Mittelalters von besonderem Interesse sind und die Frage nahelegen, ob sie etwa in Beziehung zu Sebald Bocksdorffer stehen." Der älteste der Steine, der etwa um das Jahr 1490 anzusetzen ist, stellt, in I-Iochformat, in den oberen zwei Dritteln der Bildfläche eine Ölbergszene dar, im unteren Teile den knienden Verstorbenen mit seinem Wappenschilde (Abb. 14)." Leider ist der Stein stark verstümmelt; es fehlen die Köpfe zweier Jünger und ein Teil der I-Iintergrundlandschaft mit den in den Ölgarten eindrin- genden Kriegern. Für diese Platte kommt Bocksdorffer keinesfalls in Betracht. Gegenüber dem ruhigen idyllischen Charakter des Truchseß- Epitaphs erscheint sie energischer, temperamentvoller, ganz abgesehen davon, daß die Meißelführung eine viel robustere und freiere ist. Das Werk steht, soweit ich den Denkmälerschatz des Landes kenne, für Tirol verein- zelt da, hat aber engste Beziehung zur bayrischen und speziell zur Münchener Schule des Erasmus Grasser. Am meisten berührt es sich mit dessen Grabmal des Ulrich Aresinger in der Peterskirche zu München von 1482. Der Kopf Petri hat auf beiden Werken in der Stirnbildung, im Schnitt der Augen, in dem Gekräusel der Haare viel gemein. Auch die Art, wie der eine kopflose Jünger sein Bein ausstreckt, erinnert an den Münchener Petrus. Freilich ist die Ausführung nicht von jener alles durchdringenden Sorgfalt wie an dem Aresinger-Stein. Die Vermutung, daß wir es bei diesem Ölbergrelief mit einem Werk des Münchener Bildhauers Erasmus Grasser zu tun haben, erhält eine gewisse Stütze durch die Tatsache, daß Grasser 1491 als Baumeister der Pfarrkirche von Schwaz in Tirol weilt und am 6. März 1496 von Kaiser Maximilian einen auf zwei Jahre lautenden Geleit- brief zur weiteren Förderung des Baues erhält.""'"" Es wäre die Innsbrucker Platte keineswegs das einzige Bildwerk, das Grasser um jene Zeit in Tirol gefertigt hat, denn der treffliche Grabstein des Christian Tänzl, gestorben 1491, in der Pfarrkirche zu Schwaz, darf als ein unzweifelhaftes Werk seiner Hand angesprochen werden. Besitzt ja die gleiche Kirche auch noch ein anderes Werk bayrischer Provenienz in dem Grabstein der Anna Hoferin von Meister Wolfgang Leb aus Wasserburgxl- Noch weniger als für das Ölberg-Epitaph kommt Sebald Bocksdorffer für die beiden andern Platten, die in Querformat angelegt sind, in Betracht. Es fehlt jeder, auch der geringste stilistische Zusammenhang. Die ältere Platte, einem Paul Reyff, gestorben 1515, und seiner Hausfrau Cäcilia, gestorben 1498, gewidmet, ist ein echtes Frührenaissancewerk, dem man in den kandelaberartigen Säulen, den Delphinen, den Girlanden und Putten die unmittelbare Abhängigkeit von der Bücherillustration anmerkt (Abb. I5). "' Nach gütiger Mitteilung des k. k. Hofrates von Wieser, dem das Verdienst zukommt, die Steine gerettet zu haben, stammen dieselben von dem alten Innsbrucker Sankt Michaels-Friedhof. ""' Wem der Stein gewidmet ist, läßt sich nicht nachweisen, da jede Inschrift fehlt. Für das Wappen kommen - nach gütiger Mitteilung des Herrn Kustos Konrad Fischnaler - die Familien Geizkoßer, Haller und Ofner in Betracht, die alle drei das vollkommen gleiche Wappen führten. m" Riehl, Die Kunst an der Brennerstraße, 1908, Seite 27, Jahrbuch der Sammlungen des Allerhiichsten Kaiserhauses, II (r884), ll. Teil, Reg. Nr. 540. 1- Halm, Wolfgang Leb, Zeitschrift des Münchener Altertumsvereines 1904, Seite 27.