590 CHAUFENSTER-WETTBEWERB. In diesen Herbsttagen fand in Berlin wieder der Schaufenster-Wettbewerb statt, und die Straßenwände boten drängenden Menschenmassen eine Fülle farbiger Bühnen. Der Gesamteindruck war ein sehr guter. Die Dekorierung mit sachlichen Mitteln, die aus der Sphäre der Ware sich ergibt, hat zuge- nommen. Freilich fehlt es nicht an reichlichen Gegenbeispielen. Eine allzugroße Rolle spielt noch der grelle amerikanische Geschmack, der aus dem Schaukasten ein Panoptikum, ein Warenkabarett machen will. Meist mit vielen Kosten als eine Extraleistung. Da machen Schuhgeschäfte ein Puppentheater hinter ihren Scheiben, einen Probiersalon; oder sie bauen eine Szene auf, einen Hotelkorridor, auf dem ein Boy vor der Zimmertür die Stiefel aufnimmt. Ferner die Papplandschaft mit dem großen Teich, in dem ein Schiff Reming- tonkisten von Amerika bringt, und der Geld- Schrank von den Illusionsilammen Hackern- der roter Bänder umzüngelt wird. Das gibt natürlich einen Effekt, vor allem noch in dem Falle, wo die Wachsfigur den Herrn bei der Toilette darstellt, aber es gibt Wirkungen mit vornehmeren und zugleich sachlicheren Mitteln. Sehr lehrreich dafür war die Dekoration 'eines Seifenfensters von Tietz. Dem ameri- kanischen Stil verwandt, scheinbar, aber da- bei ganz im Bereich der betreBenden Ware bleibend. Die Seifenstücke waren als Mauer- werk geschlossen geschichtet, eine ganz legi- time Wirkung gegenüber den alten Seifen- architekturen der Tempel und Schlösser. Im Mauerwerk eingelassen _ wieder ganz orga- nisch H ein Reliefplakat, und davor eine Fontäne, aus der Seifenschaum rinnt. Wie darstellerischer Stil gelungen und vornehm sein kann, dafür gibt es manche Beispiele. Ein Wollgeschäft stellt in die Ecke die - übrigens sehr gute 4 Trachtenligur eines Schäfers, der das Schäflein schert. Das scheint nun vielleicht auch Panoptikum, aber es ist nicht die Hauptsache, wesentlich ist, wie in echten groben Bauernkörben die allmähliche Entwicklung vom Rohmaterial an vorgeführt wird. Und sachliche Dekoration ist die Umrahmung mit Gehängen aus farbigen Wollsträhnen. Mit feinem Takt, unter Verzicht auf Figurinen und Mannequins, bietet Basar Nürn- berg alte Bauerntrachten für Kostümzwecke dar: interieurhaft mit altem Mobiliar, so daß das tiefe Braun der Flechtstühle und der Schnitztruhen den Unterton für buntgestickte Mieder und Goldhauben gibt. Und die Kompositionsverbindung von Stoff und Truhe ist eine sehr legitime. Das vollkommenste Beispiel solcher Inszenierung, die aus dem Fenster eine Bühne macht, ohne dabei in einen falschen theatralischen Stil zu verfallen und sicher in ihren Grenzen bleibt, liefert wieder das Herrenmodehaus von Hermann I-Ioifmann. Auch hier sind Modellgruppen ganz vermieden. Einmal wird Reisestimmung angeschlagen: ein wuchtiger Lederkoffer, Plaid, Mütze und Stock darauf, über einen Korbstuhl geworfen ein geräumiger Ulster. In einem zweiten schwingt die Hausatrnosphäre eines Amateurs und Sammlers. Es soll angedeutet werden, was ein phantasievoller Mensch, der sich auf der Straße mit dem Aus dem Fachkurse für Textilzeichner in Wien. Ent- wurf für einen Seidenstoff von Hermann Fehse