wie den älteren Fischer von Erlach, Allio oder Raphael Donner, abfällt, sondern daß sie eben in die Seele der Zeit und der Menschen Einblick gewährt und dadurch auch zur Erkenntnis anderer Zeit und auch unserer anregt. Gerade auch Erzieher der Kunstjugend könnten davon lernen. Wir glauben, daß jeder, der sich mit österreichischer Kunstgeschichte beschäftigt, diese Arbeit lesen muß und jeder Kunstfreund sie lesen sollte; hierauf wollten wir haupt- sächlich aufmerksam gemacht haben. Jedenfalls müssen wir dem Verfasser, aber auch dem ganzen Stifte, das sich wieder einmal als wahrhaüer alter Kultursitz erwiesen hat, für diese Gabe dankbar sein und dürfen nach zwei so trefflichen Jahresgaben wohl noch weitere dieser Art erwarten. M. Dreger FARBE UND KUNST. Über ihren Zusammenhang zu sprechen, scheint wohl manchem ein müßiges Vornehmen zu sein, gar in einer Zeit, in der ungezählte Schlag- worte, einzelnen Kunstrichtungen entsprechend, sich auf Farbe und Farbenstimmung beziehen, die Jünger der Kunst hierbei gar oh von dem Wesen der Farbe wie von einem sicher gegründeten Besitztum sprechen. Sehen wir "aber näher zu, so bemerken wir, daß die anscheinend so festen Fundamente ganz bedeutend schwanken. Schon allein der Widerstreit der in der Praxis erzielten Er- gebnisse bezeugt die Willkürlichkeit der hier zur Geltung kommenden Anschauungen. Wie auf so vielen Gebieten des künstlerischen Wirkens hat auch hier die Wissen- schaft längst eingegrilfen und Wichtigstes zur Klärung der Grundsätze zur Verfügung gestellt. Wir wissen es zu schätzen, was durch die Methoden der exakten Forschung und Beweisführung zum Nutzen aller Farbenkunst bis zum heutigen Tage geschaffen wurde. Leider ist eine innige Verbindung wissenschahlicher Grundsätze mit künstlerischer An- schauung nicht oft wahrnehmbar, ganz abgesehen von den Fällen, in denen die Lehrsätze der Farbenkunde nur benutzt werden, um Talentlosen bequeme Eselsbrücken aufzubauen. Unseres Erachtens kann dem entgegengearbeitet werden, und zwar dadurch, daß der rein wissenschaftlichen Farbenlehre eine subjektive zur Seite gestellt und angegliedert wird; eine Lehre, die ihrem Verhältnisse nach etwa zu vergleichen wäre mit der subjektiven Perspeküve, wie solche vordem durch einen deutschen Gelehrten geschaffen wurde. Anläufe hierzu finden sich seit geraumer Zeit, aber es fehlte an folgerichtiger Ent- wicklung einer entsprechenden Lehre. Daß sich auf dem angedeuteten Felde nur ein wissenschaftlich gebildeter Praktiker betätigen kann, ist wohl selbstverständlich. Ein solcher fand sich in der Person des Autors eines Handbuches, das nunmehr in zweiter Auflage vor uns liegt." Um das durch ihn Gebotene fruchtbringend zu gestalten, ist es in einen optisch- theoretischen und einen praktisch-ästhetischen Teil gegliedert. Es ist zu betonen nötig, daß es der Autor vermied, verschiedene, manchmal entgegen- gesetzte Anschauungen, einzelnen Entwicklungsphasen der Farbenlehre entsprechende Theorien zu berücksichtigen. Seine Lehre ist auf dem Boden der neueren Physiologie auf- gebaut und er bestrebt sich, hierbei die zur Demonstration dienlichen Experimente mit möglichst einfachen, allgemein zugänglichen Mitteln durchzuführen. Der zweite Teil ist nach den Worten des Verfassers eigentlich dem Zwecke gewidmet, „den angehenden und ausübenden Künstlern nur Anregung zur Untersuchung zu geben, wie die im ersten Teil entwickelten physikalischen Grundsätze der Farbenlehre in der Praxis Verwendung finden". Dies wird den Kunstbeflissenen in erster Linie sicher vor einem einseitigen, ver- hängnisvollen Subjektivismus bewahren, dessen Folgen manchmal nur zu deutlich wahr- zunehmen sind. Aber auch peinigende Zweifel zerfliellen im Lichte positiver Erkenntnis} und rascher vollzieht sich die Entwicklung des auf gesunder Wahrnehmung beruhenden ' Handbuch der Farbenlehre von Ernst Berger. Mit 34 in den Text gedruckten Abbildungen und acht Farbentafeln. Leipzig, j. j. Weber, 190g. M. 4-50.