607 DIE HERALDIK__DER KATHOLISCHEN KIRCHE VON H. G. STROHL-MODLING 50' IE hervorragende Stellung, welche die katholische Hierarchie im Leben der ihr angehörigen Völker einnimmt, läßt es angezeigt erscheinen, die heral- dischen Embleme ihrer einzelnen Glieder einmal etwas näher ins Auge zu fassen, schon deshalb, weil diese einstmals auf kunstgewerblichem Ge- biete eine große Rolle gespielt haben und auch heute noch nicht ganz ohne Bedeutung sind, auch bei keinem der anderen heraldischen Objekte so leicht Irrungen vorzukommen pflegen als gerade bei geistlichen Wappenbildern. Im nachfolgenden will ich den Versuch machen, den Leser durch das heraldische Gebiet der katholischen Kirche zu führen, ein Gebiet, das, von der allgemeinen Heer- straße etwas abseits gelegen, im Laufe der Zeit den Kunstbeflissenen ziemlich fremd geworden ist. Wie die heraldische Kunst im allgemeinen, so ist auch die spezielle der Kirche in der Verfallszeit tief herabgesunken, namentlich ist dies bei den persönlichen Wappen der einzelnen geistlichen Dignitäre bemerkbar, die mitunter einen hohen Grad von Monotonie, ja selbst eine überraschende Geistlosigkeit aufweisen. Besonders die Sucht, das Wappenbild um jeden Preis „redend" zu machen, ließ manche der geistlichen Herren zu den absurdesten Formationen greifen." Diese oft durch ihren nahezu burlesken Charakter der geistlichen Würde wenig entsprechenden heraldischen Schöp- fungen veranlaßten endlich die österreichische Regierung, dieser leidigen Sache etwas näher zu treten und die neu zu schaffenden geistlichen Wappen unter Kontrolle zu stellen. "i" Daß die Regierung dabei auch das Geschäftliche nicht vergaß und durch die Einhebung einer Stempel- und Ausfertigungs- gebührw" sich ein, wenn auch geringes Einkommen schuf, wer wollte i" So führte zum Beispiel der Abt des Prämonstratenser-Ordensstlftes Schlägl in Oberösterreich, Siard Dengler (1763-1798), in seinem Wappenschilde nebst anderen Figuren eine Hausmauer, aus deren Fenster ein linker Arm herausragt, der eine runde Scheibe hält, auf welcher die Inschrift „LER" erscheint. "Denk" ist mit "Links"gleichbedeutend, gibt also mit„Lex'"den Namen des Abtes. Dieses Wappen- bild erregte, wie begreiflich, die Spottlust seiner Mitbürger und so findet sich auch hie und da die Scheibe in seinem Wappen durch einen Beutel mit der ominösen Aufschrift „ler" ersetzt. Zufälligerweise befand sich damals das Stift Schlägel in finanziellen Nöten, so daß das sonderbare Wappenbild auch in dieser Beziehung „redend" gewesen war. "" Mit Dekret der vereinigten Holkanzlei vom 13. Januar 18:5, Z. 89, wurde verordnet, daß jeder neuernannte Erzbischof, Bischof, Abt, Propst und jeder Dom- kapitular von Sankt Stephan um die Verleihung eines Wappens einschreiten dürfe, die Wappenentwiirfe aber dem Wappenzensor zur Überprüfung vorzulegen seien. v" Ein vom k. k. Ministerium des Innern ausgestelltes Wappenplakat kommt auf zirka x85 Kronen zu stehen (Gesuch: 5 K Stempel, Beschreibung des Wappens: Abb. r. Passionswappen 3c h Stempel, Wappenbild: 30 h Stempel, Ausfertigung des Wappenplakates: 1 76 K). nach einer alten Miniatur 8x