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Umgegend, namens Bain. Auch ihn hatte der Erzengel zu der Arbeit auf-
gefordert. Bain kam mit elf Söhnen, ein Beweis, daß die Geburtenziffer in
Frankreich den heutigen niedrigen Stand noch nicht erreicht hatte. Alle
Anstrengungen halfen nichts. Die Felsen wollten nicht von der Stelle. „Sind
das all Deine Kinder?" frug der Bischof, worauf ihm die Antwort wurde, das
zwölfte sei noch ein Säugling und liege zu Haus in der Wiege. „Hol es, sprach
Albertus, Kinder bringen oft fertig, was Erwachsenen nicht gelingt!" Man
brachte den Bambino. Mit seinem Füßchen berührte er die Klötze und
polternd fuhren sie in die Tiefe. Auf dem einen - er liegt unten am Strande -
erhebt sich die oft von den hochgehenden Wogen des „Mascaret" (Flut)
Abb. 12. Typen von Muschelsucherinnen
in einen Wasserstaubnebel gehüllte kleine Sankt-Albertus-Kirche, Plan E
(Abb. 7). Der Überlegung und Frage, an welcher Stelle des Berggipfels das
Heiligtum zu erbauen sei, kam abermals ein Fingerzeig von oben zu Hilfe,
denn als in einer Nacht starker Tau fiel, blieb eine Stelle völlig trocken. Es
war der von höheren Mächten auserlesene Platz. Bald stand das Kirchleinf"
Der Berg aber hieß fortan: ,,Mont-Saint-Michel-au-peril-de-la-Mer", letzteres
wohl in Anbetracht der Umstände, die das plötzlich rasch daherstürmende
Meer ebenso mit sich bringt wie gefährliche Örtlichkeiten im Sande des
Strandes. Dem des Weges Unkundigen droht an mehr als einer Stelle
Versinken, Ersticken.
Noch fehlte dem neuen Gotteshause das Wichtigste zur Vollendung:
Reliquien. Albertus sandte einige Konventualen nach Monte Gargano, einer
i" Die historischen Daten sind einer Abhandlung des „Architecte des Monuments Historiques", Paul Gout,
entnommen, der seit einer Reihe von Jahren die Rekonstruktion der Gebäude mit außerordentlich feinem Ver-
sländnis leitet. Binnen kurzem wird ein umfangreiches Werk des nämlichen Autors, das Thema in ausführlicher
Weise behandelnd, erscheinen.