in den gewerblichen Erzeugnissen, in seinen geschichtlichen Erinnerungen und religiösen Vorstellungen von andern, wenn auch noch so verwandten Stämmen scheidet. Sprache und Gewohnheiten fallen nach und nach der Verkehrserschließung, dem Einströmen fremder Elemente zum Opfer, die historischen Erinnerungen dem Neugeist, die Tracht und Volkskunst dem Handel mit den Erzeugnissen der Großindustrie, die, alles für alle nach ein und derselben Schablone und in Massen produzierend, ihre Erzeugnisse durch Hausierer oder im Wege der Anpreisung heute schon in die unzugänglichsten Bergdörfer trägt. Nahezu in allen Staaten des Kontinents hat sich Niedergang von Volks- kultur und Volkskunst bereits in der zweiten Hälfte des XIXJahrhunderts fühlbar gemacht. Allenthalben entstanden Vereinigungen, teilweise unter staatlicher Subvention oder beim Charakter staatlicher Institute mit der Auf- gabe, den Niedergang aufzuhalten oder wenigstens an Stelle der Übung die Pflege und das Sammeln der schönen Traditionen in Wort, Lied und Schrift, der Fertigkeiten des Volksfleißes und aller jener Erscheinungen zu setzen, welche das große Gut eines Volkes ausmachen. Bei uns, wo derartige Be- strebungen schon mit Rücksicht auf die vielen, durch Naturbestimmtheit und Kulturgeschichte differenzierten Volksstämme auf Schwierigkeiten stoßen mußten, dankt der Staat das Aufsammeln österreichischen Volksgutes neben der Tätigkeit der Landesmuseen einem Manne, der seine ganze Person in bewundernswerter Weise in den Dienst der schönen Aufgabe stellen konnte, dem Professor Dr. Michael Haberlandt. Was wir Haberlandt in seiner Eigenschaft als Gründer und Direktor des Museums für österreichische Volkskunde schulden, konnten bisher nur jene beurteilen, die ihn persönlich und seine Sammlungen aus Anschauung kannten. Er hat im Laufe von siebzehn Jahren 29.000 Objekte österreichischer I-Ieimatkunst zusammengetragen und damit eine Höchstleistung erzielt, wie sie kein anderer Sammler erreichen konnte. Dabei haben wir den Hauptwert seiner sammlerischen Tätigkeit nicht so sehr in die große Zahl der Objekte zu legen, als vielmehr in die überraschende Fähigkeit, stets das Typische und volkskundlich Wertvolle zu wählen, so daß eine Vollständigkeit vorliegt, die alle Völker, alle Techniken und alle Zeiten umfaßt und nahezu keine Lücke läßt. Seine Tätigkeit hat nicht mit jenem Gut rechnen dürfen, das andern oft in so großer Fülle zu Gebote steht. Mit den Beiträgen der Mit- glieder des von ihm ausgestalteten Vereines, mit kleinen Subventionen und den Spenden einiger hochherziger Gönner hat I-Iaberlandt eines der reichsten Museen für Volkskunst geschaffen, welche Europa besitzt. In unzulänglichen Mieträumen des Wiener Börsengebäudes unter- gebracht, wurde es bisher mehr von Ausländern und Fachgelehrten der Provinz als von Wienern besucht. Da entschloß sich Direktor Haberlandt, das wissenschaftliche Resultat seiner vieljährigen Arbeit der Öffentlichkeit zu übergeben und damit einem lang gehegten Wunsch aller Freunde volks- tümlichen Kunstschaffens Rechnung zu tragen. Es ist eine glänzend aus-