der l-Ialbedelstein-Cabochons. Etwas walkyrisch-wikingerhaft scheint dieses Geschmeide, und es spazieren doch in Kopenhagen auch recht grazile Mägdelein, gar nicht so brunhildig, daß man zu seinem lieben Gemüt bänglich flüstert: „Eh' ich ihr mich anvertraue, Gott befehl ich meine Seele." Der machtvolle Griff im Modellieren und der schwere Hammerschlag der Flächen- behandlung kommt viel mehr den Gefäßen zu statten. Bindesböll fand nach seinen Anfängen im strengen Überlieferungsstil persönlich kühne Sprache, in der er die organische Wesens- kraft des Metalls herausbrachte und die Energien des Materials im Flul] der Linien und in den Aufrauhungen und rippigen Kerbungen der Flächen sinnfällig und eindrucksvoll akzen- tuierte. Den höchsten Reiz im dänischen Kunstgarten übt immer wieder das Porzellan. Unsere Ausstellung zeigt instruktiv die Werke der beiden Manufakturen, der könig- lichen mit den drei Wellenlinien im Wappen und der von Bing und Gröndahl im Zeichen B. ä G. Sie sind einander wert und entzücken durch allererste Qualitäten. Die königliche pflegt neuerdings neben den Japonneriedekoren und der huschigen poesie fugitive ver- streuter Blätter, schnellender Fische, kristallische Effekte.Die zarte Porzellanhaut schimmert etwa in einem seladongrünen Moire, aus dem silbrig sternig Eisblumen aufglitzern. Dann findet man neuerdings Geschmack an kräftigeren Tönen, Ocker und Sepia auf krukenförmigen Gefäßen, saftig und tief, auch Marmoriermuster, verwandt den getunkten Vorsatzpapieren und den Ledertapeten, kommen vor. Sehr pikant wirkt eine Vase mit ver- sprengten spritzigen Goldflecken, die an das Dore des Danziger Güldenwassers vom Lachs und der Marquis-Katzenzungen erinnert. Ruhm ist und bleibt die frappante Tierskulptur, in der beide Manufakturen sich gleich- mäßig auszeichnen. Der dänische Zoo zeigt sich hier vermehrt um eine höchst lebendige plattilossige Robbe, die den Kopf zum Himmel reckt. Bing und Gröndahl bevorzugen die schweren Formen und die vollen Dekore. So breiten sie über die Wendungen einer Vase einen stürmend daherwehenden Vogelflug. Ihre Spezialität sind sonst die Durchbruch- motive. Vasen entwickeln sich nach oben in Form eines Blätterbusches. Die Blätter berühren sich an den Spitzen, die Zwischenräume bleiben frei, und so bildet sich ein graziöses Gitter- und Maschenwerk. Es gewinnt an Zartheit noch dadurch, daß es sich aus dem tieffarbigen, etwa dunkelbraunroten Unterkörper weißgelblila abtönt. Auch das Steinzeug wird in Dänemark kultivieit. Neben die kostbaren Porzellane tritt die rustikale Keramik der Manufaktur Aluminia mit ihren lustig strotzenden Bauern- farben, die den drallen Backen der Birnen und Äpfel gleichen. Sehr originell sind die Töpfereien von Bindesböll. Teller und Vasen von massigem Körper mit kurvigen Dekorlinien, furiosohaft dickschwarz hingefegt wie mit einem peit- sehenden Pinsel. Ein Stolz des dänischen Kunstgewerbes, der immer sieghaft blieb, ist schließlich das Buch. Auch hier bietet sich in den Vitrinen, stehend und liegend, eine köstliche Bücherei dar. Vollendete Lederbände in Handvergoldung und a la Grolier mit mehrfarbiger Leder- intarsia als Blattwerk an den schmiegsam gebogenen Stengeln und I-Ialmen der Goldlinien. Auf dem Rücken bilden die herausgepreßten natürlichen Bünde ein kräftig gegliedertes Rahmenwerk für den omamental komponierten Schriftsatz des Titels. Und außer solchen hochbezahlten Schätzen der Luxusbibliophilie gibt es bescheide- nere, aber durch den Geschmack nicht weniger bestechende Pappbände, in Papierbezügen voller Kaprizen der Tönung. Da spielen über die Flächen die Äderungen der Fischhaut und der Insektenßügel, Wellen- und Strömungsmotive, mineralische Changierungen, Wol- kenzüge, Baumstarnmstrukturen, Milchstraßenwallen, Spinnennetzgewebe. Ein berühmter Meister der Bindekunst ist Anker Kyster. Und wenn man sein und der Kameraden Werk hier gesehen, dann erwacht die Lust, einmal wieder nach Kopen- hagen zu pilgern, das nicht nur edle Künste gibt, sondern auch die beste rote Grütze, rode Groed med Floede . . . Felix Poppenberg .1