385 nichts macht, besitzt die Sammlung in dem in Figur 108 abgebildeten Stück, einer braven Ulmer Arbeit von einem unbekannten Meister des XVI. Jahr- hunderts. Das Apfelgefäß, wie Figdor eines in Figur x09 besitzt, gehört einem ganz andern Gedankenkreis an. Es ist nicht der Hochzeitsbecher, für den Dürer einen so reizvollen Entwurf mit einer Schlange als Henkel ge- liefert hat, und den die deutschen Goldschmiede so unendlich oft mit mehr gutem Willen als großem Können als Gelegenheitsstück variiert haben, sondern ein Gebrauchsgegenstand andrer Art. Wir kennen aus alten Inven- taren die mannigfachen Geräte, in denen man Wohlgerüche aufbewahrte. Am häufigsten verwendete man dazu die Apfelform, weil sehr oft ein wirk- licher Apfel mit solchen wohlriechenden Substanzen, die in eine feste Form gebracht zu werden pfiegten, gespickt wurde. Aus dieser Sitte ist einerseits das Wort Pomade für Wohlgerüche, und andrerseits der Name Bisamapfel (Bisam ist ein beliebter Wohlgeruch) für das rundliche oder apfelförrnige Gefäß selbst entstanden. Ein solcher Bisamapfel ist das Figdorsche Stück, das, entsprechend den alten Vorstellungen, daß jeder gute Geruch, der den schlechten deckt, ihn auch vernichtet, nicht nur ein Luxusobjekt war, sondern auch einem wirklichen Bedürfnis entsprach. Man führte gern derartige ge- füllte Gefäße bei ansteckenden Krankheiten und nicht minder bei Leichen- begängnissen bei sich. Figur x09. Nat. Gr. Apfelförmiger Behälter für Wohlgerüche (Sammlung Figdor)