Handel der Stadt, für ihre ganze soziale und politische Entwickelung ist die „Sülze" der aus- schlaggebende Faktor geworden. Hat auch der mittelalterliche Betrieb wie so viele andere Unter- nehmungen mit seinen ungenügenden Förde- rungs-, Gewinnungs- und Herstellungsvorrich- tungen, weiter mangels ausreichender Verkehrs- mittel und Verkehrsmöglichkeiten jenen Umfang nicht zu erreichen vermocht, den die Neuzeit mit ihren gewaltigen Hilfsmitteln auf jedem Gebiete technischer Betätigung zu schaffen imstande ist, so war doch die Bedeutung des Werkes eine weitreichende, für jene Zeit großartige. Das kommt auch im heutigen Stadtbilde, soweit es alt ist, noch immer deutlich zum Ausdrucke. Trotz- dem die Neuzeit manche nicht immer zu recht- fertigende Lücke in den Bestand alter Baukunst gerissen hat, trotzdem weiter zahlreiche Werke und Umänderungenl es deutlich kundtun, wie weit bauliche Gesinnung hoher und niedriger Bau- herren, wie Befähigung der Bauenden hinter den Zeiten zunftmäßigen Arbeitens zurückbleiben, so muß doch die Gesamterscheinung Lüneburgs noch immer als eine ganz wundervolle, kultur- x " Abb, x4. Lüneburg. Profile einiger in i? Dahin gehört zum Beispiel die Bepliznzung des größten Platzes glasierten Forrnsteinen ausgeführter der Stadt, des „Sand". mit einer doppelten Baumreihe, welche die Platz- Haustüreinfassungen Wirkung ganz wesentlich beeinträchtigt, weiter die Aufstellung eines an sich zum Teil ganz wohlgelungenen, aber in seinen Verhältnissen mit dem vorgenannten Platze und seinen köstlichen alten Architekturen keineswegs übereinstimmenden Brunnens, dann die drohende Demolierung noch vorhandener Wallpartien zwecks Gewinnung gut verkäuflichen Baugeländes, weiter der Versuch, ein modernes Postgehäude und andere öffentliche Anstalten durch absolut mißglückte Nachahmung der alten Formen in das alte Stadtbild einzupassen und so weiter. Dergleichen Dinge verlangen ein künst- lerisch so feines Empfinden, wie es zum Beispiel Theodor Fischer in seiner Jenenser Universität geoEenbart hat. Mit dem Verarbeiten des For- menschatzes der Vergangenheit richten weniger begabte Baukünstler meist nur Geschmacksver- heerungen an. Man hraucht bloß Städte wie zum Beispiel Halle an der Saale zu durchwandern, um ein förmliches Grauen vor derartigen Wieder- erweckungsversuchen zu verspüren. Die neue „Deutsch-Renaissance" und ihre Anhängsel kann man in den meisten Fällenruhig als eine Verirrung, als eine Geschmacksschläehterei bezeichnen ; was die Alten „aus dem Ärmel schüttelten", bringen die Meister vom Lineal, mögen sie auch alle aka- demischen Grade erreicht haben, nicht fertig. Da- für sprechen tausend Zeugen. Die Alten dachten Abb. 15. Lüneburg, Diele in der ehemaligen Propstei des baulich. Das bringen viele der Nachgeborenen Klosters Heiligenthal trotz aller Studien schlechterdings nicht fertig. x54