumlichkeiten des fiir den provisorischen Gebrauch des österr. Museums adap- tirten k. k. Hofballhauses sind für die Zwecke des Museums seit dem dritthalbjäbrigen Bestands desselben schon nach allen Richtungen hin zu enge geworden. Am fiihlbarsten treten die Missstände, welche die Beschränktheit der Localitäten hervorruft, in Bezug auf die Vorlesungen und auf die Gypsgiesserei des Museums hervor. Zu den Vorlesungen des Museums findet seit dem Beginne derselben im Jahre 1864 alljährlich ein solcher Andrang statt, dass das Museum - so sehr die Einführung irgend welcher Formalitäten den Absichten seiner Gründung entgegen ist, - doch nicht umhin kann, den Zutritt zu denselben an die vorhergehende Erhebung von Eintrittskarten, welche für jeden Cyclus abgesondert ausgegeben werden, zu binden und jederzeit genötbigt ist, nach erfolgter Anmeldung von 250 -3()0 Personen, welche Zahl dem Fassungsraume des Vorlesesaales entspricht, eine grosse Anzahl späterer Bewerber ahzuweisen, obwohl sich darunter häuiig Künstler und Gewerbetreibende befinden, denen der Besuch der betreffen- den Vorlesungen vielleicht von grossem Nutzen zu sein vermöchte. Selbst für rein technische Vorlesungen, wie die Vorlesungen des Prof. Ed. Suess „über Baugesteine", musste bereits einige Zeit vor Beginn derselben, nachdem sich bereits 300 Personen zu denselben gemeldet hatten, die Kartenausgabe wogen Mangel an Raum sistirt werden. Je mehr diese Theilnahme des Publicums im Allgemeinen und der Fachkreise ins- besondere an den Vorlesungen im Museum als ein günstiges Symptom für den Belehrunge- drang des gebildeten Publicums und der arbeitenden Classen zu betrachten wäre, um so bedauerlicher ist es, dass die beschränkten Räumlichkeiten des Museums dem Besuche und eben damit dem Nutzen dieser Vorträge eine so enge Grenze setzen. Dieselben Localiüitsverhältuisse, welche den Besuch der allgemeinen Vorlesungen so empfindlich beschränken, schliessen die Abhaltung specicller Vorlesungen für die ver- schiedenen Zweige der österr. Kunstgewerbe, z. B. für Seidenarbeiter, Drechsler, Leder- gslanteriearbeiten, Buchbinder u. s, f., so nothwendig dieselben auch wären und so reichlich das Material ist, das die Sammlungen des Museums für derartige Vorträge darböten, viillig aus. Denn der Vorlesesaal des Museums ist, wie den Besuchern desselben wohlbekannt, keineswegs eine diesem Zwecke ausschliesslich gewidmete Lecalitlit, sondern ein Raum, der Tag über mit Ausstellungsschriinken völlig angefüllt ist, und von Fall zu Fall erst unmittelbar vor den Vorlesungen, die mithin höchstens l-2mal die Woche stattfinden können, mit ziemlichem Aufwand von Zeit und Mühe für den Zweck der letzteren aus- geräumt werden mussl So wie mit Rücksicht auf die Vorlesungen, so sind die Räumlichkeiten des Museums, um nur von den hervorlzretendsten Uebelständen ausführlicher zu sprechen, auch für die Zwecke der Gypsg-iesserei im höchsten Grade ungenügend. Die Gypsgiesserei des Museums ist ein Raum von wenigen Quadratklaftern, in wel- chem der Gypsfnrmator der Anstalt bei dem starken Begehren nach plastischen Repro- ductionen fast ununterbrochen und hiiuiig mit zwei bis drei Gehilfen beschäftigt ist. Selbst für die Anfertigung kleinerer Objecte reichen die Räume der Gypsgiessetei des Museums, wenn sich die Bestellungen in der Weise drängen und häufen, wie dies seit einigen Monaten der Fall ist, nicht mehr länger aus. Die Vorlesungen und die Gypsgiesserei sind übrigens nur die hauptsächlichsten, keineswegs die einzigen Puncte, in Betreff welcher die ungenügenden Localitäten der Wirk- samkeit des Museums hindernd im Wege stehen. Selbst die Aufstellung älterer Kunstgegenstände, - (sowohl der im Eigenthume des Museums stehenden, als der zur leihweisen Ausstellung angebotenen Objecte) - die An- nahme moderner Kunstindustrie-Erzeugnisse, für welche reglementgemäss eine eigene Ab- " theilung bestehen sollte; die freie Bewegung und ungestörte Besichtigung der Expositionen von Seite des besuehenden Publicums, zumal an Sonn- und Feiertagen; das Studium und Copiren im Zeichensaale der Anstalt; die Benützung der Bibliothek und der übrigen Samm- lungen, sowie nicht minder die Vermehrung derselben durch Ankäufe - alle diese wich- tigen Seiten der Thätigkeit des Museums sind durch die beengten Loealitätsverhältnisse vielfach beschränkt und beeinträchtigt. Die Beseitigung dieser Uebelstände, die Herbei- schatfung geeigneterer Räume für diese Anstalt erscheint daher als eine Lebensfrage für das Institut, auf deren günstige Lösung die Direction des Museums das allergrösste Ge- wicht logen muss.