Leider haben auch diese sechs Figuren schwer durch Verstümmelung gelitten, aber doch wieder nicht so sehr, daß wir uns von den künsterischen Absichten des Meisters keine Vorstellung machen könnten. Alle sind von feierlicher Ruhe erfüllt. Nicht zum wenigsten trägt hierzu die geschlossene, alle schroffen Übergänge vermeidende Urnrißlinie bei, die der tektonischen Aufgabe der Statue sich anzupassen verstand und die schlichte Größe der Gestalten bedingt. Die Körper der Frauen wie der Männer sind von kräftigem, fast derbem Wuchs, in den Proportionen etwas untersetzt und unter der Last der schweren Gewänder von ruhiger, gemessener Bewegung. Die Köpfe der Kaiser, umrahmt von langen Haaren und Bärten und bedeckt mit der Kaiserkrone, erscheinen zu groß zu den gedrungenen Körpern, die durch die starke gegensätzliche Betonung von Stand- und Spielbein überdies stark in sich zusammensinken. Der hierdurch bedingte Bewegungsrhythmus in Zusammenhang mit dem sich ihm anschließenden Neigen des Kopfes ver- leiht den Gestalten den offenbar beabsichtigten Eindruck stiller Trauer und schwerer Todesmüdigkeit. Trotz des unvollendeten Zustandes der Figuren läßt sich aber selbst in einigen Köpfen die künftige Form schon in der Anlage empfinden, so beson- ders an den unter Nr. 2 und 4 abgebildeten. Man erkennt wie unter einem Schleier Ziel und Absicht des Bildners. Überall betont er kräftig die stark in die Höhe gezogenen Augenbogen, unter denen die Augen tief eingebettet liegen, dann die starke von der Nase zu den Mundwinkeln verlaufende Furche, die durch das bäuerlich derbe Hervortreten der Backenknochen noch beson- ders auffallend wirkt, und die wie im Schmerz herabgezogenen Mundwinkel. Aber nicht nur, daß wir die Form allein erraten können, bei den beiden reifsten Figuren, die in den Köpfen nur noch des letzten Schliffes bedurft hätten, erkennen wir auch deutlich den angestrebten seelischen Ausdruck, dieselbe tiefe Wehmut und stille Resignation, die die Gestalten selber be- herrscht. Die Statuen des Speyerer Kaisergrabes lassen sich in ihrer Sonderstellung nicht mit den üblichen sepulkralen Porträts der Spätgotik vergleichen. Sie sind nicht wie diese als Selbstzweck und selbständige Kunstwerke geschaffen, sondern ordnen sich einem größeren künstlerischen Gedanken ein. Trotz Kronen und Zepter ist es nicht so sehr der Ausdruck einstiger Macht und Herrlichkeit, nicht die Bedeutung irdischer Größe und Majestät, ebenso- wenig aber auch der Sieg des unerbittlichen Herrschers Tod, der aus diesen ernsten Gestalten zu uns spricht, sondern, wo immer der reifere Zustand der Figuren ein Urteil erlaubt, die wahr empfundene und mächtig ergreifende Verkörperung tiefster Trauer. Neben den Fürstentiguren des Kaisergrabes bietet der Hinweis Maxi- milians auf das „kostlich grab", das „der kunstlich meister unserm fiirsten und rat, erzbischoven Leonharten zu Salzburg gemacht ha ", die beste Stütze für weitere Forschungen. Es handelt sich hier jedenfalls um den „cöstlich groß und künstlich in Märbel gehauenen Grabstain" des Erzbischofs, von