Liebermann mit seinem Karton zum Gemälde der Judengasse in Amsterdam, eine Studie voll Staccato-Rhythmus, an der man studieren kann, wie die Impression Butenden Menschengewimmels für die künstlerische Darstellung transponiert wird. Solche Studien, an denen sich belehrsam das Filtrieren des Stofflichen beobachten läßt, sind sehr instruktiv für die Graphologie eines Künstlers. Die Pastelle vomWannseeJQuderboote, Sommergärten, Korbsesselstimmungen haben in Ton und Leichtigkeit etwas von Erdenschwere-Gelöstes, etwas Glückhaft-Heiteres der seltenen Stunde. Corinth bringt ein verbliiiifendes und frappantes Porträt des Frankfurters Dr. Edinger am Mikroskop. Käthe Kollwitz gestaltet mit tiefem Ernst, herbwuchtig, ohne Wehleidigkeit, ihre Mühseligen und Beladenen, eckige, vorn Elend gezeichnete Mütter mit Augen, die im Leiden stumpf und tränenlos geworden. Und voll Gewalt ist ein Totentanzbild, auf dem mit zermalmendem Griff der Knochen- mann ein Weib packt. Schimmer und Hauch liegt über den Pastellen Konrad von Kardorffs, vom Strand und den Dünen. Atmosphärisch wirken sie in Farben, die vom Meeresdunst verschleiert sind. Und schmeichlerisch wie weiche Luft sind die delikaten Aquarelle Slevogts: blühende F rühlingstöne in sprießigem Grün, sanfte, grausilbrige Harmonien, tupfig gesprenkelte Landschaftsstilleben. Strucks Lagunenradierungen (die mit einem Text von Hofmannsthal bei j. Bard erscheinen werden) kann man wahrhaft venezianische Epigramme nennen. Essentiell sind sie; sie geben den Stimmungsduft der „schönen Stadt, die nie versagt". In Ahnung und Gegenwart verschweben die Filigran-Umrisse der Brücken und Palazzo-Fassaden in ihrem juwelierhaften Filigran, und Chioggia-Segel, Kuppeln und Türme werden Zierat, und tiefes Dunkel wehen über das Wasser die Zypressen der Toteninsel. Vonberühmten ausländischen Gästen stellt sich Hodler mit einer Sonderausstellung vonZeichnungen ein, meist Studien zu bekannten Werken, und dadurch besonders anregend. Man kann hier die Ausdruckskunst dieses Monumentalen in der ersten Handschrift ver- folgen, diese gefühlsstarken Bewegungen, diese inbrünstig erfüllten Haltungen, diese natürlichen Feierlichkeiten im Wallen hymnischer Scharen. Wie das Schreiten erster Menschen, aus Gottes Hand zwischen Himmel und Erde gestellt, so wirken die Gestalten seiner Lebensblätter. Und man empfindet sie alle als Variationen über das Thema Ecce homo, doch nicht christianisierend, dem Tode zugewandt, sondern dem heiligen Leben. Der Wiener Klimt zeigt andeutungsvolle Akt- und Bildnisstudien, Nuancen von Gesichtern und Körpern - ein roter Lippenstrich in blasser Fläche - suggestiv mit sparsamsten Mitteln hingesetzt. Eine Enttäuschung ist für mich diesmal Munch. Sein dekorativer Entwurf für eine Universität: „Die Geschichte" _ sie stellt in blaugrünen Tönen einen alten Weisen mit einem Knaben am Meer unter der Weltesche dar - wirkt leer und puppenhaft. Dagegen reizen zwei jüngere Franzosen sehr. Bonnard rnit seinen Pariser Croquis in Lithographie voll vibrierenden Tempos des Straßenlebens und Maurice Denis, der in seinem Zyklus PAmour traumhafte Gebilde, ätherische Frauen unter Parkwipfeln und an Fontänen zu artistischen Ornamenten, zu hauchigen Gewebemusterungen stilisiert aus chiEonzarten Linien und Farben. t x II Beim Streifen durch die Säle entdeckt man noch manche reizvolle, bunte Beute. Pottner, der Schöpfer lebendiger keramischer Tierskulpturen, zeigt mit seinem Papageien- bild und seinen Zeichnungen aus dem Getlügelhof_ dem Reiche Chanteclers - Studien von sprühender Augenblicklichkeit. Und Maria Slavonas schlafende Katzen sind knisternd streichlerisch. Witzige Karikaturen bringt Hans LindloE: d'Alba-t, eine Gebirgslandschaft mit Haar- wald und Bartgebüsch und tiefen Augenhöhlen; Oskar Fried mit langgezogenem steilen