Nachblüte der jahrhundertausstellung. Eine ganz besondere Begegnung bringt gleich der erste große Raum mit den Wandbildem Schinkels. Sie haben schon x86g der National- galerie gehört, wurden aber „an das Oberpräsidium zu Breslau abgegeben" und sanken in den Staub der Vergessenheit. Jetzt feiern sie Auferstehung. Dekorative Stimmungen sind es, Gestade mit Tempeln, Regen- und Sonnenuntergangslandschaften, unstofflich, in dis- kreten Farben, die an matte Gewebetöne erinnern. Fein und sicher wurden sie, in Breitform und als langschmale Pauneaux, zu Wandfullungen komponiert. Das Malerisch-Bildhafte ward taktvoll dem Architektonischen der Raumaufgabe angemessen. Sehr fein ist in dem Seebild bei Mondschein mit den graublau-silbrigen Harmonien die Kontur der Gestalten im Boot und das Filigran des schwarzen Gitterwerks zwischen den Säulen am Strand silhouettenhaft gestimmt. Im Reich der Ölgemälde dominiert Böcklin, von dem fünf Werke angeschafft wurden, darunter das Meeresidyll mit dem seidiggelben Schleier über dem weißen Leib der Nereide auf dunkelblauer Flut und das Porträt der Frau Angela Böcklin mit dem römischen Profil im gelblichen Brusttuch und der rotgeiiochtenen Maschenmütze. Stärker als dieses ergreift uns aber heute das so groß und streng aufgebaute Bild der Feuerbachschen Römerin, das jetzt das Werk des Meisters bei uns bereichert. Das schönste Modell von Trastevere war es. Feuerbach hüllte sie in ein griechisches Gewand und schrieb verzückt an die Mutter: „Nun solltest Du die hohe Gestalt sich darin bewegen sehen". Auf dem Bild sieht man es, wenn es auch nur die Halbiigur gibt. Die Bewegung des Armes, der das Tamburin klingend hebt, bringt den ganzen Körper in Schwingung. Und das Morbidezza-Oval des Antlitzes mit der schwarzen Mähne gleicht einer tragischen Maske. Eine helle wie vom Volkslied überklungene Landschaft ist Hans Thomas „Lauffeu- burg". Aus der Sphäre der Jahrhundertausstellung stammen einige interessante Stücke. Von Karl Hausmann, dessen dämonisch leuchtende Kardinäle und Galeerensklaven unver- geßlich sind, sieht man eine geniale Skizze, orientalische Gesandtschaft (1852), eine Vision von Delacroix'schem Fuoco mit feuersbrünstig lohendem Rot, durchzuckt vom Grün der Prophetenfahnen und phantomhaftem Gewimmel. Sehr besonders wirkt ein Porträt von Johann Georg Edlinger: aus braunrotem Dunkel auftauchend ein Männerkopf mit kastanienfarbenem Haar, ein barockes Gesicht wie von einem Jean Paulschem Menschenkind, wie von einer „Kreatur Gottes" aus der Eulenberg- Welt. Und Nam' und Art des Dargestellten: „Orgelbauer Frosch aus München" verstärkt den kauzigen Eindruck. Lebendig leibhaftig blickt uns das Mutterbildnis Ferdinand von Rayskis an, der erst jetzt langer Vergessenheit entrissen wurde. Ein kluger alter Frauenkopf mit Sorgen- falten und darüber doch ein Leuchten der Heiterkeit. Fein gemalt ist die weiße umrahmende Spitzenhaube und die iiiederfarbene - damals sagte man „pense" - Seidentaille rnit spielenden Lichtern. Von dem gleichen Künstler sieht man noch die Skizze eines Kavallerieangriffs, voll Elan mit Sturm und Sturz und verlrnäuelten Massen. Kaspar David Friedrich, die große Entdeckung der Jahrhundertausstellung, fehlt nicht. Außer Zeichnungen - darunter einer Birkenstudie von japanischer Grazie - findet sich hier eine Gebirgslandschaft, felsiggrau mit hölzerner Kapelle und jagenden Wolken. Und den Maler selbst lernt man in dem seltsamen Bildnis kennen, das der Karoline Bardua zugeschrie- ben wird: ein Mann mit visionärem Gesicht, von einem blonden schütterem Backenbart eingefaßt, die Figur eingeknöpft in einem hochkragigen schwarzen Samtschnurrock. Unter den Bildnissen ist auch das Werk eines Lebenden von hohen Qualitäten, das männlich feste, energisch modellierte Porträt des Heidelberger Bürgermeisters Hoff- meister, gemalt x87: von seinem Paten Wilhelm Trübner.