"II KLEINE NACHRICHTEN .80- BERLIN. ZEICHNENDE KÜNST-E DER SEZESSION. Die Winteraus- Stellung der Sezession, die wie immer unter der Flagge „Zeichnende Künste" geht, hat diesmal noch ein vielseitigeres Gesicht als sonst. Den freien großzügigen Standpunkt, den die Sezession aller Kunst gegenüber ein- nimmt, bewährt sie diesmal in der kleinen retrospektiven historischen Abteilung. Mit feiner Auswahl ist hier eine Nachlese der Jahrhundertausstellung geboten. Von Carstens sieht man Zeichnungen klassizistischer Motive voll Empfindung, merkwürdige Karikaturen und Studien von Frauen- und Männerköpfen in niederländischer Duftigkeit; von Schadow Porträte voll zeichnerischen Esprits; bezaubernde Spitzwegs voll Einfalls- freude; Schnorrsche Aktstudien be- sonderer Eindruckskraft, so die weibliche Figur in Proiilstellung mit dem spähend weichen kühnen Blick, amazonenhaft wirkt sie, man fühlt Penthesilea. Dazu eine Reihe Feuer- bachs voll Größe des Wurfs und Adel der Konzeption. Als ein neues und sehr glück- liches Ausstellungsmotiv erweist sich die Versammlung der Skulptu- ren unter sich in dem großen, hier- zu- wie geschaffenen lichten Haupt- saal. Ihr Stolz sind die Bildwerke Rodins, vor allem der Kopf Gustav Mahlers, leicht nach hinten gelehnt, wodurch das Antlitz in vollem Lichte schwebt und der Ausdruck erdge- löst entrückt, jenseitig wird. Eine Büste von Georg Minne, kurz unter dem breiten Brust- und Schultersockel abgeschnitten, hat in der machtvollen Modellierung des von Furchen und Runen gezeich- neten Männergesichtes etwas Hel- disch-Antikisches, erfaßt in moder- nem Geist. Klingers Porträtskulpturen - vor allem sein Geheimrat Lamprecht mit knolligem Schädel und mäch- tigem Stirngewölbe - zeigt seine lebendige Schöpferkraft gegenüber dem abstrakten Pathos seiner bildhauerischen Monumentalideen. Klimsch' Porträte wirken, ohne glatt zu sein, elegant und mondän, eine Kunst für gute Gesellschaft, die sich nicht nur gut anzieht, sondern auch guten Geschmack hat. Hochgreifen- den imposanten Willen zur Form Ausstellung österreichischer Kunstgewerbe. Schal aus Cräpe de Chine, gestickt, entworfen vom Architekten Eduard Josef Wimmer, ausgeführt von der Wiener Werkstätte