sitz der Kunsthalle in Hamburg -, kein Abbild „anmutiger Gelehrsamkeit", sondern eine widerborstige, kantig-eckige, schrötige Menschlichkeit mit strähnigem Vollbart, ungefügem Rock und scharfen Forscheraugen hinter den funkelnden Brillengläsern. Einmal sitzend gegen das schlichte Bücherbrettregal, in der zweiten Fassung im Dekantalar vor dem breiten Fenster stehend, vor dem Hintergrund hereinscheinender Bäume, Dächer und Kuppeln. Als ein echter Corinth, fleischfroh, prangt dann das Stillleben mit Rehen, Fasanen, Hasen, Trauben und der prallen, blumengeschmückten Bacchantin. Ein interessantes Bild bringt Corinths Frau, Charlotte Behrend. Die Studie eines Malers von slawisch verbissen fanatischem Ausdruck, wirrern Haar und Terroristenaugen hinter der Rundbrille. Schwarmgeistern aus einem Andrejewschen Drama gleicht er. Ein Kabinett ward zur Sonderausstellung Max Slevogt eingeräumt. Hier schwingt ' pulsierendes, rassige: Leben in eleganten, vibrierenden Damenporträten voll prickelnden Fluidums und in Herrenbildnissen voll Sportselan. Der l-Ierrenreiter in der Ulanka ist ein äußerst schnittiges Kerlchen voll „Klasse", mit der federnd lässig schwanken Haltung seines Leichtgewichts, in den Beinen sich wiegend. Und der Herr 0. H. (Wiesbaden) im Autopelz, glattrasiert, mit dem gespannten Ausdruck des Kilometerfressers ist eine bravouröse Type rnondäner Kraftwagenenergie. Dazu eine ganze Galerie bajuvarischer Skizzen aus der höiischen Sphäre, eine Art Prinzregententheaters. Der hohe Herr selbst, herzhaft und kernig, als Jäger und Landedelmann, wie er die Enten am See füttert, wie er mit Gästen auf der weißen Terrasse eines Nymphenburger Parkpavillons zu Abend speist. Weiter eine Menge Studien aus dem Zeremonial der Georgiritter voll malerischer Magie. Bei den Seelen- und Trauermessen leuchtet im schwarzdüsteren Raum der Glanz der blauen Mäntel, der rotbehängten Katafalke und zitternden Kerzengefunkels auf, ein Prunk- und Trachtenstück voll Glanz" und Glorie ist die ritterliche Festtafel. und den Schluß macht nach den Herrschaften die Hatschierwache in hellblau-weiß bayrischer Pracht an der Kneiptafel beim Maßkrug. Von den Beiträgen der andern alten Mitglieder der Sezession seien kurz genannt Baluscheks Berliner Ausschnitte, die Lumpensammleridylle und der Mittag in der Fabrik mit dem Zug der Frauen in Umschlagtüchern. Dies Bild wurde von der Stadt, der Baluschek seit ]ahren unermüdlich künstlerisch dient, erworben, vermutlich für das märkische Museum, das jetzt, ähnlich wie die Hamburger Kunsthalle, Gegenwartsdokumente für die Zukunft sammeln will. Ferner Fritz Rheins Porträte adeliger Damen, sehr distinguiert, am fesselndsten das der Frau von B. mit den edlen Händen und der schlichten altmodischen Einfachheit des Kleides. Sie gleicht einer schönen Seele, einer Stillen im Land, etwas Nathusiushaftes, etwas Herrnhuterisches liegt über dem blassen, un- irdischen Gesicht. Kalckreuth malt den Vorstand des Künstlervereines in Weimar als ein niederländisches Regenten- und Repräsentationsstiick mit Schaube, Halskrause und Tonpfeife. Wilhelm Trübners gesammelte Reifekunst spricht aus dem Bild der Dogge, wahr- haft ein Velasquez-Porträt, grau im graugrünen Fond, mit dem leichtgeneigten lebensvollen Kopf und aus dem Rosenzaun mit nickendem Rot und durchsonntem Blattgrün und wehenden Schatten. Orlik, der mit geschwindem Stift alle interessanten Gegenwartsmomente aufpickt und in seinem Notizbuch nach Hause trägt, hat Max Reinhardt bei der Faustprobe fest- gehalten. Er bannt gut die merkwürdige Raumstimmung der im Helldunkel schwimmenden Bühne mit Gerüsten, Laufstegen und Maschinerien und dazu in einer Ecke in einem Ver- schlag, scharf belichtet von einer Blendglühlampe, der mit allen Sinnen angespannte Kopf des Generalissimus dieses Zwischenreiches. Ornamentale Künste in der Landschaft läßt Walter Klemm spielen. Die Rodelbahn wird zu einem Schattenreigen von Flatter- silhouetten auf weiß glitzernder Gleitiläche, und in den Eishauern am Fluß kristallisiert er