1., BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE MITTELALTER- LICHER GEFASSKERAMIK. I. 5th VON ALFRED WALCHER VON MOLTHEIN-WIEN .80- S hat den Anschein, als hätte im Mittelalter das Handwerk der Töpfer nichts Beachtenswertes hervorgebracht. Was wir in den Museen sehen können, ist prähistorische, klassische oder der , Neuzeit angehörende Keramik. Bisher ganz ver- 3; nachlässigt wurde das Mittelalter und erst in ibjic jüngster Zeit versuchen sich Provinzmuseen mit ' i 1 i; diesem Thema zu beschäftigen. Daß dies so spät, in letzter Stunde geschieht, hat übrigens seine Gründe. Nach der ägyptischen Expedition Napoleons war das Interesse der gebildeten Welt ganz auf dieses Land gerichtet und welche Wirkung die neue, von Frankreich ausgehende Strömung hatte, ersehen wir daraus, daß sich das gesamte Kunstgewerbe des Kontinents in sklavischer Unterwürfigkeit dieser Richtung, der selbst in Frankreich jede Berechtigung, als Volksstil zu gelten, fehlte, unterordnete. Als in den jahren 186g bis 1876 die schon 1738 begonnenen und den Klassizismus vorbereitenden Aus- grabungen in Herculaneum und Pompeji in größerem Maßstabe durch- geführt wurden, erreichte das Interesse für klassische Keramik einen höheren, nicht unverdienten Grad, der durch Schliemanns gleichzeitige Aus- grabungen und Entdeckungen in Hissarlyk, Mykenä und Ithaka, weiters bei uns noch durch die zahlreichen Funde antiker Tongefäße in Carnuntum und gelegentlich der Erdaushebungen in Wien gesteigert wurde. Neben dieser Vorliebe für klassische Keramik entstand jene für prähistorische Gefäße. Auf Kosten der prähistorischen Gefäßkunde scheint nun das Festhalten und das Studium mittelalterlicher Keramik vernachlässigt worden zu sein. Die reiche Ausbeute der Hallstätter Gräberfelder, die Urnenfunde aus der älteren Eisenzeit und der La-Tene-Periode in Niederösterreich, Steiermark, Krain und in Ungarn haben eine Beachtung mittelalterlicher Gefäße bei- seite gestellt, beziehungsweise derartige Funde als willkommene Ergänzung dem prähistorischen Bestand der Sammlungen angereiht. Die mittelalterliche Keramik aber war sowohl hinsichtlich Produktion als auch hinsichtlich ihres Formenschatzes eine sehr bedeutende; der damalige Bedarf an Tongefäßen im Verhältnis zu unseren Tagen ein größerer, da das Glas nur ausnahmsweise und erst spät in Verwendung kam. Unter allen Stoffen, deren sich der Mensch zur Herstellung von Gegenständen für den täglichen Gebrauch seit jeher bedient hat, ist keiner in so großen Mengen über die Erdoberfläche verbreitet und mit geringerer Mühe zu gewinnen als der Ton. Er steht fast überall zutage oder nur mit Erdschichten von geringer Höhe bedeckt. Zum Gefäß verarbeitet und in der Ofenhitze gebrannt, besitzt er zwei sich eigentlich gegenüberstehende Eigenschaften. Ungemein empfindlich In