Unterricht können sich hier natürlich nicht zeigen; doch darf man wohl erwähnen, daß die Schülerinnen auch nach dieser Seite hin ausgebildet werden. Der Nutzen der Buchführung für eine spätere Stickerin, wenn sie auch nicht gerade eine eigene Werkstätte errichtet, leuchtet wohl ein; aber selbst die Kunstgeschichte hat neben der allgemein bildenden Wirkung noch praktische Zwecke, so den, die Schülerinnen bei einer der wichtigsten Aufgaben, die sich später für die höher ausgebildete Stickerin im Leben ergeben, der Erhaltung und Aus- besserung alter Kunstwerke, in mancher Beziehung zu unterstützen. Man verzeihe hier die Abschweifung, aber man sollte wirklich mit der Ausbesserung alter Stickereien nur gründlich vorbereitete Kräfte betrauen; es ist uns unangenehm zu sagen, aber es muß einmal gesagt sein, daß gerade in einigen Nonnenstiften und an anderen Stellen, die von Kirchen und vor- nehmen Besitzern zur Ausbesserung alter Stickereien bevorzugt werden, mit diesen in ganz unverantwortlicher Weise umgegangen wird. Zur Ausbesserung alter Arbeiten, die ja oft unumgänglich ist, wenn das Werk nicht ganz zugrunde gehen soll, gehört mehr als guter Wille, es gehört Maßhalten, Technik und wirkliches Ein- leben in den Stil dazu. Also auch nach dieser Seite hin bemüht sich die Anstalt in einer, auch für das praktische Leben, wichtigen Sache. Es mag ja im ersten Augenblicke vielleicht scheinen, daß die Schule zu viel lehrt; aber die Schule muß eben für die verschiedenen Möglichkeiten des Lebens vorbereiten und muß immer mehr bieten als im Augenblicke für die Praxis gerade unbedingt nötig erscheint. Die Augenblicke wechseln ja. Auch der Mittel- und der Hochschüler wird vieles lernen, was er vielleicht nie in der Praxis gebraucht; aber erstens hat er seinen Geist daran gebildet, und dann darf er im gegebenen Falle eben nicht versagen. Vor allem muß natürlich der Lehrende aus einer gewissen Fülle bieten können, wie es etwa in Wilhelm Meisters Wanderjahren heißt: „Es ist nichts schrecklicher als ein Lehrer, der nicht mehr weiß als die Schüler ebenfalls wissen sollen. Wer andre lehren will, kann oft das Beste verschweigen, was er weiß; aber er darf nicht halbwissend sein." Und eine solche Anstalt wie die Fachschule für Kunststickerei hat unter den ver- schiedenen Aufgaben, von denen einige schon berührt wurden, natürlich auch die, selbst wieder Lehrkräfte zu bilden, die ja doch irgendwo ausgebildet werden müssen. Tiefer blickende Engländer haben unter den Hauptgründen des gewaltigen Aufschwunges der deutschen Industrie die große theoretische Vorbildung der Deutschen erkannt und den Mangel der Engländer daran als Ursache ihres relativen Rückganges. Man soll deshalb die Theorie nicht überschätzen, aber man unterschätze sie auch nicht. Das Beste liegt in einer Vereinigung von Theorie und Praxis, wie sie auf einem Gebiete gerade an dieser Schule infolge einer klugen Organisation und unter der glück- lichen Führung der praktisch geschulten Stickerin durchgeführt ist. Möge dieser Anstalt eine gleich segensreiche, ruhige Weiterentwicklung vergönnt sein. M. Dreger Ausstellung der k. k. Fachschule für KunststickereLWien.Kinderhäubchen, Entwurf des Fräuleins Hofmanninger ÜDVVIG LOBMEYR. Der Direktor des k. k. Österreichischen Museums hat an das I-Ierrenhausmitglied Ludwig Lobmeyr aus Anlaß der Vollendung seines 80. Lebens- jahres folgendes Glückwunschschreiben gerichtet: „Hochverehrter Herr Lobmeyr! Der Tag, an welchem Sie in voller körperlicher und geistiger Frische Ihr 8o.Lebensjahr vollenden, ist ein Freudentag für alle, die Ihnen in Arbeit und Gesinnung, in Hochschätzung