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VIODATSSCHRIFT-HERAU
GEGEBElTVON-KJLOSTE
REICHISCH BIT-MUSEUM?
VERLÄG VON ARTARIA Co. In VIER. XEJAHRGJMZ.
DIE BESTECKSAMMLUNG IM SCHLOSS
STEYR Sie VON ALFRED WALCHER VON
OLTH EIN -WI EN Sie
und Bestecken auf reichsdeutschem Boden ent-
stand in Österreich im letzten Drittel des vorigen
Jahrhunderts die bedeutendste Kollektion dieser
Art auf Schloß Steyr. Franz Emmerich Graf von
Lamberg, geboren I832, gestorben 1901 in Graz,
hat sie begonnen und ihr durch rege Sammel-
tätigkeit eine Ausdehnung und eine Vollständig-
keit gegeben, daß sie die schon allgemein aner-
kannten Sammlungen Paul und Zschille um ein
Bedeutendes überflügeln konnte. Ihren Umfang
charakterisiert die große Zahl der Objekte, die das Tausend
überschreitet, ihre Vollständigkeit die geschlossene Reihe vom
Steinmesser bis auf das Besteck der Mitte des XIX. Jahrhun-
derts. Entstanden in Steyr, dem alten Hauptsitz der Klingen-
industrie Süddeutschlands, war ihr Ausbau schon in lokaler
Hinsicht begünstigt. Die notwendigen Ergänzungen erwarb
Graf Lamberg in Italien, Norddeutschland und Frankreich. Im
Schloß Steyr untergebracht und nicht allgemein zugänglich, ist
die Sammlung nur einem verhältnismäßig engen Kreis von
Kunstfreunden bekannt geworden, und auch die Beteiligung
an einzelnen kleineren lokalen Ausstellungen ließ die Kenntnis
von der Existenz dieser Schätze kaum über das Kronland hin-
ausdringen. Bei dem großen Reichtum der Sammlung müssen
wir uns auf die Abbildung der wichtigsten Objekte beschränken;
den Gang der Entstehung und der künstlerischen Ausbildung
dieser verfolgen wir am besten an der Hand der historischen
Entwicklung der Tischgeräte.
Das Altertum kannte bei Tisch weder Messer noch Gabel;
man bediente sich beim Essen im allgemeinen der Finger. Erst
im Mittelalter wurde der Gebrauch des Messers allgemeiner.
In seiner ältesten Form war es ein Vorschneidemesser, bezie-
hungsweise eine Anzahl von größeren und kleineren Messern,
welche zum Zerlegen des Fleisches dienten. Für den eigent-
lichen Gebrauch bei Tisch gab es stets nur einzelne Messer,
welche sich die Teilnehmer an der Mahlzeit gegenseitig reich-
ten. Im Hortus deliciarum der I-Ierrad von Landsberg 1159 bis 253d;
1175 sehen wir Messer abgebildet von einer Form, die bereits zgir. grün? Pa-
das Bedürfnis nach einer Gabel erkennen läßt Abb. z. Bei
der Darstellung des Mahles, an welchem König Mardochäus, meter
92.13.5
MMUÄUUCIÄ G0 unäul .51 EnF-UMUZUU DFMMOI EDU Bit .N .JI
Esther und Aman teilnehmen, liegen auf der reich mit Fischen besetzten
Tafel zwei Messer mit geradem, an der Spitze rechtwinklig abfallendem
Klingenrücken und halbmondförmig ausgeschnittener Schneide. Die so
gebildete, mit der Schneide in einer Linie liegende Spitze diente offenbar
zum Aufspießen und Vorlegen der Fleischstücke. Im XV.
Jahrhundert erfährt das kleine Messer des Vorschneiders jene
Gestaltung, aus der das spätere Tischmesser hervorgegangen
ist. Auf einem Holzschnitte aus der Melusine, um 1475, sind
drei Personen bei Tische dargestellt; es wird Geflügel auf-
getragen und der seitwärts sitzende Fürschneyder" hat ein
kleines Messer aus einem Lederfutteral herausgezogen, um
das Huhn kunstgerecht zu zerlegen Abb. 5. Übrigens be-
diente sich der Vorschneider, dessen Aufgabe sich allmählich
zu einem eigenen Amt bei Hofe und an der Tafel des hohen
Adels entwickelte, verschiedener Messer; so gab es größere
für den Braten, kleinere für das Geflügel. Der Nachlaß des
Trientiner Bischofs Georg Hak aus dem Jahre 1465 erwähnt
Fürschneydmesser in ainer schaid". Neben dem großen
Transchiermesser und dem kleinen Zerlegmesser verfügt der
Vorschneider gegen das Ende des XV. Jahrhunderts über
ein drittes Messer mit breiter Klinge, abgerundetem Klingen-
ende und ohne Schneide das sogenannte Kredenzmesser.
Auf dem Holzschnitt des Michael Wolgemut im Schatz-
behalter Nürnberg, Koberger 1491 legt der Vor-
schneider dem König auf einem solchen Messer ein Stück
Fleisch zu Abb. 7. Die Bestimmung des Kredenzmessers,
auf ihm das Fleisch den Gästen zuzureichen, läßt es als
wichtigstes Tischgerät zuerst besondere Ausstattung erfah-
ren. Im Jahre 148g erhielt ein Josef Schengk von Friburg
sechs Gulden für etlich calcidonien heft zu credenzmessern,
so man von im kauft hat", und 1493 linden sich im Nach-
lasse des Bischofs Ulrich von reundsberg ain schayd mit
vier grossen und ainem klainen credentzmesser beschlagen
und vergult", weiters 1506 im Inventar des tirolischen Haus- 23" ä;is2'ä;;
kammeramtes ain credentzmesser in ainer schaid mit silber gmhnimn, nahm.
beslagen und ubergult mit ainem calcidanen hefft". Das Trin- Sisch- 14"? L5"
cieren oder Vorschneiden bei Tische also nicht schon in ge im Zennmeler
der Küche datiert aus der Zeit der Minnesänger und wurde auch hier
zuerst nur bei der fürstlichen Tafel gepHogen. Das Amt versah ein eigener
Beamter, oder es setzten Edelleute eine besondere Ehre ein, diese Kunst
zeigen zu dürfen. Ein Graf von Soissons fungierte 1227 bei einer Mahlzeit,
welcher König Ludwig IX. in Soissons beiwohnte, als Vorschneider. Die
größte Ausbildung erfuhr die Trincierkunst im XVI. Jahrhundert und eigene
Transchiermeister unterrichteten Edelknaben im Vorschneiden. Darin war
.x
Italien vorausgegangen. Imjahre
1581 erschien in Venedig das
erste Trincierbuch, dessen Ver-
fasser Vincenzo Cervio vier Mes-
ser und drei Gabeln von gleicher
Form, jedoch von verschiedener
Länge als notwendiges Gerät des
Vorschneiders fordert. Die Klin-
gen des Messers haben eine ge-
rade Schneide und einen im
leichten Schwung zur Messer-
spitze abfallenden Klingenrücken;
die Gabeln tragen sämtlich zwei
runde Zinken. Die Länge der vier
Messer beträgt nach den dem
Trincierbuch in Originalgröße
beigegebenen Abbildungen 15,
21, 23'5 und 26 Zentimeter; jene
der drei Gabeln 20, 23 und 27-5
Zentimeter. Ein zweites Trincier-
buch erschien 20 ahre später in
Rom. Verfasser war Giacomo
Abb. 5. Holzschnitt aus Melusine, um 1475 Procacchi aus Ancona. Auf den
Inhalt dieses Buches einzugehen,
würde hier zu weit führen und so sei nur zur Beleuchtung des Ernstes, mit
dem die Trincierkunst geübt wurde, erwähnt, daß Procacchi für das Zerlegen
einer Gans 20 und des indianischen Hahnes 22 streng vorgeschriebene
Schnitte fordert, wobei der kleinere Braten, zu welchem auch Spanferkel und
Gans zählten, in freier Luft auf der Gabel zerlegt werden mußte. Eine deutsche
Form des Vorschneidmessers aus dem Ende des XVI. Jahrhunderts zeigt der
Holzschnitt Abb. 30 vom Jahre 1580 ein Flugblatt auf alle Aufschneider,
oder wie ein ähnliches späteres Blatt meint allen Bossenreissern, Maulauff-
spreissern und Brillenschneidern zu sonderlichen gefallen". Die vollständige
Reihe der notwendigen Geräte des deutschen Vorschneiders findet ihre Auf-
zählung im Nürnberger Trincierbuch, erschienen 1652 beim Kupferstecher
und Kunsthändler Paul Fürst. Fünf Gabeln und sechs Messer von verschie-
dener Größe und Form werden genannt. Die größte Gabel hat eine lange
und eine kürzere Spitze und dient zum Verlegen von Hasen- und Rehrücken.
Wenn wir nun vom Besteck des Vorschneiders zum eigentlichen
Tischbesteck und dessen ältesten Teile, dem kleinen Tischmesser, übergehen,
so können wir schon für das frühe Mittelalter zwei abweichende Formen der
Klingen feststellen. Die Schneide ist leicht geschweift; der Klingenrücken
gerade, bei einzelnen Messern jedoch in der Mitte etwa absetzend und in
eingezogener Kurve zur Messerspitze verlaufend. Diese beiden Klingen-
formen des XII. Jahrhunderts sind im Hortus deliciarum dar-
gestellt Abb. 3. Die Breite der Klingen entspricht hier der
Breite der Griffe. Das frühgotische Messer wird breiter, blatt-
förmig, entweder mit geschwungener oder gerader Schneide
und geradem, zur Messerspitze schräg abfallendem Klingen-
rücken. An einem französischen Exemplar, dessen starke
Zerstörung die Form der Klinge nur vermuten läßt, haben
wir bereits ein Beispiel für die künstlerische Ausbildung der
Griffe, welche in der spätromanischen und frühgotischen
Periode lediglich auf Bein angewiesen schien Abb. 4. Weit
früher als in Deutschland hatte bei den romanischen Völkern
das Tischrnesser Verbreitung gefunden. Auf einem I-Iolz-
schnitt aus einem livre d'heures des Jehan Poitevin vom
Jahre X498 sehen wir eine größere Anzahl Messer auf der
Tafel liegen, und eine weitere Bestätigung für das Auflegen
von Tischmessern bei den Italienern und Franzosen findet
sich in der Civilite d'Erasme, imitee en francais par C. Calviac
1560. Sie handelt von der Zeit um 1530 Les Italiens se
plaisent aucunement en general avoir chacun son cousteau.
Mais les Allemans ont cela en singuliere recommandation,
et tellement qu'on leur fait grand desplaisir de le prendre
devant eux ou de leur demander. Les Francais au contraire
toute une pleine table de personnes se serviront de deux ou
trois cousteaux, sans faire difticulte de le demander, ou
prendre, ou le bailler s'ilz Yont." Während also in Italien so
viele Messer auf den Tisch kamen, als Gäste erwartet wurden,
waren in Frankreich die wenigen aufgelegten Messer Ge-
meingut der ganzen Tafel. In Deutschland dagegen brachten
einzelne Teilnehmer am Mahle ihre eigenen Messer und
diese nur für den eigenen Gebrauch mit. Das Inventar nach
dem Zolleinnehmer Konrad Gutknecht vomJahre 1425 nennt
bei aller Genauigkeit nur ain churcz taschenmesser mit
silber beslagen". Tischrnesser für die Gäste kannte der
deutsche bürgerliche Tisch damals noch nicht. Ein kleines
Tischrnesser der Sammlung Lamberg trägt auf dem Griff
die Aufschrift fatcaloet vien teler" Abb. 8. Das Wort fatca-
Abb.6. Tischrnesser.
der Griff aus Bron-
ze, mit Schriftspuren,
französisch. XV.
Jahrhundert. Länge
151 Zentimeter
loet", nach dern italienischen fazzuolo und fazoletto bedeutet Taschentuch
oder Handtuch, erscheint variierend 128 facenetlein, 1226 facilet, 365
fatzenet, 1478 vaczelet und ist dann gleichbedeutend mit Tellertuch oder
Serviette. Das kleine Messer ist also ein Tellertuch oder dazu bestimmt, den
Teller zu reinigen, die Reste der ersten Mahlzeit zu entfernen, um ihn für den
zweiten Gang benutzen zu können. Diese ganz eigenartige Bestimmung eines
Messers mag einen neuen und wichtigen kulturgeschichtlichen Beitrag
bedeuten und findet eine, allerdings über 150 Jahre spätere Beglaubigung in
dem 1652 erschienenen Nürnberger Trincierbuch des Paul Fürst Über das
hat man bei fürstlichen TafeIn ein Instrument, gar dünne, so das Credentz-
messer genennet wird, mit welchem, so etwas von Brosamen oder sonsten
Abb. 7. Holzschnitt von Michael Wolgemut, aus dem Schatzbehalter, Nürnberg, Koberger 14g!
auf dem Tafeltuch were, abgenommen werden." Ein derartiges Kredenz-
messer, zeitlich mit der Herausgabe des Nürnberger Trincierbuches überein-
stimmend, ist unter Figur 32 abgebildet. Seit dem Ende des XV. Jahrhunderts
werden die Klingen schmäler und zierlicher, die Griffe nun mit allen erdenk-
gens messer mit einem nemenpalnen hett",
I485 acht par messer mit weissn schaln und
rot schaiden, vierzehen par messer mit
swartzen schaln", 1493 unum futrale stans
cum r3 cultellis cum argento et deauratum",
1495 messer grün schalen beschlagen". In
diese Gruppe fallen zwei deutsche Messer mit
Bronzegriff; das eine trägt
das Wappenschild Nürn-
bergs Abb. das zweite
eine Haube mit gravierten
Platten Abb. m. In den
ersten Jahrzehnten des fol-
genden Jahrhunderts ist das
Tischmesser auffallend lang
bei sehr schmaler Klinge;
die Schalen werden aus El-
fenbein, I-lorn oder Holz her-
gestellt und häufig mit Mes-
singeinlagen versehen, wo-
bei das Motiv der Schellen
bevorzugt wird Abb. II und
Abb. m. Um diese Zeit las-
sen sich nun auch Klingen-
marken nachweisen, in der
Regel in Gold, Kupfer oder
Messing eingeschlagen. Die
Messerer füllten die in die
Klinge vertieft eingeschla-
gene Marke mit Metall aus,
weil einmal gewisse be-
straffte Leut sich also unter-
standen einen scharpfen Gift in dergleichen
hohle Zaichen zu schmieren, davon diejenigen
Leut bald und schleinig gestorben, die mit
dergleichen Messern gessen haben". Aber
auch lediglich der Verzierung halber oder um
das Meisterzeichen auffälliger zu machen,
dürften die Einlagen erfolgt sein. Die Form
der deutschen Tischmesser der Frührenais-
sance zeigt das Monatsblatt eines Meisters
Abb. 8. Tischmesser,
Bronzegriff mit der
Schrift fatcaloet
vien teler", deutsch,
Ausgang des XV.
Jahrhunderts. Länge
9-9 Zentimeter
Abb. g. Messer, der
GriiT aus Bronze mit
eingelegten Bein-
platten, bekröm von
einem Schild mit
dem Wappen Nürn-
bergs,um 1500. Län-
ge 21 Zentimeter
Abb. xo. Gotisches
Messer, die Haube
aus Bronze, graviert,
mit der Halbfigur der
heiligen Katharina,
deutsch, um 1500.
Länge 21- Zenti-
TICKET
aus der Nähe des Hans Sebald Beham Abb. 13. Das Messer der Dame ist
hier kürzer, und wir erkennen deutlich die Anbringung einer Haube am
Griffende; jenes des Mannes hat einen schuhförmig endigenden Griff. Vgl.
das Messer in Abb. 23. Nach 1550 erreicht die Ausstattung der Griffe ihren
Höhepunkt. Die Hefte werden aus Silber, aus Kupfer, Messing und Zinn
Abb. n. Deutsches Messer, der Griff belegt mit Homschalen, als Haube eine runde Bronzescheihe mit
der Jahreszahl 1522. Länge xB-g Zentimeter
bereitet, auch überguldet, oder mit dinngeschlagenern Silber überlegt, auch
wohl von Achat, Bern- oder Agt-Stein, ingleichen auch von Horn, Hirsch-
Geweyhen und Elfen-Bein, Rosen-, Eben- und Brasilien-Holz gemacht, welche
im
Abb. xz. Deutsches Messer, Holzschalen mit eingelegter Schellenranke aus Messing, Haube aus Bronze.
In Gold eingeschlagene Messerschmiedmarke um 1530. Länge x9'5 Zemimeler
sie die Messerer auf mancherley Art sehr zierlich und künstlich einzulegen
weissen". Ein Vorschneidemesser der Sammlung kennzeichnet in bester
Weise, wie weit das XVl. Jahrhundert darin gegangen ist und welche Freude
es an komplizierten Dingen äußerte Abb. 14. Unter dem Klappdeckel der
Haube des Elfenbeingriiifes
befindet sich ein Schubläd-
chen mit einem kleinen Sil-
berschlüssel. Derselbe löst
einenMechanismusundläßt
beim Herausziehen eines
Silberzylinders zwei Seiten-
gelasse sich öffnen, aus
welchen vollrund geschnit-
tene Figuren, die Personifi-
kationen des Lebens und
des Todes, erscheinen. Be-
zeichnet ist das Messer 57
Italien weist im XVI.
jahrhundert den größten
Reichtum an Klingenformen
auf. Die Klinge ist lang und
schmal, mit geradem Rücken
und leicht geschwungener
Schneide coltelli da raschi-
are; breit mit geradem, am
Abb. 13. Kalenderbild Jänner, von einem Meister in der Ar! Hans
Ende zur Messerspitze e1n- Sehald Behams, um 1540 Nationalgalerie Budapest
Abb.
14. Vorschneidmesser, Griff in Elien-
bein geschnitzt, mit Mechanismus, welcher zwei
Seitengelasse öffnet und kleine Figuren erschei-
nen läßt, bezeichnet 157i, deutsch. Länge 36-3
Zentimeter
Abb. 15. Vorschneidmesser,
geätzte und vergoldete
Klingenwurzel, der GriH aus
ziselierter und vergoldeter
Bronze, belegt mit Perlmm-
lerplatten, oberitalienisch,
XVI. Jahrhundert. Länge
275 Zentimeter
Abb. x6. Ital. Vorschneidmes-
ser,Klingenwurzel u. Klingen-
rücken geätzt u. vergoldet,
Homplatten mit zahlr. Nieten,
aus Bronze gegossener, zis.
u. vergold. Löwenkopf, mai-
ländisch? XVI. jaärhundert.
Länge 27-5 Zentimeter
gezogenem Klingenrückensmenbratori; kurz, nach auf- oder abwärts ge-
schweift ostreghine; lang, mit senkrechtem oder abgerundetem Klingenende
coltelli da torta; ähnlich die coltelli di pasta. Der Mehrzahl nach sind die
Griffe aus Bronze, ziseliert und vergoldet, mit Perlmutter- oder Nielloplatten
belegt. Als Bekrönung der Griffe dominiert das Kapitäl und der Zierknauf
Abb. 15 und Abb. I7. Wir kommen noch bei den Bestecken auf die Aus-
bildung der Griffe des italienischen Messers der I-Iochrenaissance zu sprechen.
In Steiermark und Oberösterreich und hier ganz hervorragend in der
Stadt Steyr blühte die Technik des Eisenschnittes, wofür die Sammlung
Lamberg glänzende Belege bietet. Ist die Bearbeitung dieses härtesten
Materials schon bei einfachen relietierten Arbeiten eine gewaltige Leistung,
so steigert sich die Kunstfertigkeit ins Unbegreifliche bei Stücken, bei
welchen wie zum Beispiel bei der Gabel mit der freilaufenden Kugel das
Material wie Buchsholz oder Elfenbein bewältigt wurde Abb. 33 und 72.
Diese für Steyr typische Kunst ist in neuester Zeit durch den großen Künstler
und Meister des Stahlschnittes Michael Blümelhuber wieder belebt worden.
Die Griffe der deutschen Messer des XVII. Jahrhunderts stehen zum Teil
Abb. x7. Italienisches Tischmesser, in Eisen geschnittener und vergoldeter Griff, belegt mit Perlrnutter,
XVI. Jahrhundert. Länge 16 Zentimeter
unter dem Einfiuß der nun blühenden Kleinplastik in Elfenbein, Buchsholz
und Bernstein, andrerseits nähern sie sich, besonders gegen das Ende des
Jahrhunderts, den französischen Emailarbeiten. In Sachsen und Bayern
entstand eine eigene Form der Griffe mit großen, nach einer Seite voluten-
förmig ausladenden Hauben Abb. 97 und 100. Eine Handwerksordnung vorn
Jahre 1698 schreibt derartige Griffe bei der Anfertigung der Meisterstücke
vor Ein paar Manns-Messer, so man insgemein Tischmesser nennet mit
Schalen von I-Iirsch-Geweyhen gemacht und mit eisernen sogenannten
Bayrischen Hauben beschlagen; ein paar geblümelter Frauen-Messer mit
gebogenen Riegeln oder gezogenen hohlen Stollen und einer Nied aufgeniedet
und befestiget; noch ein paar Frauen-Messer mit hohlen I-Iäublein oder
Stollen auch ebenfalls gebogenen Riegeln und einer Nied wie diejenige
geblümelte, deren wir gleich jetzo gedacht haben." Eine besondere Gruppe
unter den Messern bilden die kurzen zum Einschlagen oder Einschnappen
gerichteten Messer, welche man entweder in einer Tasche bei sich trug,
oder am Gürtel, in einzelnen Fällen auch an der Halskette hängend befestigte.
Ein frühes Einschlagmesser, das älteste mir bekannte und vermutlich dem
beginnenden XVI. Jahrhundert angehörende Exemplar besitzt die Sammlung
Lamberg Abb. 46. Die Klinge ist blattförmig, ihr Rücken breit und gegen
die Spitze abfallend; die allgemeine Form daher streng mittelalterlich. Der
Griff bei diesen Messern der Einschlag" genannt besteht aus zwei
Abb. xB. Ital. Vor-
schneidmesser, Griff
ausBeinmNerwend.
von Ebenholz, rot.
Marmor u. Goldfolie,
venezß XVI. Jahrh.
Länge 22 Zemim.
Abb. xg. Vorschneid-
messer. Elfenbein-
griff mit aus Silber-
draht eingelegten
ArabeskemitaLXVl.
Jahrhundert. Länge
23-5 Zentimeter
Abb. 2c. Deutsches
Vorlegrnessex Waid-
blan, reich geäme
Klinge und Hom-
schalengritT, XVI.
Jahrhundert. Länge
4o'g Zentimeter
Detail zu Abb. zo
durch Nieten zusam-
menhängenden und
im stumpfen Winkel
gebrochenen Horn-
schalen. Als ich die-
ses Messer in Schloß
Steyr sah, erinnerte
ich mich einer mitTu-
sche lavierten Feder-
zeichnung der Samm-
lung Gutekunst, aus
der sie Freiherr A. v.
Lannaerworben hat
Zwischen zwei Renaissancesäulen steht eine Dame mit großem Federhut
als Schildhalterin, ein großes Messer in der Linken haltend Abb. 47. Das
Blatt gehört der Nähe des Hans Baldung Grien an und dürfte zwischen
1515 und 152 entstanden sein. Unser Interesse an der Handzeichnung
lokalisiert sich jedoch auf das an der Klinge des großen Messers dargestellte
Einschlagmesser, welches sowohl hinsichtlich der Bildung des Griffes als auch
in der Form der Klinge mit dem vorerwähnten Exemplar der Sammlung in
auffallender Weise übereinstimmt. Es stammt vermutlich aus Trattenbach
im Ennstal, dessen Klingenindustrie bereits im XIV. Jahrhundert Erwähnung
findet und später durch die Herstellung von Einschlagmessern, der noch heute
dort massenhaft erzeugten Taschenfeitl", Weltruf erlangte.
Messer mit mehreren einschlagbaren Obst- und andern Klingen, denen
auch häufig Zahnstocher und Ohrlöffel angereiht wurden, waren besonders
im ersten Drittel des XVI. Jahrhunderts vielgesuchte Dinge, und so haben
sich sowohl Messerschmiede als auch Goldschmiede an deren Herstellung
beteiligt und große Künstler widmeten ihnen ihre Entwürfe. Bezeichnend ist
der schöne Stich Aldegrevers aus dem Jahre 153g, auf dem ein derartiges
Universalgerät nebst zwei reich verzierten Löffeln dargestellt ist. Die Abbil-
dung des Entwurfes in dieser Zeitschrift XIV. Jahrgang, Seite 378 bei Be-
sprechung der Goldschmiedesachen der Sammlung Figdor durch
Rosenberg enthebt uns von einer Reproduktion des Stiches an
dieser Stelle. Das Exemplar bei Figdor ebendort abgebildet
trägt die Inschrift Warhait macht Neid" und läßt sich nach
Bayern lokalisieren. Zum Vergleich des Figdorschen Exemplars
wäre in erster Linie das Bildnis des Hans von Schönitz,
gemalt von Melchior Feselen, heranzuziehen Abb. 48. Das
Gerät mit Einschlagklingen, welches Schönitz an der Halskette
trägt, steht dem Exemplar bei Figdor viel näher als der Alde-
greversche Entwurf, sowohl hinsichtlich der Form als auch hin-
sichtlich der Herkunft, die durch den Wirkungskreis Feselens
bestimmt wird. Beide Exemplare, das der Sammlung Figdor
und jenes auf dem Bilde Feselens sind übrigens vor dem Stich
des Aldegrever entstanden. Die Renaissance hat auffallende
Formen für die Griffe der Einschlagmesser bevorzugt. Bei dem
vorbesprochenen Typus ist es die aufgerollte Volute, ein Motiv,
welches besonders Holbein liebte. Ein deutsches Schnappmesser
mit stark abgeschliffener Klinge hat einen Griff aus Bronze in
Gestalt eines männlichen Beines in deutscher Landsknechttracht
Abb. 49; ein anderes Exemplar repräsentiert durch die Be-
Abb. n. Tisch- Zeichnung Montauban" eine südfranzösische Form Abb. 50.
gjäsigfrfazz Das XVIII. Jahrhundert beginnt mit großen, Figural aus Buchs-
Lherlropf, XVI. holz geschnitzten Einschlagmessern und geht schließlich in der
Jamimmm" galanten Zeit zu jenen Vielklingenmessern mit Perlmutter- oder
Länge 9-8 Zen- .. ..
timeter Elfenbemschalen uber, die fur unser heutiges Taschenmesser
13
vorbildlich geworden sind Abb.
53 bis 58.
Der Löffel loffel, läffel, das
Gerät zum Laffen oder Schlürfen,
wurde im Mittelalter aus Holz
hergestellt, hatte eine nahezu
kreisrunde Laffe und sehr kurzen
Stiel. Diese ursprüngliche Form
reicht bis nahe an das beginnende
XVI. Jahrhundert heran, und so
finden wir sie noch auf den Holz-
schnitten des Michel Wolgemut
im Schatzbehalter, Nürnberg 1491.
Bei den dort zum Beispiel in der
Hochzeit zu Cana" dargestellten
Löffeln ist der Stiel kaum länger
als der Durchmesser der Laffe.
Der Preis für roo hölzerne Löffel
war im Jahre 1471 15 Groschen.
Mit Ende des XV. Jahrhunderts
werden Löffel bereits auch aus
anderm Material gefertigt, und
wir erfahren, daß Bischof Ulrich
von Freundsberg im Jahre 1493
drei Löffel besaß, von welchen
ainer perlenmutter, der ander
serpentin, der dritt von ainer
schneggen" war. Eiserne LöHel
aber kaum für den Gebrauch bei
Tisch werden r478, solche aus
Silber, vergoldet, 1493 erwähnt.
Dies waren aber Ausnahmen, und
der aus Holz geschnittene Löffel
bleibt, nunmehr mit verlängertem
Abb. 22. Köcher für Messer und Stiel noch über ISO Jahre in Ge"
Vifeßzsnglalilfenbein mit Schnißß- brauch. Da die Schaufel oder
aimsch. xvL-Jahrhimden" LaiTe, welche in der ersten Zeit Abb- 13A "ifmim"
Lange x6 Zenllmßllf ger Vorschneidmes-
fast kreisrund gebildet wurde, das Smlamnhowügmi,
Wesentliche war und der Stiel nur als Nebenteil angesehen Bwnnbßubß- IVIV
wurde, stellte man auch beide Teile aus verschiedenem 1a';'o'?j'fjn';mf;jge
Material dar 1506 ain hultzen Löffl mit ainem großen silbrein
still darauf geschriben Sawm dich nit"; im gleichen Jahre ain serpentin-
stainen löffl mit ainem silbren still vbergult". Dem Serpentinstein rühmte man
die besondere Eigenschaft nach, bei seiner Berührung mit Gift zu zerspringen;
Abb. a4. Deutsches
Tischmesser, ver-
goldeter Bronze-
griff, bekrönt von
ge-Bilgelter Herme,
XVI. Jahrhundert.
Länge 16'5 Zenti-
meter
und so brachte jeder in einer Zeit, in welcher er als gern ge-
sehener Gast seines Lebens nie sicher war, den eigenen Löffel
aus Serpentin mit zur Mahlzeit. Das beginnende XVI. Jahr-
hundert kennt schon eine reichere Ausbildung der Löffel. Die
Laffe bekommt eine mehr ovale oder eiförmige Gestalt; der
Stiel, den man mit der ganzen Hand umfaßte, bleibt dünn, er-
hält jedoch eine größere Länge und eine Sil-
berhülse, bekrönt von einem Zierknauf in Form
eines Granatapfels oder einer Eichel Abb. 59
und 61. Das Holz des Buchsbaumes war
noch immer das bevorzugte Material. Im Jahre
1508 zahlt Anton Tucher für tg puchßpawme
loffel mit silber beschlagen, ieder qn, thut
12 lot zu H. fi. B". Um die Mitte des
XVI. Jahrhunderts tritt die Kleinplastik in ihre
Rechte und so entstehen in deutschen Ländern
jene von Figuren bekrönten Löffel, an denen
die Sammlung Lamberg so reich ist Abb. 63
und 64. Den Löffel aus Silber, der sich für die
Wende des XV. Jahrhunderts durch die kreis-
runde Laffe und den kreuzblumenartigen Knauf
des Stiels charakterisiert, bilden nunmehr die
Goldschmiede der Früh- und Hochrenaissance
zu wahren Kunstwerken aus Abb. 65. Viel-
fach wird dieses Tischgerät von ihnen zu einer
zwei- oder dreizinkigen Gabel mit aufsteck-
barer Löffelschale umgestaltet und zum Ein-
schlagen" gerichtet, so daß wir die erste Form
eines Taschenbestecks vor uns haben. Am
Ausgang des XVII. Jahrhunderts tritt an die
Stelle des dünnen, runden oder kantigen Löffel-
stiels der abgeplattete Stiel, und von da ab
datiert die heute übliche Haltung des Löffels
im Gegensatz zu jener mit voller Hand.
Die Gabel ist das jüngste der drei Tisch-
geräte. Das späte Mittelalter kennt sie als Trinciergabel in der
Hand des Vorschneiders, die Renaissance als Vorleggabel bei
den Mahlzeiten. Spät setzt in Deutschland, im Gegensatze zu
Italien und Frankreich, der allgemeine Gebrauch einer Tisch-
gabel ein kaum vor 1600. Der im XVI. Jahrhundert vielfach
vorkommende Ausdruck forche" so bei der Aufzählung
des Silberschatzes des Herzogs Heinrich von Braunschweig-
Wolfenbüttel bezieht sich auf Vorleggabeln. Die ältesten
Vorleggabeln waren zweizinkig ohne oder mit kurzem Heft
Abb. 25. Deutsches
Messer, aus Horn
und Perlmutter,
schachbrettanigge-
musterter Gritf, be-
krönt von vergol-
deterBronzeherme
vor 160a. Länge
xg'7 Zentimeter
Abb. 26. Deutschen
Vorschneidmesser,
Horngx-ÄH mit Elfen-
beinkopf, vor x6oo.
Länge 26'5 Zenümeter
Abb. 27. Messerscheide,
Buchsbaumholz, ge-
schnitzt, bezeichnet W.
G. W. und 1592. Länge
20 Zentimeter
Abb. 28. Mzaserscheide,
Buchsbnumholz. ge-
schnitzt. bezeichnet W.
G. W. und 1611. Länge
x9'6 Zentimeter
Abb. 29. Schlacht-
messer, Griff in Bein ge-
schnitzt. süddeutsch,
XVL bis XVLLjahrh.
Länge 24-8 Zentimeter
Abb. 30. Holzschnitt das Aufsehneidmesser", deutsches Flugblatt urn 1580
und saßen an langen Stielen. Zwei derartige Gabeln sind im I-Iortus deli-
ciarum derHerrad von Landsberg abgebildet Abb. 3. Silberne Vorleggabeln
erwähnt ein Tiroler Nachlaßinventar aus dem Jahre 1493. Im XVI. Jahr-
hundert werden die Zinken länger, die Stiele dagegen kürzer und die zwei-
zinkige Gabel bleibt die übliche Form für das Transchierbesteck
Abb. 77.
Da die Gabel schon im XIII. Jahrhundert in Italien erwähnt
wird, ist sie vermutlich von dort nach Deutschland herüber-
gekommen, wo sie mit Rücksicht auf eben diese Herkunft
im XVI. Jahrhundert häufig piron" oder pirone" heißt. Da-
neben erscheinen die Bezeichnungen Gaffel", Gabel" und
Gäbelin". Kleinere Gabeln für das Obst finden wir in Italien
bereits um 1500 vor. Sie haben zwei kurze runde Zinken, erst
später solche von abgetiachter Form Abb. 7x. Die forcina per
li frutti der italienischen Hochrenaissance hat drei Zinken, und
um 570 bekommt die norditalienische Fruchtgabel bereits die
geschwungene Form unserer heutigen Silbergabeln. Daß die
Gabel in Verbindung mit einer aufsteckbaren Laffe schon um
die Mitte des XVI. Jahrhunderts in Deutschland erscheint,
wurde bereits erwähnt Abb. 65; aber solche Reisebestecke
waren eben Ausnahmen. Eine eigene Form der Gabel ist jene,
bei welcher sich die eine Zinke zu einer Messerklinge ver-
breitert und mit Schneide versehen ist Abb. 72 und 91. Man
sieht, wie schwer sich die Tischgabel in Deutschland selb-
ständig machen konnte und ihre Trennung sowohl vom Löffel
als auch vom Messer Jahrhunderte brauchte, bevor sie eine all-
gemeine wurde. Vermutlich Frankreich schuf die vierzinkige
Gabel als Tafelgerät, während Italien gleichzeitig die langen
Gabeln mit zwei Zinken abstellte und die kurzen dreizinkigen
an deren Stelle treten ließ. Das seltene Exemplar einer deut-
tätige?" schen Gabel für Beerenfrucht, der zweiten Hälfte des XVII.Jahr-
aus Bronze. hunderts angehörend, ist unter Figur 76 abgebildet. Sie hat
d""sch'"m'6"' zwei messerartig verbreiterte, schief gegeneinandergestellte
Länge x2'5 Zen-
timerer Zinken und bildet daher eine Schaufel.
AbbJmKredenz-
messer, Klinge
ohne Schneide,
deutsch,um 1650.
Länge 22 Zenti-
meler
Abb. 33. Vorschneid-
messer, in Eisen ge-
schnittener Grißßsüd-
deutsch, vermutlich
Stadt Steyr, um 1550.
Länge 274 Zentim.
Abb. 62, und I-Iolbein, der
Das eigent-
liche Besteck, die
Zusammenstellung
von Löffel, Gabel
und Messer zu ei-
nem Ganzen bei
analoger Ausbil-
dung der Griffe ist
erst im XVII. Jahr-
hundert entstan-
den. Wie wir gehört
haben, war es im
späterenMittelalter
üblich, daß sich der
geladene Gast Löf-
fel, weiters Messer
und Gabel mit-
brachte, weil man
einerseits den Ge-
brauch ganzer Be-
steckgarnituren im
Hause des Gast-
gebers nur am I-Iofe
und beim hohen
Adel kannte und
andrerseits bei der
im Mittelalter stark
verbreitetenFurcht
vor Vergiftung der
Gast auf ein ihm
dargebotenes Be-
steck aus begreif-
lichen Gründen ver-
Abb. 34. Vor-
Schneidmesser,
Griff in Eisen ge-
schnitten. süd-
deutsch, vermut-
lich Stadt Steyr,
XVlLjahrh. Län-
ge 2o'4 Zentim.
11
Abb. 5. Mes-
ser, GriH in Ei-
sen geschnitten,
süddeursch,
XVlI. Jahrhun-
dert. Länge
13 Zentimeter
zichtete. Bei deutschen Völkern hat sich die
Sitte der Mitnahme des Bestecks im Hand-
werkerstand bis in das XIX. Jahrhundert, im
Bauernstand, speziell in den Gebirgsgegenden
bis auf den heutigen Tag erhalten. Auf einem
Gemälde von der Hand des Bauernmalers Peter
Breughel des Ältern sehen wir einen Hämischen
Bauern, der seinen Zinnlöffel am Hut trägt
Meister der Entwürfe für Dolch- und Besteck-
scheiden, zeigt uns, wie die Schweizer Frauen ihr Besteck in einem Köcher
am Gürtel trugen. Zu dem Messer in der Scheide gesellte sich eine Gabel
Abb. 36. Vorschneid-
rnesser. Rautengriff
aus Bein, nach oben
in groteskenTierkopf
Einhorn endigend,
deutsch, XVII. jahr-
hunden. Länge 22-7
Zentimeter
und ein Pfriem. Die Sitte des am Gürtel
tragbaren Bestecks war von Einiluß auf die
künstlerische Ausbildung der Geräte und hat
an ihren Griffen, welche aus der Scheide
oder dem Köcher herausragten, das auf-
steigende Ornament begründet. Dieses auf-
steigende Ornament wird im XVIII. Jahr-
hundert aufgegeben, und es tritt die um-
gekehrte Verzierungsweise ein, weil bei den
auf derTafel liegenden Bestecken die Messer-
spitze und die Gabelzinken als der obere
Teil, die Griffe dagegen als der untere Teil
angesehen werden mußten.
Die künstlerische Ausstattung der Griffe
hatte also im XVI. und in der ersten Hälfte
des XVII.ahrhunderts ihre größte Berech-
tigung. Galt es doch, sowohl auf der Straße
als im Hause das Besteck, dessen Griffe aus
dem Köcher hervorragten und daher stets
sichtbar waren, wie einen Schmuck zu zeigen.
Oberitalien bevorzugt die ziselierte Bronze
mit Niello-Einlagen wie das schöne Medi-
ceer-Besteck der Sammlung Abb. 80 und
81. Es kommt vermutlich aus dem Besitz
Cosimos I. de Medici, genannt der Große,
geboren 151g, seit 1538 Herzog von Flo-
renz, 1574 gestorben. Die Griffe sind vier-
kantig, auf den Breitseiten mit Niellen, auf
den Schmalseiten mit Silberplatten belegt.
Die Niellen tragen Darstellungen der ver-
schiedensten Musikinstrumente und das
Wappen der Medici. Aus vergoldeter Bronze
mit ziselienen Akanthusblättern sind die
Wurzeln der Griffe, deren Abschluß nach
oben Kappen aus einem Längswürfel mit
volutenfiirmigem Aufsatz bilden. Die Klinge
trägt in Atzung das Wappen der Medici
die sechs Apothekerpillen und die Bezeich-
nung CyMfDE in einem Ziersehild. Kein
Land ist bei der Form und Ausschmückung
der Griffe so konservativ geblieben wie Ober-
italien, zumal für das XVI. jahrhundert. Die
Griffe sind stets vierkantig, zumeist aus Bronze und belegt
mit Silberplatten, auf denen der ganze Formenschatz der
Abb. 37. Vorschneid-
messer, Griff aus
Buchsholz geschnitzt,
mit Gruppe der Tu-
genden, nieder-
deutsch, XVII. jahr-
hunden. Länge
25-5 Zentimeter
italienischen Renaissance als Arabesken, Trophäen und Grotesken in Treib-
und Ziseliertechnik Verwendung gefunden hat. Die Hauben, das sind die
Abschlüsse der Griffe nach oben, sind in der Regel halbrunde Bekrönungen
mit Voluten Abb. 71 und 81. Es läßt sich kaum eine edlere Form eines
MessergriHes linden als diese, die vermutlich ihre Heimat in Florenz hat, aber
über ganz Oberitalien ver-
breitet war. Die Seestädte,
voran Venedig und Genua,
haben durch ihre Beziehun-
Abb. 38. Werkzeug- Abb. 39. Französi- Abb. 40. Messer, Abb. 4x. Zwei Messer, Bernsteingriffe mit
messer, Buchsholz-
griffm. Reiterligur d.
Kaisers Leopold
süddeutsch, zweite
Hälfte d. XVlLjahrh.
Länge 18' Zentim.
sches Obstmesser,
Goldemailgriff,
zweite Hälfte des
XVII. jahrhun-
derts. Länge 14
Zentimeter
Bernsteingriß" mit
umerlegter Goldfo-.
lie, deutsch, XVXI.
jahrhundert.
Länge x73 Zenti-
meter
Figuren in der Tracht um 1700, die Köpfe
und Hände aus Speckstein geschnitten,
deutsch, vermutlich Steyr-Trattenbaclt.
Länge x76 Zentimeter
gen zum Orientmehr bizarre Formen geschaffen und viel Handels-
ware wie Elfenbein und bunte Steine zur Ausschmückung der
Griffe herangezogen, auch die Ätzung und die Tauschierung der
Klingen weit mehr geübt als die Klingenschmiede
der Binnenstädte Abb. I8 und 82.
Deutschlands Messerer versehen im XVI.
Jahrhundert ihre Griffe mit Schnitzereien aus
Buchsholz. Dieses neben dem Solenhofener
Stein von den deutschen Künstlern der Klein-
plastik bevorzugte Material beherrscht die Form
gebung der Besteckgriffe bis ins anbrechende
XVIII. Jahrhundert. Ganze vollrund gearbeitete
Figuren aus dem zeitgenössischen Handwerken,
Bürger- und Kriegerstande, allegorische Figuren
auf die Wissenschaften und freien Künste, auf
die Tugenden und Laster, Darstellungen der
Heiligen und ganzer Szenen aus der Mythologie
und dem Testament charakterisieren diese
Epoche Abb. 37 und 53. Wie weit hier neben
künstlerischen Erfolgen die minutiöse Arbeit
geht, ersehen wir an zwei Besteckköchern der
Sammlung, welche einem nur nach seiner Si-
gnatur WCW bekannten Meister angehören
Abb. 27 und 28.
Das Elfenbein, im Mittelalter das bevor-
zugte Material, im XVI. Jahrhundert für die
Kleinplastik beinahe in Vergessenheit geraten,
wird von der Spätrenaissance und Barocke
Abb. 42. Mes- wieder stark herangezogen. In Frankreich wer-
S'."E1f"""i"' den viele Bestecke mit Hguralen Griffen her-
griff, deutsch,
um 1700. Län- gestellt couteau imagerie Abb. 75; es folgen
jlezremb die Länder germanischen Stammes, Niederlande
und Deutschland, wo nahezu in jeder Stadt Hel-
fenpeinschneider" sich dieser Aufgabe widmen. Die Früh-
barocke kultiviert diese Art der Griffe weiter, indem sie von
den einzelnen Figuren auf ganze Gruppen übergeht, und
Michael Döbeler, geboren 1635, gestorben 1702, Bildhauer
des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, schafft
das Motiv der übereinanderkletternden Kinder und Putten
Abb. x04 bis x07. Für das westliche Deutschland, Frank-
reich und die Niederlande wurden am Ausgang des XVI. Am 43.romnm9s
Jahrhunderts mehrere Goldschmiede und Kupferstecher die ser, Elfenbeingriif,
Begründer einer ganz neuen Form. Jan Theodor de Bry, dmsch Bwem?
um 1720. Länge
geboren 1561 in Luttich, in Frankfurt 1623 gestorben, der 24 Zentimeter
Abb. 44. Großes Messer,
Horngriif mit bis zur
Zwinge herabreichender
schwerer Bronzehaube,
deutsch, erste Hälfte des
XVIII. jahrhunderrs.
Länge 40-7 Zentimeter
Lehrer Sandrarts, hatte schon von seinem
Vater Theodor de Bry, mit dem er auch
viel gemeinsam arbeitete, die Liebe für
den Ornamentstich und dessen Verwer-
tung bei der Ausbildung des Kleingerätes
übernommen. Jan Theodor lieferte eine
Folge von vier Blatt mit zwölf Messer-
heften, weiters Les Manches de coutiaus
avecque les feremens de la gaine" und
zwölf Blatt Neuwe Messerhauben". Be-
zeichnend für seine Entwürfe ist die reich
durchbrochene Bekrönung der Griffe, in
die er mit bewunderungswürdiger Be-
herrschung des Stichels kleine Putten,
Engelsköpfchen, dann allerhand Tiere,
mit Vorliebe Eichhörnchen und Seepferde
hineinkomponiert. Die Breitseiten der
Griffe füllt er mit Darstellungen aus dem
Testament oder den Allegorien und Per-
sonitikationen der Elemente, Tugenden
und Künste, die Schmalseiten mit fran-
zösischen oder lateinischen Sprüchen.
Was ihm an Raum erübrigt, schmückt
er mit Grotesken, für die er eine uner-
schöpfliche Erlindungsgabe äußert Abb.
83. Diese von Jan Theodor de Bry ge-
stochenen Entwürfe wurden von den hol-
ländischen, französischen, flämischen und
rheinischen Silberschmieden stark benutzt
oder direkt kopiert Abb. 84. An den
Schmalseiten der Hefte, für welche der
Künstler Inschriften vorgesehen hatte,
wird der Name des Eigentümers ange-
bracht. So trägt ein Besteck der Samm-
lung die Bezeichnung Mechtell Lower
Maens", ein Damenmesser den Namen
der Besitzerin Clara Bex" Abb. 85.
Das eben erwähnte Damenmesser
leitet zu den Entwürfen eines zweiten
Künstlers hinüber, der mit de Bry ziemlich
gleichzeitig arbeitete und beinahe iden-
tische Vorlagen zu ziselierten Silbergriffen
schuf. Es ist Crispin de Passe der Ältere,
zu Armuyden auf Zeeland um 56 geboren,
Abb. 45. Schabmes-
ser Radiermesser,
Griff aus Elfenbein
und Bütfelhorn, ge-
ätzte Klinge, italie-
nisch, XVlI. jahr-
hunden. Länge 227
Zentimeter
Abb. 46. Einschlagmesser, primitiv, Griffschalen aus Horn, beginnendes XVI. Jahrhundert, Sreyr-
Trattenbach. Länge 19-5 Zentimeter
im Jahre 1585 als Meister copersnyder in die Antwerpener Gilde aufgenom-
men, um I6I3 in Utrecht tätig und 1637 gestorben. Es werden ihm gesto-
chene Entwürfe für Messerhefte zugeschrieben, deren Hauben oder Bekrö-
nungen noch reicher durchbrochen erscheinen als jene auf den signierten
Blättern des de Bry Abb. 86. Daß letzterem der Vorrang gegenüber Crispin
de Passe gebührt, ist schon durch dessen umfangreiches Werk, die große
Anzahl der Entwürfe beglaubigt. Im übrigen war ihm de Bry um vier Jahre
voraus. Aber noch ein drittes Moment spricht für die Entstehung der Form
im Kreise der Familie de Bry. Ein Messer mit derartigem SilbergriH trägt die
Abb. 47. Lavierte Federzeichnung aus der Nähe des Hans Baldung Gnen, um 1520
Abb. 48. Melchior Feselen, Bildnis des Hans von Schönitz lSammlung Marcuard in Florenz!
Abb. 49. Einschlag-
messer, Bronzegriff in
Gestalt eines Beines in
deutscher Lands-
knechttracbt. cbirurg.
Messer eines Feld-
schers. deutsch, XVl.
jshrh. Länge Ztm.
Abb. 5a. Einschlag-
messer, Eisengriß,
vergoldet, mit Gra-
vierungen. bezeich-
net A. Montauban,
französisch, XVII.
jahrhundert. Länge
im Zentimeter
Abb. 5x. Rasier-
messer, Griff in
durchbrochener
Arbeitausweißem
Bein, spanisch,
XVll. jahrb.
Länge geöffnet
25'8 Zentimeter
Abb. 52. Messer z.
Einschlagenßisen-
griff mit in Gold
tauscbierten jagd-
szenemsüddeutscb,
zweite Hälfte des
xvn. jahrh. Länge
15-7 Zentimeter
Abb. 53. Messer
zum Einschlagen,
Griff aus Bucbsholz
geschnitzt, deutsch,
XVlIIJahrbundert.
Länge geöffnet 15
Zentimeter
heber dieser Form zu bezeichnen und das Messer seiner Werkstätte zuzu-
schreiben. Er hat uns nur Entwürfe zu Garnituren für Degen und Dolchgriffe
hinterlassen, daß aber sein Sohn gerade diese Form der Griffe mit auffallen-
der Liebe behandelte, mag ein Beweis dafür sein, daß er als Fünfzehnjähriger
solche Arbeiten in der Goldschmiedewerkstatt seines Vaters sah.
Wir kommen nun zu einem dritten Goldschmied, der auf
die Formenentwicklung der Besteckgriffe direkten Einfiuß
nahm, auf Michael le Blon. Er war gleichfalls Kupferstecher,
wurde 587 zu Frankfurt geboren und starb 16 56
in Amsterdam. Als geborenervFrankfurter und
alsVetter des Joachim von Sandrart, des Schülers
von Jan Theodor de Bry, stand er diesem nahe
und hatte wahrscheinlich bei ihm gelernt. Lc
Blon kam um 1630 für kurzen Aufenthalt nach
Florenz und Rom, später nach London und
war dann bleibend in Amsterdam wohnhaft. Seine
Stiche sind biblische und historische Darstellun-
gen, Wappen, Arabesken, vornehmlich aber
Vorlagen für Goldschmiedearbeiten, wie Damen-
schmuck, Uhrgehäuse, Messergriffe und anderes.
Die Entwürfe zu Messerheften zeigen eine
eigentümliche, nach einer Seite volutenartig aus-
ladende Form Abb. 87. Diese Ausladung ist
für die hohle Hand bestimmt und steht daher
bei richtiger Zusammenstellung des Messers auf
der Seite des Klingenrückens. Wie seine Vor-
gänger entwirft le Blon durchbrochen gearbei-
tete Hauben und bedeckt die Breitseiten der
Griffe mit Zeichnungen für Ziseleure. Eine seiner
Vorlagen mit Darstellung einer Ranke, in die
er einen Jagdhornbläser, Hirsche, Hunde und
Vögel hineinkomponierte, ist durch den Künst-
ler selbst oder durch einen Silberschmied zur
Ausführung gekommen Abb. 87 und 88. Mi-
chael le Blon entwarf weiters Besteckgriffe,
deren Breitseiten durchwegs mit Arabesken
verziert sind Abb. 89. Diese Vorlagen sind
unter den bisher genannten entschieden die
schönsten; ob aber nach diesen auch wirklich
Griffe gearbeitet wurden, ist mir nicht bekannt.
Von le Blon die Form der Hefte, von
Johann Theodor de Bry die Vorliebe für Eguren-
reiche Darstellungen entlehnend, steht der Am-
sterdamer Hendric Janssens zeitlich als letzter
in der Reihe jener Künstler, welche für das
Besteck der Renaissance Entwürfe geliefert
haben. Der Höhepunkt seiner Tätigkeit fällt in
die Zeit um 1630. Zierstreifen mit Blätterwerk
und Vögeln, Figuren und Tiere im Laubwerk,
Abb. 54 und 55. Messer zum Einschla-
gen, Griff aus Buchsholz geschnitzt,
deutsch, XVIJ. Jahrhundert. Länge
geöffnet 22 Zentimeter
I-Iirschjagden im Ran-
kenwerk, Vögel im Or-
nament von der größ-
ten Feinheit sind seine
Lieblingsarbeiten. Er
hat eine Folge von
sechs Blatt mit Messer-
und Gabelheften, wel-
che mit Figuren im
Laubwerk verziert
sind, geschaffen und
bei Claes Jansz Viss-
cher erscheinen lassen
Abb. 90.
Wir haben nun
gesehen, wie auffallend
stark sich die Beteili-
gung niederländischer
Künstler an der For-
menentwicklung des
Bestecks der Spätre-
naissance äußerte. Aus-
Abb. 56. Vielklingenmesser. Taschen-
Abb. 57.
Abb. 58. Taschen-
Silbergriff mit Perlmutter,
deutsch, ausgehendes
XVIII. Jahrhundert. Länge
geöffnet x21 Zentimeter
messer mit sechs
lGingen, Perlmutter-
griff in Gestalt einer
Wanduhr mit Uhr-
werk, engl" um 1800.
Länge 9'5 Zentim.
rnesser. Perlmuner-
schalen mit Stief-
mütterchen in Gold-
email, französisch.
nach xßoo. Länge
g'5 Zentimeter
gegangen ist sie von
dem Goldschmied
Theodor de Bry und
nahezu ein vollesjahr-
hundert hat sie ange-
halten. Wir haben ihr daher auch hier einen breiten Raum widmen müssen.
Frankreich und das westliche Deutschland standen vollständig unter dem
Einfluß dieser Vorlagen.
Hatte sich das deutsche Besteck hinsichtlich einheitlicher Ausbildung
bisher nur auf zwei Geräte, auf Messer und Gabel beschränkt, so tritt mit
dem Beginn des XVII. Jahrhunderts der Löffel hinzu. Durch eine analoge
Ausstattung seines Stiels wird der Löffel ein integrierender Bestandteil des
Bestecks. Die Sitte, das Eßgerät am Gürtel zu tragen, war teils aus eigenem
abgekommen, teils wurde sie aus Anlaß von Mißbräuchen wie in Italien
behördlich aufgehoben. Es entstand das Besteck zum Einschlagen"
das spätere Reisebesteck, welches nun in der Tasche getragen werden
konnte. Eigentliche Besteckgarnituren, das heißt ganze Folgen gleich-
geformter und in gleicher Weise ausgestatteter Bestecke gab es wohl schon
im XVII. jahrhundert; allgemeinere Verbreitung fanden sie jedoch erst im
folgenden. Hierzu hat viel das Zurücktreten der Arbeit des Einzelnen vor
der schon mehr fabriksmäßigen Massenerzeugung wie beispielsweise der
Porzellangriffe, dann der Griffe aus Hom- und Holzschalen durch ganze
27
Arbeiterkolonien beigetragen. Im XIX. Jahrhundert hat das Kunstgewerbe
seine Beteiligung an der weiteren Ausbildung der Bestecke im großen und
ganzen aufgegeben und dem deutschen und englischen Stahl die Sorge für
die Qualität der Klingen überlassen.
III I0
III
Wenn wir nun von den großen Städten der Messerschmiedekunst nur
eine mit Rücksicht auf den hier zulässigen Raum für eine historische Bespre-
chung herausgreifen können und uns hierbei für die Stadt Steyr entscheiden,
erfüllen wir nicht nur eine Pflicht gegenüber dem Entstehungsort der Lam-
bergschen Sammlung, sondern werden damit auch der bedeutendsten Pflege-
stätte deutscher Klingenschrniedekunst gerecht. Aus Deutschland Solingen
und Schmalkalden und aus
Siebenbürgen kamen gute
Klingen, aber kein Land hat
Abb. 59. Gotischer Holzlößel mit Abb. 60. Gotischer Silberlöffel, Mei- Abb. 5x. Gotischer Holzlößel, Silber-
Silberstiel, sllddeutscb, um 1500. sterzeichen I. E., süddeutsch, erstes hiilse mit wappenhallendem Löwen,
Länge 15 Zentimeter Drittel desXVLjahrbundertsLän- süddeutsch, erste Hälfte des XVl.
ge 13 Zentimeter Jahrhunderts. Länge 15 Zentimeter
4x
"solche Berühmtheit erfahren wie Österreich, wo Steyr einen Weltruf erlangte.
Hier wurden die besten Klingen erzeugt, wenn auch die weitere Verarbeitung
zum größten Teile andern Ortes, so namentlich in Nürnberg, Wien, Augs-
burg und Basel erfolgte. Viele Ausländer bewerkstelligten mit Gewinn den
Verkauf Steyrer Klingen. So ist der Nürnberger Kunz Horn, welcher in Steyr
Messer nach Venedig handelte, in kurzer Zeit zu großem Vermögen gelangt,
und Hans Horst von Cöln handelte in Nürnberg am Ausgang des XVI. Jahr-
hunderts mit Steyrer Eisenwaren. Viele Steyrer Bürger unterhielten ganze
Faktoreien für Klingen in Venedig. Von dort erfolgte der weitere Verkauf an
die Städte Italiens, welches wohl einen ganz bedeutenden Prozentsatz seiner
Klingen aus Steyr bezogen hat. Das Gebiet der Klingenindustrie in Steyr
umfaßt mehrere nahegelegene Ortschaften und die Stadt selbst. In Tratten-
bach im Ennstal und den Ortschaften des Wendbachtales hat die Eisenbear-
beitung und speziell die Klingenerzeu-
gung jahrhundertelang eine Heirn- und
Betriebsstätte gefunden. Die heute noch
in Trattenbach blühende Erzeugung von
kurzen breiten Messern zum Ein-
schlagen", -im Volksmunde Taschen-
feitln" genannt, ist wahrscheinlich
ebenso alt wie die Ansiedlung selbst.
Erwähnt wird sie bereits zu Anfang des
XIVJahrhunderts, und in das Jahr 1486
fällt eine Entscheidung des Nürnberger
Rates dahin, daß dem Scharsach-
Schmied" Hans Lukas in Nürnberg die
Herstellung bis zu 100 Klingen in der
Woche zu bewilligen sei. Hans Lukas
war Trattenbacher und hatte der Schar-
schacher oder Steinbacher Messer-
innung angehört, die das aus den Reich-
raminger Eisenwerken bezogene Eisen,
welches Scharschach" genannt wurde,
zu Klingen verarbeitete. Ein frühes
Trattenbacher Einschlagmesser wurde
bereits besprochen Abb. 46. Von
späteren Trattenbacher Messern ist eine
große Reihe vorhanden, bis zu jenen
kleinsten Kunstwerken, welche im XIX.
Jahrhundert und auch heutigen Tages
noch als Erinnerung an Trattenbach in
großen Mengen Absatz finden. Im
Abb.6 mäldeDorfkir
wem. fmwfiffujjäfj?Äf15,;,,5,9, Kaisir- XVILJahrhundert trachteten die Schar-
lich Gemäldegalerie in Wien schacher Klingenschmiede, weil sie mit
den Steinbacher Messerem fortwährend in Streit lagen, von dieser Innung
loszukommen und erreichten tatsächlich im Jahre 1680 durch Johann Max
Reichsgrafen von Lamberg, Herrn der Herrschaft Steyr, diese Trennung,
weil die Trättenpächer schon vor Jahren, Ja bald von der Zeit an, als Sie
zu der Zunft in Stainbach sindt- hinzurgesöllet worden in Zwitracht und
processen mit einander gstandten und weillen die Trättenpächer sich beraith
endtschlossen, ehe und bevor sie mehr mit gedachter Mösserer Zunft heben
und legen, lieber gahr außer Landts zustehn, welches nit allein unserer Herr-
schaft Steyr und andern Intereßierten Grundtobrigkheiten sondern dem
ganzen Landt und Ihro Kayl. Mayl. selbst zu Nachttheil und schaden ge-
raichte". Aus diesem Artikelbrief lesen wir die große Bedeutung der Tratten-
bacher Messerindustrie für den Handel nach dem Süden und Norden, der
eine solche Rolle spielte, daß
unverhohlen das Interesse des
Kaisers an der Beseitigung der
Zwistigkeiten in der Innung
zum Ausdruck kam. Die Schar-
schach-Meister bildeten also
von 1680 an eine eigene Innung,
wählten selbständig ihre Zech-
und Viermeister und so ent-
stand ein Ausnahmsverhältnis,
wie es die Geschichte der Hand-
werke selbst in den gewerb-
Beißigsten Städten kaum für
einen zweiten Fall kennt, daß
sich nämlich ein und dasselbe
Handwerk in mehrere Innun-
gen gliederte. Neun Jahre nach
dieser Trennung wählen sich
die Scharschacher Klingen-
schmiede neue Werkstattzei-
chen, um ihre Erzeugnisse von
jenen der Steyrer und Stein-
bacher Handwerksgenossen
zu unterscheiden. Die Innungs-
tafel aus Blei mit den einge-
schlagenen Meisterzeichen von
1689 istuns erhalten undEigen-
tum des städtischen Museums
in Steyr Abb. 108. Damals
Abb. a3. Holzlöifel, als smi zählten die Scharschacher Abb-M Hvlllöffvlv als Slißl
die Figur eines Arkebusiers, die Figur eines Transchier-
süddeulsch, um 1550. Länge alle"! 39 Meister" lm-Iahre meisxersßüddeutschmmx5Eo.
15-3 Zentimeter deren noch 29. Hatten am AUS- Länge r5'7 Zentimeter
diese Kombination mit dem Buchstaben allgemein und sind von da ab
Abb. 65 und 66. Silhergabel mir aufsteckbarer LöHel- Abb. 67. Silberlöffel, an der Wurzel des Stiels leeres
schale, in einem Scharnier einschlagbar, französisch, Wappenschild, darüber Z. M., deutsch, zweite Hälfte
zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Länge x5'5 Zen- des XVI. jahrhunderts. Länge 23 Zentimeter
limeler
die Scharschacher Klingen als solche unverkennbar. Der gute Ruf der Tratten-
bacher Klingen brachte viele auswärtige Bewerber um Mitrneisterstellen bei
dieser Innung. Heute erzeugen die 17 Meister des Tales etwa acht Millionen
Taschenmesser jährlich und beschäftigen 40 Drechsler mit der Herstellung
der zugehörigen Holzgrifie. Ein zweites Zentrum der Steyrer Klingenindustrie
war Kleinrarning mit eigener Innung. Die Daten hierüber danke ich den
heimatkundlichen Forschungen desProfessors Anton Rolleder. Während unter
der Rörnerherrschaft in Noricum Lorch bei Enns der Sitz der Eisenindustrie
Abb. 69. Hostienlöiel, Holz. ge-
schnitzt, völlig mit figürlichen Dar-
stellungen und erklärenden Bei-
schrifxen bedeckt, bezeichnet 166g.
deutsch. Länge 19-7 Zentimeter
war und dieses sich in
erster Linie mit der Her-
stellung von Schilden für
die römischen Legionen
betätigte, ging unter den
steirischen Otakaren die
Führung an Steyr über.
Abb. 65. Löffel aus Elfen-
bein, mit der Reiterfigur
des Marcus Curtius. Länge
Zentimeter
Abb. 69. HostienlölTel, Holz, ge-
schnitzt, völlig mit figürlichen Dar-
stellungen und erklärenden Bei-
schriften bedeckt, bezeichnet 156g.
deutsch. Länge x97 Zentimeter
Das Eisen kam vom Vordernberg und Innernberg teils auf der Enns, teils auf
kurzen Saurnpfaden nach Oberösterreich. Die Handwerke der Waffen-
schmiede und Messerer fanden in Steyr besondere Förderung und nahmen
in der Folge unter den Habsburgern einen mächtigen Aufschwung. Privi-
Abb. 70. LöHel zum Einschlagen, Eisenstiel mit Gold tauschiert, Passauer Beschauzeichen, XVIII. Jahrhundert.
Länge x7'8 Zentimeter
legien, betreffend den Bezug und die Zufuhr des Eisens sowie den Handel
mit den daraus verfertigten Waren, folgten einander. Als Klingenschmied-
Werkstätte ging Kleinraming an der Spitze, wobei es seine Verbindung mit der
eigentlichen Eisenstadt Steyr nie aufgegeben hat. Die im Handel alsSteyrer
Klingen" gehende Ware. waren zum großen Teil Kleinrarninger Klingen.
Herzog Albrecht I. bestätigte 1287 der Stadt Steyr ihre alten Frei-
heiten mittels eines Privilegiums, dessen Bestimmungen auch auf
die Schmiede in Raming Bezug nahmen, und Herzog Albrecht III.
begabte im Jahre 1373, wie wir der Konfirmation der In-
nungsbriefe durch Kaiser Ferdinand II. vom Jahre 1629 ent-
nehmen, die Maister der Klingenschmidt und Schleiffer
Hantwercks in der Räming und Thanpach gemeiniglich, und
um den Burgfried zu Steyr in zwain Meilwegs gesessen und
wohnhafft" mit einer Handwerksordnung, welche Kaiser
Friedrich I44g und Ferdinand I. 1530 bestätigten. Die Klin-
genschmiedinnung wird in den alten Urkunden eine Dreyer-
Werchstatt" genannt, weil in ihr drei Handwerke vereinigt
waren die Klingenschmiede, die Schleifer und die Messerer.
Letztere fertigten die Hefte aus dem verschiedensten Ma-
terial und gaben die fertige Ware an die Verleger ab, welche
sie in den Handel brachten, vornehmlich auf die Märkte in
Pest und Brünn, von wo die Ausfuhr an die untere Donau
und in die Türkei, beziehungsweise nach Polen und Rußland
erfolgte. Die älteste vorhandene Urkunde, die Kleinraminger
Klingenschmiede betreffend, stammt aus dem Jahre 1497
und betrifft einen Streitfall zwischen Meister und Gesellen,
wobei dem Meister Fryaze zu Sierninghoffen" das Recht
zugesprochen wurde. Streitigkeiten hinsichtlich der Preise
des Frimmzeuges, das heißt des Rohmaterials, entscheidet
Kaiser Ferdinand I. im Jahre 1526 dahin, daß die Radmeister
bei den bayden Pergen, des Vordern und Inner Eisen-
ärztes" den Hammermeistern das Raucheisen und das ge-
schlagene Eisen nicht höher als zu dem festgesetzten Preise Am 7h Italienische
verkaufen dürfen. Nach Auflösung des Schwäbischen Bundes Obstgabeln, XVI.
wanderten mehrere Messerer im Jahre 1534 aus Schwaben Jünmmw" un"
Zentimeter und
nach Klemraming ein; es waren die Vorfahren der Messer- 13 Zentimeter
Abb. 7. Gabel in
Eisenschnilt, im GriH
frei bewegliche Ku-
gel, die eine Zinke
rnesserarr. verbreitert,
SteyrP, XVII. jahrh.
Länge r7'5 Zentim.
Abb. 73. Vene-
zinnischeGabel,
GriE aus Elfen-
bein. um 1600.
Länge 22 Zen-
tirneter
Obstgabel
zum Einschlagen, Griß
aus Muschel mit Sil-
bermontierung, fran-
zösisch, XVII. Jahr-
hundert. Länge 15 Zen-
timeter
Abb. 74.
Abb. 75. Gabeln mit Elfenbeingriü", fran-
zösisch, erste Hälfte des XVIII. jahrhun-
derts, Länge 16-6 Zentimeter und x8'5 Zen-
timeter
Steinbacher lnnung loslösten, wollten sich 1582 die Klingenschmiedmeister
in Darnbach von der Raminger Innung trennen. Damals hatte Dambach
bereits 87 Meister, Raming dagegen nur 66. Die Vorstellungen der Raminger
Meister gegen eine Trennung hatten beim Burggrafen und beim Eisenobmann
Abb. 75. Obstgabel mit
breiterhschaufelförmigge-
stellten Zinken, Bernstein-
g-riE, deutsch, um 1580.
Länge 16 Zentimeter
Abb. 77. Große Vor-
leggabel, Elfenbein-
griff. deutsch, urn
1700. Länge 32 Zen-
timerer
Abb. 78. Gabel, der Grill
aus Sxeinbockhom, Steier-
mnrkP, um 1700. Länge
18-3 Zentimeter
Abb. 79. Gabel. Silber, mit
Grill" aus Steinbockhorn,
Meisterzeichen des Abra-
ham Winlrhler in Augsburg.
r768. Länge 21-7 Zernim.
in Steyr Erfolg und so blieb es bei der vereinigten Dambacher-Raminger
Innung. Als auf dies hin die Meister in Dambach ihre Klingen größer und
schwerer schmiedeten, um die Rarninger Klingenschmiede niederzulegen,
kam die Angelegenheit bis vor Kaiser Rudolf II., der im Jahre 1588 endgültige
Bestimmungen hinsichtlich der aufzu-
schlagenden Zeichen und der Schwere
der Klingen und Model des Gesenkes traf.
Während der Gegenreformation mußten
viele lutheranisehe Schmiede, Messerer
und Klinger das Land verlassen, wodurch
elf steirische Hammerwerke eingingen.
Im Jahre 1625 wurde die Innerberger
Eisenerzer Hauptgewerkschaft gegrün-
det und die Meister des Klingenschmied-
handwerks in der Räming und Than-
pach" erhielten 162g einen neuen Innungs-
brief. Die Zeit 1645 bis 1713 bedeutet für
Raming eine der günstigsten Epochen;
dann kam auf Jahre hinaus infolge der
großen Pest eine Zeit des Stillstandes und
der Verarmung, da die Nachfrage aus dem
Ausland eine minimale war. Von 1820 bis
1850 konnten dagegen die Raminger Mes-
serschmiede den reichlichen Bestellungen
oft nicht nachkommen und es gab wieder
Arbeit in Fülle. Die Herberge der Klingen-
schmiede war im XVI. und XVII. Jahr-
hundert die Stöger-Taverne, seit 1785 die
Leutner-Taverne; der Kirchgang erfolgte
in die Pfarrkirche St. Ulrich. Lehre mit
Lust, was Du gelernt hast!" war der Wahl-
spruch des Handwerks.
Auch in zahlreichen Orten an der
Steyr wurden bereits im Mittelalter Mes-
serklingen erzeugt. Die Eisenindustrie ist
hier jedoch weit älter und geht in Neu-
zeug auf die Zeiten der Römer zurück,
welche die Wasserkraft des Flusses zum
Schleifen ihrer Schwerter ausnutzten. Das
Jahr 1491 nennt unter den Klingenschmie-
den von Neuzeug Tyboldt Möltell, Peter
Weindel, Klain Weindel, Jörg Ewerl,
Thomann Schaufller, Hermann Schauffler
und Lienhart Wysser. Die Neuzeuger ge-
hörten zur Steinbacher Klingenschmiede-
zunft, bei welcher sie sich der Anerken-
nung ihrer Klingenmarken brieflich ver-
sicherten. Als Beispiel hierfür diene ein
33
Abb. So und 8x. Besteck Messer und Gabel des
Herzogs Cosimo de Medici r5x9-r574, ver-
goldete BronzegriHe, mit Nielloplatten belegt,
Borentinisch, um 1550. Länge des Messers
26 Zentimeter, der Gabel 22 Zentimeter
5x
derartiger Zeichenbrief für den Messerer Josef Helm in Sierninghofen Wir
Zöch- und Viermaister aines ganzen Ersamben Handtwerch der Messerer,
Clingenschmidt und Schleuffer Werchstatt Stainbach, Landes Österreich ob
Abb. 82. Damen-
besxeck Messer und
Gabel, Bronzegriffe
mit Perlmuuerbelag,
Klinge und Zinken mit
Silber lauschiert, im-
lienisch,Ende des XVI.
Jahrhunderts. Längen
151 Zentimeter und
17-5 Zentimeter
der Ens, Bekhennen hiemit von Handtwerchs Wegen mit
dissen offen Brieff, wo der zu vernehmen fürkhombt, dem-
nach vor Uns erschinen ist der Erbare Joseph I-Ielmb in
Sieringhoffen, der gabe uns in gehorsamb zu vernemben
was maßen Er ihme von Einem Ersamben Handtwerckh
Ein Messerzaichen erkhaufft habe, das Lateinische mit
dem I-Ia, wie dann solliches hierinnen Begriffen III stehet,
umb einen ganzen Kauifschilling khaufflichen an Sich ge-
bracht habe und bittet ihme Hieriber Einen ordentlichen
zaichen Brieff aufzurichten, darauf geben wir sollichen ge-
waldt, dass Vorbemelter Joseph Helmb und Susanna sein
Hausfrau und ihren Bettenerben solliches Messerzajchen
das Lateinische mit dem I-Ia auff Ihre Messer Clingen
auffschlagen Mugen etc. etc. Zeugen der Sach umb des
gebottes der Färttigung sind die Erbaren Hannß Wolff
Ludwig und Michael Mathiaß Strasserer, bede mitmaister,
Beschehen und geben in Stainbach bey Herrn Johann
Michael Mäuserer, derzeit bemelten Handtwerckhs Zäch-
meister, den 2. Februarr in 1745 Jahr."
Die Zeichen der einzelnen Meister wurden dann noch
in das bei der Eisenobmannschaft in Steyr geführte Marken-
buch eingetragen, wie dies auf der Außenseite des vorhin
wiedergegebenen Zeichenbriefes vermerkt ist Heunt dats
ist gegenwärttiger zaichen briefbey der Landtsfürstl. Eisen-
obmannschafft produciret und in das zaich Buch fol. 56.
aingetragen worden. Steyr 3. April 1745. Königl. Eisen-
oberambts Canzley." Eisenobrnann Karl Josef Seywitz von
Muggenthal hatte dieses Zeichenbuch im Mai desJahres 17 38
anlegen lassen, weil vorhin kein zeichen Buch bey dem
Ober-Amt gehalten, solches iedoch zu Behebung deren
Villföltig Entstandenen Differentien und Strittigkeiten ohn-
umbgänglich erforderlich zu seyn befunden worden ist".
Neben diesen Eintragungen bei der Eisenobmannschaft er-
folgte dieselbe auch bei der Innung durch Einschlagen in eine
Bleitafel Abb. 10g. An der Spitze der Tafel ist das Abzei-
chen der Steinbacher Klingenschmiede, eine Krone mit drei
durchgesteckten Schwertern, angebracht. Hierauf folgen die
Meisterzeichen, 248 an der Zahl, von welchen bereits 220
bei der ersten Anlage der Tafel unter Zechmeister Johann Georg Ludwig im
Jahre 1763 in Verwendung standen. Die Erzeugnisse sämtlicher bisher ge-
nannten Betriebsstätten, unter welchen Kleinraming und Dambach die besten
JI
Messerklingen, Trattenbach und Stein-
bach die Scharschacher Messer lieferten,
gingen im Handel unter der allgemeinen
BezeichnungSteyrer Klingen", weil von
Steyr aus hauptsächlich über Sieming-
hofen der Vertrieb erfolgte und in der
Abb. 84. Besteck
Messer und Gabel,
SilbergritTe mit Gra-
vierungen, nach jo-
hannTheodor de Bry,
holländisch, zweite
Hälhe des XVL jahr-
hunderts. Länge
x71 Zentimeter und
15-7 Zentimeter
Stadt selbst zahlreiche
Werkstätten der Klin-
genschmiede und Mes-
serer an der Gesamt-
produktionteilnahmen.
Das Archiv in Steyr
verwahrt die Originale
der Clingenschmidt
zu Steir Hanndtwerchs
Ordnung" vom 4. Sep-
tember 1559 und der
Messrer Gesellen zu
Steyr Ordnung" vom
Jahre 1535. Aus ihnen
entnehmen wir, daß
Österreich fünf Haupt-
Werkstätten der Klin-
generzeugung zählte
Wien, Steyr, St. Pöl-
ten, Wels und Waidhofen an der Ybbs. Für die Güte der
österreichischen Klingen spricht das Verbot des Nürnberger
Rates an die dortigen Messerer, den österreichischen
Schild auf die Klingen zu schlagen oder schlagen zu lassen,
wogegen er es nicht verwehrte, wenn jemand sich aus
Österreich und Steyr Klingen bringen ließ. Über die Preise
orientieren die Rechnungsbücher des Stiftes St. Florian,
wo die geistlichen Herren des öfteren in Steyr Messer zu
Geschenkzwecken erwarben; so 1603 bei Meister Grain-
berger Messer zum Verschicken und zu Verehren um
15 Gulden Sch., item um Messer so mit Perlmutter ein-
gelegt IÖ Gulden". Zwölf Steyrer Messer gar saubere"
kosten auf dem Linzer Markt anno 1625 Gulden; 12 Ga-
beln, welche der Messerer Sebastian Windtinger in Steyr
fertigte, werden diesem mit Gulden bezahlt. Im Jahre
1633 liefert der Messerer Stephan Weidinger in Steyr
Messer, das Paar zu 12 Kreuzer. 1652 kosten vier Paar
schöne Messer Gulden, 1658 acht Paar Messer mit elfen-
beinernen Schalen Gulden.
Abb. 83. Entwurf zu einer Messerhaube, Kupfer-
stich des Johann Theodor de Bry 1561-1623
Ornarnentstichsammlurig des Österreichischen
Museums
Abb. 85. Damen-
messer, Silber-
grifT mit Gravie-
rungenimCharak-
ter der Arbeiten
des johannTheo-
dor de Bry, be-
zeichnet 1576.
Länge 17'! Zen-
zimeter
hundert Murrater behaimisch clingen, und ain-
hundert Reinischer grübl halb pallot, und halb
gespizig. Und die Maister sollen die Modl ge-
ben, und wann Er die stugkh also zumachn
anheben will, soll er den Viermaistern zu
Ersten ansagen, die Im zueschauen, dass Er
Das Original der Handwerksordnung der Klingenschmiede
zu Steyr, aufgelegt im Jahre 1488, ist 155g beim Brande des
Zechmeisterhauses in Steyrdorf vernichtet worden. Zum Glück
war eine Abschrift vorhanden, die es dem Stadtrat ermöglichte,
den Klingenschmieden eine gleichlautende Handwerksordnung
im September des Jahres 1559 zu geben. Da auch diese nur
in einem Exemplar vorhanden ist, veröffentlichen wir hier ihre
wichtigsten Punkte im Wortlaute
Wir Burgermaister, Richter und Rath der Stat Steir,
Bekhennen für uns und all unser Nachkhomen, offennlich mit
dem brief, allen den Er furkhumbt, das für uns In besambletem
Rath khomen sein die Erbarn Maister gemainlichen, die Klin-
genschmidt unsere Mitburger hie zu Steir, und gaben uns zu-
erkhennen, Wie Sy auf Irem Hanndtwerch mergkhlich Männgl
hetten, Irennthalben zuzeiten undereinannder, auch Zuzeiten
mit Irem gesinndt, deßhalben Inen not thät, Ordnung zuma-
chen. Damit Sy neben anndem Ire Hanndtwerch In Stetten
und märckhten, gleich dem Hanndtwerch halten möchten, und
hatten uns mit vleiß, das wir Ine und Iren Nachkhomen, die
hernachgeschribene Ordnung zuerlauben, und zu halten ver-
gunen wolten. Solches wir auf Ir
guet fürnemen, und In nachge-
schribner Maynung gethan haben.
x. Item amErstemWelcher
Klingschmidtgesell hie auf dem
Hann dtwerch der Clingenschmidt
Maister werden will, derselb soll
zu voran KhundtschaiTt brinngen,
das Er Erlich geporn sey und
das Er seine Lerjar Redlich auf-
gediennt hab, und von sainem
Maister Erlich abgeschiden sey.
Und wann Er hie ain Hauss-
rauen nimbt, die nicht aines
Maisters Tochter ist, oder Wittib,
so soll Er das Hanndtwerch wei-
sen und von Erst machen, ain-
hundert schreibclinngen, ain-
Abb. 86. Zwei Entwürfe filr Messerhau-
ben, Kupferstiche des Crispin de Passe
l565r1t337 Omamentstichsarnrnlung
des Österreichischen Museums
solche Stuckh mit seiner aignen I-Ianndt
mach, und khain annder an seiner stat,
und so die stugkh also gemacht sein, so
soll Er dieselben den viermaistern annt-
wortten, und darauf ain beschau benen-
nen, und annder Maister acht zu Im vor-
dem, die Er dann bitten solle, dieselben
mitsambt den vierrnaistern die berürten
Clinngen und stugkh beschauen, das Sy
Abb. 88. Besteck
Messer und Gabel,
SilbergriEe mit Gra-
vierungen nach Mi-
chael le Blon, hol-
ländisch, um 1600.
Länge xg'5 Zentime-
ter und Zentimeter
gerecht und werchlich
sein gemacht. So nun der-
selb Clingenschmidt mit
der Beschau besteet, so
soll Er aufgenomen wer-
den, doch das Er die
Zerung so bey solicher
Beschau und Zusehen
verzert Wierdt, bezalle,
und in Gottsleichnambs
ZechhiegebZwayPhundt
Phenning. So Er aber
Arbait gemacht het, die in
der beschau nit gerecht und guet Erfunden wurde, so soll
Er alß lanng diennen, unzt Er Sy gerecht und guet machen
khan, und sich widerumben die stugkh zumachen ansagen.
Und wann Er mit solcher beschau besteet, alß dann soll Er
zu Maister zuegelassen und aufgenomen werden, wie vor-
steet. Nimbt Er aber ain I-Iaussfrau, die aines Maisters Doch-
ter ist, oder Wittib, so soll Er der Gottsleichnam-Zech geben,
ain Phundt wax, und zuvoran Khundtschafft brinngen, wie
vorsteet. Wierdt aber aines Maisters Son hie Maister, der
soll ain Phundt Wax In Gottsleichnams-Zech hingeben.
2. Item Es soll auch khainer, er sey Maisters Son oder
gesell zu Maister aufgenomen werden, Er khundt denn ainem
Maister ain Werchstatt mit Schmidten und Praitten, Erber-
lich und aufrichtiglich versorgen.
3. Und welcher also Maister wierdet, er sey Maisters
Sun oder ain annder, der soll der Maister-Pot sein, so lanng
das ain annder nach Im Maister wierdt, der soll dann Pott
sein, und Er ledig sein, und soll In dreyen Jarn khainen
Junger Lernnen, und In ainem jar khainen Essmaister
haben.
4. Item Es soll khainer zu Maister hie aufgenomen wer-
den, denn Er hab hie auf das wenigist ain jar gediennt, damit
Abb. 87. Zwei Entwürfe für Messerhauhen,
Kupferstiche des Michael le Blon i587x656
Omamentstichsammlung des Österreichischen
Museums
"in
Abb. 89. Zwei Entwürfe für Messerhauben, Kup-
ferstiche des Michael le Blon 1587-1656
Ornamentslichsarnrnlung des Österreichischen
Museums
man wiß, wie Er arbaiten khun, und hab
seinen aignen Werchzeug, und soll mit
khainem frembden Werchzeug arbaiten.
5. Item wann man den Maistern an-
sagt bey stundt zu Irem Hanndtwerch und
notturfften, welicher nicht khumb, der ist
In die Ladt, acht Phening straff, Wellicher
aber Erhafft not hiet, der soll das den Vier-
maistem, ainem oder mer anzaigen, wel-
cher soliches verachten, Ist dem Richter
das Wanndl, und dennocht die acht Phe-
ning in die Lad verfallen.
8. Item Es soll auch ain jeder Maister
khain gesellen dinngen, Er sei Schlaher
oder Essmaister, dann auf das khurzest
ainen gestannden Eßmaister, auf drei-
zehen Wochen, und ain Schlaher auf ain
halb Jar.
15. Item wann ain Schlaher, ain EB-
maister werden will, So soll Er khomen
zu den Viermaistern, die sollen Im das
stat thuen, und In dinngen auf zway jar,
und soll Im gelonnt werden, Nach Rat derselben Viermaister, und ob Er
nicht hielt, wie Er gedinngt
wierdt, so ist Er in der straf
des Hanndtwerchs, und soll
vngefuerdert sein, auf allen Red-
lichen Werchstetten.
16. Item.YederEßmaister
soll machen annderthalbhun-
dert schrot drey schillinger, und
zwayhundert allerlay schrot zu
ainem Tagwerch. Und darum-
ben soll man geben ainem ge-
stanndnen Essrnaister, der mit
Schmidten und Praiten ain
werchstat woll versehen khan,
zu Lonn yede Wochen zwei-
unduierzig Phening. Und welli-
cher Eßmaister guet schröt
khann machen, und nicht Prait-
ten, demsollman geben zuLonn,
ain Wochen funfunddreißig
Phening. Khann aber ain Ess-
Abb. go. Zwei Entwürfe für Messerhauben, Kupferstiche des
Hendric janssens um 1630 Omamentstichsammlung des
Österreichischen Museums
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42
maister praitten und nit schrött machen, dem soll man geben zu Lonn wo-
chennlich funfunddreißig Phening, und soll der Praitten dreuhundert allerlaj
schröt zu ainem Tagwerch. Und wellicher überige Schrot machen wurde,
dem soll man von hundert geben funf Phening.
17. Item man soll ainem gueten Schlaher zu Lonn geben ain Wochen
achtundzwainzig Phening, und darnach ainem Jeden nachdem Er arbaitten
Abb. 96. Deutsches Besteck, Aehatgriife Abb. 97. Besteck, Messer, Lößel und Gabel, schwarzes Exnail mit
mit Silberhiilsen, deutsch, XVII. Jzhrhun- Gold- und Silberauflagen, SäChSiSCh, ausgehencles XVII. Jahr-
dert. Länge 18-9 Zentimeter hundert. Länge x3 Zentimeter bis 16 Zentimeter
khann, und wann Er das Hanndtwerch In ainem graben oder auf ainer
vngewönndlichen Werchstatt oder von ainem vngelonndten Maister gelernnt
oder gediennt hiet, der soll von den Maistern und gesellen vngefuerdert sein.
18. Item so ain Junger hie das I-Ianndtwerch lernen will, der soll diennen
ainem Maister vier Jar lanng, und soll Im gelonndt werden, nach Rat der
Viermaister, und so Er ausgelemt hat, will Er alsdann hie diennen, so soll Er
Abb. 98. Besteck, Messer und Gabel, Griffe Silber, vergoldet, französisch, um 1700. Länge x7'5 Zentimeter und
x5'5 Zentimeter
den Maister, darbey Er gelernt hat, fur annder diennen, und soll Im gelonndt
werden, darnach sein Khunst ist.
I9. Item ob die gesellen ieztzuzeiten vermainten, das Sy von den Maistern
vnpillich beschwärt wurden, solliches sollen Sy an die Viermaistern brinngen,
wo In alsdann daselbst nicht wenndung beschach, So sullen Sy Es bey dem
Richter Ersuechen, und furprinngen, Inen solliches wie billich istzuewennden
und darumben nicht aufsteen noch feyer machen, Wellicher aber das thuet,
Es sey Maister oder gesell, aufruer machen, die sollen darumb gestrafft
werden im Hanndtwerch und dem Richter das Wanndl verfallen sein.
2x. Item Es soll auch khain gesell on Redliche Ursach an ainem Werch-
tag ainen Feiertag in der Wochen machen, wider seines Meisters willen,
dardurch der Maister gegen den Messrern und Khaufleuten nichts in schaden
khäm. Wann aber ainer Redliche Ursach hat, so soll der Maister Ime ain
tag In der Wochen vergunnen, Wolt aber der gesell wider sollich gesez
feirn, so soll Im der Maister dieselb Wochen, khainen Lonn geben.
22. Item wellicher Maister in der beschau mit seinen Clingen vnrecht
Erfunden wuerde, und Ime durch ainen Gesellen, solliche verwarlosung
beschehen wäre, das wissenntlich wuerdt, so soll der gesell den schaden, den
der Maister deßhalben Nemb, bezallen und abthuen.
23. Item wann ain gesell weitter auf ain anndere Werchstat ziehen will,
so soll von seinem Maister, darbey Er gediennt hat und von den vier gesellen
Erbarlich Urlaub nemen und Redlich Abschaiden nach Allter gewonhait,
Wellicher das nit thät, sonnder haimblich hinweg zug, das soll der Maister
von stundan an die Viermaister brinngen, und an die vier gesellen, die sollen
dann ainträchtiglich auf die Werchstat, da Er sich aufhalten thuet, schreiben,
alls zu sollichem gehört und sollen die Zerung und was darauf geet, aus
Abb. 99. Besteck, Messer und Gabel, Griffe Silber, gegossen, um 1700. Länge 18 Zentimeter
und 15' Zentimeter
5m
baiden Puxen nemen, und bezallen, biß solanng, das Er sich mit ainem
Hanndtwerch vertregt.
25. Item wellicher gesell seinem Maister groß und khlain clinngen, wie
der Maister Im furgibt nicht machen wolt, das der Maister In schaden khäm,
das soll der Maister an die Viermaister brinngen, der soll nach Erkhenntnus
gestrafft werden, doch der Gerichts Obrigkhait, Albey vnuergriffen.
26. Item. Ainem Stumpler soll man zu Lonn geben von ainem hundert
Schröt funf Phening, und der Stumpler soll gefuerdert werden nach der
Abb. x00. Besteck, Messer und
Gabel. Elfenbeinschalen mit Sil-
bereinlagen, Silberhauben, nach
x7oo. Länge 24 und zo'5 Zentim.
Viermaister Rath und nach notturfften. Und ob
zwen Maister wären, die nicht gesellen hietten,
so soll der Stumpler ainen Tag arbaitten, dem
ain Maister, und den anndern tag dem anndern
Maister, auch dergleichen, so soll es mit EB-
rnaistern auch gehalten werden, und wann ain ge-
sell khumbt, der soll für den Stumpler gefuerdert
werden.
27. Item. Ob das Hanndtwerch Pesser oder
Nutzlosser wurde dardurch den Maistern oder ge-
sellen des Lonns halben verännderung minderung
oder merung not thuen wurde, das sollen Sy ain-
helliglich an Richter und Rat hiebrinngen, und mit
des willen und wissen solliche verännderung ma-
chen, und albey gericht Obrigkhait vorbehalten.
Auch ob sich begab, das die Maister des berurten
I-Ianndtwerchs oder Ire Nachkhomen, Icht aussaz
furnemen, das wider unsern allergenedigisten Herrn,
Römische Khunigliche Maiestat und Lanndtffürsten,
Wider uns oder wider ain gemain hie wär, das wis-
sennlich wurde, so soll In die vorgenannt Ordnung
abgesagt und der gegenwurttig brief crafftloß ab und
Todt sein, und uns und unsere Nachkhomen, wider-
umb geanntwort und Sy gestrafft werden, als man
des stat an In inndet, alles treulich und vngeuer-
lich. Mit verkhundt des briefs besiglt, mit unserm
der Stat Secret Anhanngunde, Geben am Montag
sanndt iburrien, des heilligen Martrer, Nach Cristi
gepurt. Vierzehenhundert, und Im achtundachzigi-
sten Jar.
28. Dieweil wir dann nicht allain das, so zu
bemelts I-Ianndtwerchs frumben und aufnemen
Raichen solle, Sonndern auch was ainer gannzen
Statmenig zu derselben wolfart diennstlich ist, zu-
befurdern gannz genaigt sein, demnach haben wir
Ir Anprinngen und gepethe angesehen und darauf
die Ob Innserirt Ordnung In Irem I-Ianndtwerch zu
halten vergundt und bewilligt und thuen das hiermit
wissenntlich in Crafft diß brieffs. Doch mit disem
Anhanng. Nachdem auf der Messrer Werchstat alhie
zu Steir, die Muraten, Behaimischen Messer, und die
Reinischen Grübl Nimer im geprauch, Sonndern-
umallen anndere gattung an derselben stat gemacht
werden, das demnach ain jeder, so alhie auf dem
Clingschmidt I-Ianndtwerch Maister werden will, und
khaines Maisters Son ist, auch khaines Maisters
Tochter oder Wittib zur Hausfrauen nimbt, ain viertl
schreibclinngen, Item fur die gemurrten und Beheimi-
schen Clinngen, ainhundert frumbwerch, durchaus
auf die Mödl, und anstat der Reinischen Grübl, ain
viertl Khrumper und Zwaylling zu Maister stugkh
machen soll.
29. Demnach auch ainem Eßmaister und schlaher
vmb den Wochenlon, wie in der obermelter alten
Ordnung begriffen, derzeit zu arbaitten nit Erschwing-
lich, so soll ainem gestannden Eßrnaister, wellicher
ainer Werchstat mit schmidten und Praitten woll
vorsteen khan, ain Wochen Zwelf Kreuzer, und vom
überigen Tagwerch zwelf Phening geben werden.
Und wellicher Essmaister Praitten khan, der soll zway-
hundert Mödl oder annderthalbhundert Zwailling
für ain Tagwerch praitten. Dergleichen soll einem
schlaher zum Wochenlon zwelf Khreuzer und von
dem Übrigen tagwerch zwelf Phening gegeben wer-
den. Derselb Schlaher soll, Sechs viertl Mödl, oder
ainhundert Zwailling zum Tagwerch schlahen.
30. Doch soll hiedurch der New-aufgerichten
Khaiserlichen Lanndts Pollicey, ob sich hierynnen
derselben zugegen, was zuetragen wurde, auch dem
Gericht und gemainer Stat Steir an Irer Jurisdiction,
-Straffen und Obrigkhaiten, gännzlichen gar nichts
benomen sein, nach dieser Zuelaß, zu ainerlay nachtl
raichen, und den vorgemelten Maistern, des Clingen-
schmidt Hanndtwerchs, und allen Iren Nachkhomen,
In Irem I-Ianndtwerch und besamlungen, was zu
hanndlen betrachten, oder furzunemen, das wider
die Lanndtfuerstlich Obrigkhait, auch uns obgedachte
Burgerrnaister, Richter, Rat und die gannz gemain
allhie zu Steir, wäre, zum höchsten verpotten sein.
Abb. 10x. Besleckköcher, Sil-
ber, vergoldet, Liegnitz, Gold-
schmied Christian Schneider,
1725. Länge 23 Zentimeter
Nemen Sy aber hierüber Ichts fur, als dann soll Inen diese Ir Ordnung
Abb. m1. Besteck, Silber, vergoldet, Augsburg, Goldschmied Abraham Abb. x03. Gabel eines Besteckes,
Winkler, 1768, Länge x97 Zentimeter bis 25'5 Zentimeter Silber, vergoldet, russisch Sankt
Petersburg XVIIX. ahrh. Länge
195 Zentim. bis 23 Zentim.
widerumben abgesagt sein, und darzue nach Irer verhanndlung, wie man
an Inen stat Hndt, gestrafft werden. Und Zubeschluß wollen wir Irzernannte
Burgermaister, Richter und Rat, uns und unsere Nachkhoxnen, nach Ge-
legenhait derzeit und zukhunfftigen füllen, so sich in annder fuegsamer weeg,
Erzaigen möchten, Hirob geschriben Ordnung Zuueränndem, meren, oder
47
aufzuheben, auch vorbehalten haben, alles Treulich Ongeuerde, des zu ver-
khundt, geben wir den vorbenannten Clingenschmiden disen brief mit unserm
gernainer Stat Steir, anhanngunden Innsigl, verferttigt, doch uns, unsern
Abb. x04. Besteck mit Scheide aus Elfenbein, Elfenbeingriffe, Abb. x05. Messer Abb. m6. Messer
deutsch, XVL Jahrhundert. Länge 21-3 Zentimeter eines Besteckes, El- eines Besteckes. aus
fenbeingriff, deutsch, Elfenbein geschnitte-
XVlIl. Jahrhundert. ner Griff, deutsch.
Länge xglentimeter XVIII. Jahrh. Länge
15-5 Zentimeter
Nachkhomen, und gemainer Stat Steir, wie verrneldt, on schaden und nachtl,
Geschehn, am Montag den vierten tag des Monats Septembris. Nach Cristi
vnnsers lieben Herrn gepurt, Im funfzehenhundert vnd Neunundfunffzigi-
sten Jahr.
Abb.1o7. Messer ei-
nes Bestecks, Griff
aus Elfenbein ge-
schnitten, deutsch,
XVllLjahrhundert.
Länge 225 Zemirn.
Für die Geschichte des Handwerkes in Steyr von beson-
derem Wert ist das Messererbuch vom Jahre 1570 im Besitze
des städtischen Museums. Es verzeichnet auf 373 Blättern
sämtliche städtischen Messerer vom Jahre 1570 an bis in die
zweite Hälfte des XIX. Jahrhunderts und führt auch seit dem
Jahre 1743 die Zeichen der einzelnen Meister an. Die Familien
Aitenberger, Doppler, Englahner, Freilich, Kernstock, Mann
sind viele Jahrhunderte ihrem Handwerk treu geblieben. Die
Aitenberger Aittnperger, Aidenberger, Aidtenperger stellten
in der Zeit von 1548 bis 1817 23 Mitglieder in die Zunft; die
Doppler in derselben Zeit sogar 48 Familienmitglieder. Gleich
konservativ waren die Messererfamilien Englahner und Kern-
stock.
Im nachfolgenden gebe ich ein Verzeichnis der bedeutend-
sten Meister der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts. In
der Klammer ist beigefügt, welches Zeichen dieselben geschla-
gen haben
Aitenberger Josef, wurde 1755 Meister und Stern,
Melchior 1762 Merkur, Josef 1765 und Säbel, Franz 176g
Pistole, Karolus 1789 Kreuz auf Halbmond.
Doppler Leopold 1745 L. D. und Kleeblatt, Josef 1768
doppelter Schlüssel, Johannes 1769 Posthorn, Felix 1772
F. D. und Krone, Sebastian 1776 S. D. und Krone, Franz
1779 Schlüssel, Johann 1779 S., Anton 1784 französische
Lilie, Ignaz 1791 Kometstern, Georg 1792 Pfeil.
Englahner Tobias 1753 Eichel, Ignaz 1767 Hellebarde,
Leopold 1782 Reichsapfel, Wolfgang 1798 Eichel, Tobias
1797 Säbel.
Frellich Ignaz 1763 Hellebarde, Kaspar 1768 P., Mat-
thias 1779 Säbel, Johannes 1792 I. F. und Reichsapfel.
Eckersberg Friedrich 1782 Anker und Stern, Fischel-
mayr Johannes 1798 L., Gailling Wolfgang 1743 Mühlrad,
Ignaz 1777 S. und Herz, Gar1i Matthias 1764 M. G. und
Stern, Johannes 1796 Stiefel, Hauser Georg 1757 Prenner-
stöckblatt?, Henig Josef 1764 Dirndl und Stern, Hellinger
178 Degen, Hörmler Lorenz 1797 Tannenbaum und Kreuz,
Huber Franz 1798 C..
Kernstock Simon 1754 Tannenbaum und Kreuz, Adam
1764 A. K., Herz und Kreuz, Johannes 1774 Tollipen?,
Xaver 1776 X. K. und Rösl, Ferdinand 1778 Stiefel, Ignaz
1789 verdeckter Kelch, Josef 1800 A. K., Herz und Kreuz.
Klett Franz 1793 Fisch, Lindhammer Josef 1774 I.
Halbmond und Kreuz, Baptist 1793 K., Josef 1798 I. L.,
Halbmond und Kreuz, Malzer Anton 1743 Mondschein,
49
Mühlberger Franz 1756 Gabel, Mollian Hyazinth 1783 1.. Mann Josef 1775
I. M. und das Resl, Adam 1790 Hermelin, Ignaz 1791 I. und Krone,
Georg 1795 Kreuz, Johann 1805 I. M. und das Resl. Nemeti Ludwig 1798
M. G. und
Stern, Pessl
Franz 1764 S.
und doppelte
Tabakbrieß
Pfeffer Anton
1782 Zepter,
Riedler Rudolf
1773 I. R. und
Uhrzeiger,
Streber Johan-
nes 1770 B.,
Stainleitner
Franz 1788 F.
S. und Sporn,
Strueder Josef
1797 Mond-
schein, Stihr-
hoffer Georg
1787 doppelter
TabakbriefP,
Schmidleitner
Josef 1764 L.,
Schellmann
Kajetan 1792
Rübe, Trenk-
ner Franz 794
ungedeckte
Kelch, Uhrl
Jakob 1784
und U., Win-
ter Johann Ge-
ßrg 1779 A1-
tarleuchter.
Alles in al-
lem gab es
innerhalb der
drei Jahrhun-
derte weit über tausend Meister des Handwerks. Herr Direktor Kautsch in
Steyr hat sich der Mühe unterzogen, einen Index nach den Familiennamen
anzulegen, da jener des Messererbuches merkwürdigerweise nach Vornamen
wen"?!
Abb. 108. Meisterzeichentafel der Scharschacher Klingenschmiede, 1589 bis 1780
Städtisches Museum in Steyr
Zeicbentafel der Messerermeister zu Skeinbach an der Steyr, x753 begonnen
Städtisches Museum in Sxeyr
51
geordnet war. Wir hoffen, daß dieser neue Index veröffentlicht werde und
mit seiner Hilfe die Geschichte der Gewerbe zur Kenntnis der Namen jener
Handwerker gelange, denen der gute Ruf der Steyrer Messer weit über die
Grenzen des Landes hinaus zu danken war.
BUCHEINBÄNDE DER K. K. HOFBIBLIOTHEK
Bücherbeständen sind schon seit mehreren Jahr-
zehnten "die künstlerisch herwiorragenden Buch-
einbände, die sie in ihrem Besitz haben, durch
Tafelwerkebekannt gemacht und so derErforschung
der Geschichte des Bucheinbandes erschlossen
worden. Doch ruhen in manchen alten Bibliotheken
noch immer viele Kostbarkeiten an Einbänden
wohlverwahrt undharren einerzusammenfassenden
Veröffentlichung. Eine der ältesten und reichsten
Bibliotheken, die k. k. Hofbibliothek in Wien, hat ihren großen Schatz an
Werken alter Buchbindekunst, die sie zum Teil schon seit Jahrhunderten
bewahrt, erst jetzt gehoben und an den Tag gebracht. Dazu bedurfte es
eines äußeren Anlasses. Nämlich es hatte sich der dringende Wunsch heraus-
gestellt, die künstlerisch gebundenen Bücher aus der allgemeinen Bücher-
aufstellung auszusondern, um sie gegen alle äußeren Zufälle sorglich zu
schützen. Nachdem die Notwendigkeit dieser Verwaltungsmaßregel erkannt
war, wurden sowohl die allgemeinen Bücherbestände als auch die ab-
getrennten Abteilungen der Inkunabeln und der Handschriften von sach-
kundiger Hand durchsucht und mehrere Hundert wertvoller Einbände
zusammengetragen. Angesichts dieser, man möchte sagen neu entdeckten
Schätze erwachte der Gedanke, dem Publikum eine Auswahl der bedeu-
tendsten, künstlerisch und historisch interessantesten Stücke in einer Aus-
stellung darzubieten. So kam, zur freudigen Überraschung aller interessierten
Kreise, im Jahre 1906 die denkwürdige Einbandausstellung in dem weit-
räumigen Prunksaal der I-Iofbibliothek zustande. Doch zur allgemeinen
Enttäuschung blieb diese wertvolle Ausstellung von Hunderten bisher nicht
bekannter kostbarer Bucheinbände nur allzu kurze Zeit öffentlich zugäng-
lich. Daher wäre ihre Wiederholung dringend zu wünschen, um so mehr,
als der sorgfältig ausgearbeitete erklärende Katalog der Ausstellung erst
lange Zeit nach Schluß der Ausstellung, 1908, veröffentlicht wurde.
Aber die Ausstellung zeitigte den Plan, aus den ausgestellten Einbänden,
die sich auf mehr als 600 beliefen, eine engere Auswahl in einem Foliowerk
von IOO Tafeln mustergültig zu reproduzieren und so der Ausstellung zu
einer nachhaltigen Wirkung zu verhelfen.
7a
Dieses große Tafel-
werk, ausgewählt, be-
schrieben und eingeleitet
von Kustos Dr. Theodor
Gottlieb, dem schon die
Vorbereitung und Anord-
nung der Ausstellung und
die Bearbeitung des Kata-
loges anvertraut war, liegt
nun seit dem vorigenjahre
abgeschlossen vor." Die
Direktion der Hofbiblio-
thek und der Herausgeber
haben sich ebenso durch
die vollendete Ausstat-
tung wie durch die sach-
kundige Bearbeitung die-
ses Werkes ein großes
Verdienst erworben.
Die Reproduktionen
sind teils in Lichtdruck,
teils in einer Kombination
von Lichtdruck und Far-
bensteindruck glänzend
ausgeführt und bewähren
von neuem die allseitig an-
Abb. x. Südarabischer Einband, nach 1435 erkannte Leistungsfähig-
keit derWienerReproduk-
tionsanstalten. Nach der Auswahl und den Angaben des Herausgebers Dr. Gott-
lieb sind die nach ihrer künstlerischen und geschichtlichen Bedeutung
besonders hervorragenden Bände durch mehrfarbige Reproduktion heraus-
gehoben, bei den übrigen einfarbig wiedergegebenen wurde mit großem
Geschick die Druckfarbe so gewählt, daß die Nachbildungen dem Gesamt-
eindruck der Originale nach der Grundfarbe des Leders und der hinzu-
tretenden Wirkung der Vergoldung möglichst nahekommen. So stellt sich
das Wiener Werk den beiden von Fletcher herausgegebenen Bänden mit
Nachbildungen der englischen und der ausländischen Bucheinbände des
Britischen Museums ebenbürtig an die Seite. Für das Studium der Stempel
der Handvergoldungen und Blindpressungen und der Abmessungen der
Dekorationsmuster ist es wesentlich, daß hier die Einbände, soweit es
möglich war, in der Größe der Originale nachgebildet sind. Was die Auswahl
der Abbildungen aus der Fülle des in der Bibliothek Vorhandenen anlangt,
K. k. Hofbibliothek. Büchereinbände. Auswahl von technisch und geschichtlich bemerkenswerten
Stücken. ioo Tafeln in Lichl- und Sxeindruck. Mit Einleitung von Theodor Gottlieb. Wien, Anton Schroll Co.
33
so hat sich Gottlieb nicht wie die Herausgeber früherer Tafelwerke ausschließ-
lich von dem Grundsatz leiten lassen, kunstgewerbliche Meisterwerke ab-
zubilden, sondern er war in erster Linie bestrebt, neues Material für die
geschichtliche Entwicklung des Bucheinbandes beizubringen, Arbeiten, die
dunkle Punkte, woran die Geschichte des Bucheinbandes noch überreich ist,
aufhellen oder Fingerzeige für neue Wege der Forschung geben können. Das
gerade macht den Wert der neuen Publikation aus. Wenn er in einzelnen
Fällen Muster von Deckendekorationen bringt, wie sie ebenso oder doch
ganz ähnlich bereits in andern Tafelwerken vorkommen, so hat er diese in
der Absicht gewählt, um an der Hand der Wiener Exemplare frühere fal-
sche Datierungen
solcher Bände oder
unrichtige Zuwei-
sungen an Länder,
Orte oder Werk-
Stätten richtigzu-
stellen. Daß er den
Arbeiten aus Öster-
reich einen verhält-
nismäßig breiten
Raum zuteilt, ist
leicht zu verstehen
und umso wertvol-
ler, weil über die
Einbandkunst und
-Technik österrei-
chischer Werkstät-
ten bisher so gut
wie nichts be-
kannt war. An-
geordnet sind
dieTafelnnach
den Ländern
des Ursprungs
der Bände; der
Orientbeginnt,
darauf folgen
Italien, Spa-
nien, England,
die Niederlan-
de, Frankreich,
Deutschland
undÖsterreich.
Abb. z. Einband für Kaiser Friedrich Ill. vom Jahre 1446, aus farbigem Samt
Infolge dieses mit Auflagen von vergoldetem Silber
54
Mund Mqtmvuu ".4 .MQ.JQJ
Abb. 3. Lederschnitteinband für Thomas Ebendorfer, um 1464
Anordnungsprinzipes
wird aber das zeit-
lich Zusammenge-
hörende zum Teil
weit auseinanderge-
rissen. Zum Beispiel
folgen auf einen Nea-
peler Band des XVII.
Jahrhunderts zwei
Madrider von 1564,
darauf zwei alteng-
lische vom Anfang
des XIII. Jahrhun-
derts; weiterhin ge-
hen die Tafeln nach
einem englischen des
XVII. Jahrhunderts
mit einem Flämischen
Bande ins XV.Jahr-
hundert zurück, und
nach einem Einband
Bozerians vorn Be-
ginn des XIX. Jahr-
hunderts folgt noch
einmal das Mittel-
alter mit einem deut-
schen Bande des
X. Jahrhunderts. So
werden auch die
an Zeitperioden ge-
knüpften Techniken
der Blindpressung,
des Lederschnittes,
der Handvergoldung
nicht zusammengefaßt. Einen weit klareren Überblick über den Gang der
Entwicklung der Einbandkunst und -Technik hätte man gewinnen können,
wenn das ganze Material, vom Orient abgesehen, der für sich bleiben mußte,
nach den großen Zeitstilen frühes Mittelalter, Spätgotik, Renaissance, Barock,
Rokoko, Zopf, Empire angeordnet worden wäre und erst innerhalb dieser
großen Epochen, die doch den Arbeiten aller Länder ihren Zeitstil aufgeprägt
haben, nach Ländern auseinandergehalten wäre. Denn einen Gesamtüberblick
über die Entwicklung des Bucheinbandes wollte doch der Verfasser im
Grunde mit seinen Beschreibungen und mehr noch mit seiner ausgedehnten
Einleitung geben.
DieBeschrei-
bungen zu den
Tafeln sind un-
gemein sorgfältig
und mit großer
Sachkenntnis und
Beherrschung der
gesamten Fach-
literaturausgear-
beitet. Sie geben
über alles irgend
Wünschenswer-
te Auskunft, über
Material und
Technik, Inhalt
und Provenienz
der Bände. Was
das Detail der
Angaben des Ma-
terials und der
Bindetechnikbe-
trifft, so hat Gott-
lieb unter allen
Herausgebern
von Einbandpu-
blikationen aus
einzelnen Biblio-
theken nur in
Bickell mit sei-
nem Tafelwerk
über Einbände
aus hessischen
Bibliotheken ei-
Abb. 4. Wiener Einband von Blasius Coniugatus, um 1480
nen Vorgänger gehabt, der auf diese wichtigen Einzelheiten geachtet hat.
Gottlieb bemüht sich mit Erfolg, eine feststehende Terminologie für die Technik
wie für die Dekorationsmuster einzuführen, woran es bisher noch gefehlt hat.
Bei den Angaben des Materials hat es mich gewundert, daß er über die
Art des Leders, ob Schafleder, Bocklederä Kalb- oder Rindleder verarbeitet
wurde, in jedem Falle eine ganz sichere Auskunft geben konnte. Das Leder
alter Einbände mit Sicherheit zu unterscheiden, ist bei der alten von der
heutigen abweichenden Gerbungsart nach meiner Erfahrung auch dem mit
alten Arbeiten vertrauten Buchbinder oder dem Gerber und Lederfachmann
in vielen Fällen nicht möglich. Ebenso überraschte mich die Sicherheit
seiner detaillierten Angaben der Bindetechnik. So genaue Detailangaben
scheinen mir an vielen Stellen nur möglich, wenn bei stark demolierten
Einbänden die Arbeit des Buchbinders am Buchblock oder an den Deckeln
oder am Deckenansatz zutage tritt, oder wenn man wenigstens die Vorsätze
lösen würde. Dieses beides ist aber für die abgebildeten Stücke kaum
Abb. 5. Florentiner Einband für Kardinal Johann Vitez 41' 1472"
anzunehmen. Ver-
glichen mit dem
Katalog der Aus-
stellung, sind in
dem Tafelwerk die
Beschreibungen
der Verzierungs-
muster mit vollem
Recht vielfach ge-
kürzt, denn hier ge-
bendieAbbildungen
die Anschauung.
Von einem Kenner
der Materie, wie
Gottlieb es ist, ließ
sich erwarten, daß
dieDatierungen der
Bände das Richtige
treffen. Wenn er
aber nicht selten in
der Annahme, daß
das Buch im Jahre
des Druckes auch
gebunden sei, eine
bestimmte Jahres-
zahl für den Ein-
band angibt, ohne
diese feste Datie-
rung anderweit be-
gründenzukönnen,
so sind dem die vie-
len Einbände ent-
gegenzuhalten, die
nach ihrer eigenen
Datierung oder wie sich sonst nachweisen läßt, erst Jahrzehnte später gebun-
den wurden. Man fährt jedenfalls sicherer, wenn man sich in solchen Fällen
mit einer ungefähren Datierung oder einer abgerundeten Zahl begnügt. Hat
man es mit weit zurückliegenden Zeiten zu tun, so muß man naturgemäß
für die Datierung einen weiteren Spielraum lassen. Den ältesten Einband, den
Gottlieb abbildet, die hochbedeutsameprachtvolle Einbanddecke aus spätägyp-
57
tischer Zeit, weist er in der Einleitung dem VI. Jahrhundert zu, zufolge
triftiger Gründe", wie es dort heißt. In der Tafelbeschreibung sagt er, die
Datierung ergebe sich mit Hilfe der völlig gleichartigen, aus ägyptischen
Gräbern stammenden Arbeiten mit Lederapplikation auf Schuhwerk, die
insVI.oderVII.
Jahrhundert ge-
setzt werden".
Sein Gewährs-
mann Frauber-
ger, den er da-
für zitiert, drückt
sich aber noch
vorsichtiger
aus Man dürf-
te sich nicht
zu sehr von der
Wahrheit ent-
fernen, wenn
man die Ar-
beiten ausLeder-
applikation ins
VI.bisVII.ahr-
hundert setzt.
Viel mehr dar-
überanzugeben
wäre gewagt."
Trotzdem setzt
Gottlieb die Ar-
beit in der Ta-
felunterschrift
und in der Ein-
leitung viel be-
stimmter ins
VI. Jahrhun-
dert", ohne an-
dere triftige, .. ......-........'
Gründe zunen-
nen- Eine Siiät" Abb. a. Einband König Matthias Corvinus, Ofen, vor 1490
ägyptische Ein-
banddecke in der ägyptischen Abteilung der Königlichen Museen in Berlin,
die der Wiener in Technik und Dekorationsmuster nahe verwandt ist,
wird wegen der für die Decke verwendeten Papyrusmanuskriptreste weit
später, nicht vor dem VIII. Jahrhundert anzusetzen sein und es nahe-
legen, den Wiener Einband nur innerhalb weitgesteckter Grenzen zu
datieren? Ebenso wie die Datierungen sollte man auch die Zuweisungen an
Länder, Orte und Werkstätten bei dem heutigen Stande des Wissens über
die Einbandgeschichte mit Vorsicht machen und es häufig, wenn nicht wirk-
lich zwingende Gründe da sind, lieber bei einem vielleicht" oder wahrschein-
lieh" bewenden lassen, bis das ganze zur Zeit zugängliche Beweismaterial
vorgelegt und daran die charakteristische Eigenart eines Arbeitsortes, die
Stempel und die Dekorationsmotive einer Werkstatt untrüglich nachgewiesen
sind. Gottlieb liegt es besonders am Herzen, die berühmten Grolier- und
Maioli-Bände und andere Bände des XVI. Jahrhunderts zu lokalisieren
und einer Werkstatt zuzuweisen. Dabei legt er ganz besonderen Nachdruck
Abb. 7. Französischer Einband für Jean Grolier, um 1560
auf zwei technische
Eigentümlichkeiten,
erstlich auf die Pro-
venienz der zu den
Büchern verwende-
ten Vorsatzpapiere
und zweitens auf die
an den Enden abge-
schrägte Trapez"-
Form des Ansatz-
falzes als Werkstatt-
eigentümlichkeit. Er
hält in der freudigen
Zuversichtlichkeit
des Entdeckers so
viel von dem tech-
nischen Befund nach
diesen beiden Rich-
tungen, daß er auf
Spalte I7 der Einlei-
tung schreibt Eine
ganze Reihe von
Bänden, die Maiolis
Namen tragen, sind
sicher in Frankreich
gemacht, und dazu
gehören gewiß so-
wohl der erste wie der
zweite von Tafel 47,
Die Berliner Einband-
decke wurde inzwischen ver-
öffentlicht in den Amtlichen
Berichten aus den Königlichen
Kunstsammlungen", jahrgang
33, Nr. November 191i,
Spalte 46 bis 5x.
der erste wegen
seines trapezför-
mig zugeschnitte-
nen Ansatzfalzes,
der andere wegen
des mit französi-
scher Marke ver-
sehenen Vorsatz-
papieres das übri-
gens auch im er-
steren verwendet
ist." Technische
Eigentümlichkei-
ten solcher Art
können wohl an-
dere Griinde mit
unterstützen hel-
fen, aber auf ihnen
allein darf eine Zu-
weisung nicht be-
ruhen. Das Ab-
schrägen derEcken
der Pergament-
fälze scheint mir
eine zu natürliche
Manipulation des
Buchbinders zu
sein, um allein da-
nach einen Band
von Italien, wohin
er nach seinem
DekQrationsstil ge" Abb. s. Einband Königin Elisabeth von Frankreich, nach 1574
hört, bestimmt
nach Frankreich zu versetzen. Dazu miißte erst an zahlreichen italienischen
und französischen Bänden Probe und Gegenprobe geleistet werden. Sicher
ist, und das gibt auch Gottlieb zu, daß eine Reihe von Maiolis nicht den
Trapezfalz hat, der eine mir zugängliche, den ich daraufhin untersucht
habe, hat ihn auch nicht, und für diese mindestens bleibt Italien als Ur-
sprungsland möglich. Das kann auch bei Grolier der Fall sein", räumt Gott-
lieb Spalte 17 der Einleitung ein. Aber das ist ja auchifrüher nur von den
Groliers behauptet worden.
Desgleichen überschätzt Gottlieb den Wert der Wasserzeichen der
Vorsatzpapiere für die Zuweisung der Arbeit des Buchbinders an ein Land
und für eine genauere zeitliche Datierung. Die Wasserzeichen können für
3c
O0
Handschriften und
Drucke jedenfalls zu-
verlässigere Anhalts-
punkte geben als
gerade für Buch-
einbände. Denn der
Buchbinder nimmt
die zwei oder vier
Blatt Papier, die er
als Vorsatz für einen
Band braucht, wo
er sie gerade findet,
er nimmt, was er in
seiner Werkstatt an
Papier liegen hat, ob
es älteren oder jün-
geren Datums ist, ob
es aus der Heimat
oder aus dem Aus-
lande stammt. Und
wie sind im XVI.
Jahrhundert die Pa-
piere von Land zu
Land herumgek0m-
men! Und wenn ich
in Briquets großem
Werke Les filigra-
nes" nicht genau die
gleiche Marke finde,
so darf ich von ei-
ner nur ähnlichen,
die ich dort finde,
vollends gar keine
Schlüsse ziehen wollen. Sprechen andere Gründe für eine bestimmte Zu-
weisung an Land und Werkstatt, so kann der Befund des Wasserzeichens
einen Grund mehr dafür bieten, größere Beweiskraft würde ich den Wasser-
zeichen des Vorsatzpapieres bei Einbänden nie zumuten.
Viel wertvoller ist mir, was Gottlieb durch einzelne besonders charak-
teristische Stempel ermittelt hat, weil sich damit die Arbeiten einzelner
Werkstätten nachweisen lassen können. Hier müßten aber, da die Stempel
allerwärts bekanntlich viel nachgeschnitten wurden, Abbildungen nach Ab-
reibungen oder sonst in Originalgröße hinzugefügt werden, damit man genau
vergleichen und nachprüfen kann; die in den verschiedensten Werken zer-
streuten, meist verkleinerten Abbildungen der Deckel bieten zu wenig Gewähr
.7; ',.1-..
Abb. g. Augsburger Einband für Philipp Eduard Grafen Fugger, um 1577
61
her nicht entdeckte
für die Identifizie-
rung der Stempel.
Wer mit dem
gegenwärtigen Stan-
de der Erforschung
der Geschichte des
Bucheinbandes ver-
traut ist, wird die
Einleitung, in der
Gottlieb zusammen-
faßt, was er an den
Einbänden der Hof-
bibliothek und bei
seinen sonstigen Stu-
dien beobachtet und
ermittelt hat, ohne
Zweifel mit lebhaf-
tem Interesse lesen.
Denn Gottlieb hat
scharf beobachtet
und manche bis-
Zusammenhänge
aufgefunden. Er hat
mit großem Fleiß
Material von weit
auseinanderliegen-
den Stellen zusam-
mengetragen und
sehr beachtenswerte neue Fingerzeige gegeben für die Erforschung gerade
der wichtigsten Kapitel. Aber in dem Eifer, mit alten nicht verbürgten Tradi-
tionen abzurechnen, mit Konjekturen und unsicheren Schlüssen aufzuräumen,
ist er manchesmal zu weit gegangen. Wenn er hie und da ein auf unsicherem
Grunde leicht aufgeführtes Gebäude, wie sie in den bisherigen Darstellungen
der Geschichte des Bucheinbandes dastehen, niederreißt, so gelingt es ihm
noch nicht, mit dem von ihm beigebrachten Baumaterial festere, sicherer
fundatnentierte dafür aufzubauen. Wer ruhig abwägend nachprüft, wird finden,
daß er bei mehreren der von ihm behandelten Kardinalfragen zu der Entwick-
lung des Bucheinbandes im Grunde über neue Hypothesen nicht hinaus-
gekommen ist, wenn diese auch zu weiterer Forschung anregen und, sobald
es gelingt, stärkere Beweise zu finden, zu neuen Wegen der Erkenntnis führen
mögen. Der Verfasser hat selbst das Bedürfnis empfunden, seine neuen Auf-
stellungen an weiterem Material nachzuprüfen und tiefer zu begründen, denn
er stellt uns in der Einleitung verschiedentlich ausführlichere Behandlungen
Abb. ro. Pariser Einband von Bozärian jeune, Anfang des XIX. Jahrhunderts
62
einzelner Fragen in Aussicht. Diesen Monographien des Verfassers, für die
ich den Wunsch nach reichem Abbildungsmaterial in den originalen Ab-
messungen schon jetzt aussprechen möchte, darf man nach der mit dem
vorliegenden Werk geleisteten Fülle von Arbeit mit dem größten Interesse
entgegensehen.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN Sie VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN Sie
ZENENBILDER KO LOMAN MOSERS ZUM BERGSEE" VON
JULIUS BITTNER. Die großen Bühnen geben den modernen künstlerischen An-
schauungen über das Theater nur langsam Raum; sie öffnen der Bühnenkunst, die Hören
und Schauen zugleich beherrscht und zum Erlebnis gestalten will, nur zögernd ihre Pforten.
Nach den bedeutenden Arbeiten A. Rollers tritt in Julius Bittners Bergsee" eine neue
Leistung Koloman Mosers hervor. Mit dem Dichter und Komponisten arbeitet der Maler
gemeinsam an dem schwierigen Werk, die Bühnenwirkung durch solche künstlerische Mittel
zur starken Einheitlichkeit zu bringen, die im Klang und im Wort, in Farbe und Licht, im
Rahmen, wie in dem Leben, das ihn erfüllt, denselben künstlerischen Geist erkennen lassen.
Moser will nicht Dekorationen und Kostüme schaffen, sondern Bühnenbilder, Stimmungen,
die aus der musikalischen Dichtung hervorgehen.
So vermeidet er den starken Realismus, wie er früher üblich war, und verwendet wie
er sich selbst ausdrückt zur Darstellung nur Mittel, die Wirklichkeit oder deren Schein
möglichst meiden. Er führt über die Realität hinaus im Sinne Gordon Craigs. Der Eindruck
Dekorationsskizze zum "Bergsee", entworfen von dem Professor der Kunsbgewerbeschule Kolornan Moser
Figurinen aus dem Bergsew, entworfen von dem Professor der Kunstgewerbeschule Koloman Moser
der Realität wird mit künstlerischen Mitteln hervorgebracht, nicht durch die Reproduktion
der Wirklichkeit. Der Bergsee" gibt eine verhältnismäßig geringe Mannigfaltigkeit von
Wirkungselementen. Im Anfang ist es die großzügige Umgebung einer Bergfestung, die
starken Gegensätzen entgegenkommt; in der Hauptsache aber bleibt es die Gebirgswelt
mit dem See als Mittelpunkt, die das Milieu bestimmt. Da müssen Lichterscheinungen und
atmosphärische Vorgänge schwierigster Art die Hauptrolle spielen.
Die große Wasserliäche spiegelt die Luft- und Lichtvorgänge wider, die den
mächtigen Hintergrund der Bergriesen entweder in hellstem Sonnenglanz leuchten lassen
oder durch Wolkenzüge und Nebelmassen in immer tieferes Dunkel hüllen, bis die fahlen
Lichter des Gewitters aufblitzenl
Mit starker Hand sind alle Elemente des Bühnenbildes auf diese Hauptwirkungen hin
konzentriert. Durch Weglassung alles kleinen Details, durch großformige Silhouetten und
klare Gegensätze von Hell und Dunkel allein wird die Wirkung erstrebt. Und doch ist es
immer die Beobachtung der Natur und ihrer mächtigen Vorgänge, die aus allem in einer
packenden Sprache herausspricht.
Leichteres Spiel hatte Moser mit der farbenbunten Pracht der Trachten der Lands-
knechtzeit. Aber auch hier war es ihm naturgemäß mehr um die Charakterisierung
der Figuren des musikalischen Dramas, um ihr Milieu zu tun als um eine Anwendung
historischer Kostümstudien.
In freier Weise benutzt er die farbigen und stoElichen Wirkungen, das Beiwerk an
Waffen und Kriegsgerät, um packende Masseneindrücke zu erzielen oder um Gegensätze zu
betonen. Die reichen Kleider der Söldnerscharen werden den primitiven Mitteln der Bauern
und der Armut der Fischer gegenübergestellt und steigern sich gegenseitig in ihrer Wirkung.
Es wäre sehr zu begrüßen, wenn immer öfter sich zum Dichter und Komponisten
auch der bildende Künstler gesellen würde, der aus der Bühne ein Kunstwerk der Raum-
gestaltung im Sinne der Dichtung macht.
Der Jungdeutsche Verlag in Berlin hat den Dekorationsskizzen Professor Mosers eine
Veröffentlichung gewidmet, die auf 16 farbigen Kunstblättem die Szenenbilder und Figurinen
darstellt und denen Moser eine ausführliche Erläuterung beigab. Dieses Werk sei allen
jenen empfohlen, die nicht nur Freunde des Dichter-Komponisten sind, sondern auch ein
Interesse für die Entwicklung moderner Bühnenkunst besitzen.
EUGEN SPIRO IN DER GALERIE MIETHKE. Die Freunde jenes fein-
fühligen, zarte Tonungen liebenden Porträtisten, der einst in den Räumen derSezession
und einmal bereits auch in der Galerie Miethke xgoü zu finden war, haben Ursache, sich
der fortschreitenden Entwicklung des Künstlers zu freuen.
Auf dem Wege von Breslau über München nach Paris hat Spiro immer mehr an
Kraft und Tiefe gewonnen. Spanische Eindrücke verbanden sich mit den französischen,
um alle weiche Verschwommenheit zu bannen. Nun finden wir einen kraftvollen, malerisch
empfindenden Künstler, dem der farbige Reiz noch immer das Wertvollste ist, der aber
von Goja und Gauguin, von Manet und Cezanne gelernt hat, die starke Wirkung vereinfachter
Form und flächenhafter breiter Darstellungsweise zu suchen. Immer bereit, an alter Kunst
zu lernen, zielt er doch stets auf die Betonung des modernen Empiindens. So gelingt es
ihm, alte Kompositionen, wie etwa ein Gastmahl von Veronese, so vorzutragen, wie unsere
Zeit sie sieht. Viele Erinnerungen an alte und neue Meister verarbeitet er zu ganz persön-
lichen Erlebnissen. Wenn er vor die Natur tritt, studiert er den menschlichen Körper wie
die Landschaft immer im Sinne der Betonung malerischer Erscheinung, farbiger Eindrücke.
In seinen Porträten, die sehr an Tiefe des Tones und Kraft der Darstellung gewannen, zeigt
sich dann sein vollwertiges gereiftes Können. Dieses hat ihm in Paris schon sehr wertvolle
Beweise der Anerkennung seiner Kollegen verschafft und wird ihm überall Freunde zu-
führen, wo malerische Qualitäten geschätzt werden, wo tüchtige Arbeit gilt.
Spiro geht zielbewußt auf eine ehrliche und gesunde Weise seinen Problemen nach
und weiteren Erfolgen entgegen, welche sein reifes Können und seine ernste Art verbürgen.
AU SSTELLUNG DER FACHKLASSE FÜR ARCHITEKTUR DES
PROFESSORS JOSEF HOFFMANN AN DER KUNSTGEWERBE-
SCHULE. Die Schule Professor Josef Hoffmanns braucht nicht erst durch Ausstellungen
bekannt gemacht zu werden. Sie spricht ja aus allen Schaustellungen moderner öster-
reichischer Kunstgewerbe, die heute gemacht werden. So hat die letzte Kunstgewerbeschau
des Österreichischen Museums eigentlich den besten Beweis dafür erbracht, wie wertvoll
gerade Hoffmanns Wirken auf allen einschlägigen Gebieten geworden ist. Sie hat durch
zahlreiche Interieurs die Erziehung zur Raumgestaltung demonstriert und durch Möbel.
Gefäße, Stoffe, Teppiche, Schmuck die mannigfaltigen Arbeitsgebiete vorgeführt, auf
welchen seine Schüler tätig sind.
Die Schulausstellung, welche in den Räumen der Kunstgewerbeschule abgehalten
wird, demonstriert den engen Kontakt zwischen Schule und Leben. Sie zeigt viele der
Aussteller, die mit ihren Arbeiten für ausführende Betriebe schon als selbständige Künstler
auftraten, in ihren Entwicklungsperioden. Sie beweist, wie vieles fertig aus den Läden der
textilen, keramischen und Möbelfabriken in die Welt geht, was eigentlich in der Schule
geboren war; was im Kontakt von Schüler und Lehrer entstand.
Die Baukunst als solche ist naturgemäß weniger stark vertreten. Einige Projekte und
Skizzen führen Versuche, Studien, Konkurrenzentwürfe vor, die teilweise auch schon
durch Fachzeitschriften bekannt wurden.
Einen großen Raum nimmt die Flächenkunst ein; in großem Maßstab ausgeführte
farbige Entwürfe zu Flächenmusterungen, von Anfängern hergestellt, zeigen die Art, wie
der Meister seine Schüler gleich zu kräftigen, farbigen und zu großformigen formalen Erfin-
dungen drängt, die dann ihre Anwendung verschiedenster Art finden. Zahlreiche Vor-
satzpapiere, Buntpapiere, ferner ausgeführte Druckstoffe beweisen die Aufnahme, welche
".1
solche Ideen in der Industrie schon gefunden haben und wie lebensfähig die sorgfältigen
Exerzitien von Schülern sein können.
Ähnliche Eindrücke empfängt man bei den keramischen Versuchen, die nicht nur bei
dem zeichnerischen Vorstadium stehen bleiben. Man sieht an ausgeführten Arbeiten, wie
etwa an der Folge von Serapis-Fayencen, wie einzelne Persönlichkeiten sich aus der Menge
der Schüler herausheben und erfolgreich für die Ausführung wirken und dann immer freier,
selbständiger ihre eigene Note entwickeln.
Die Stickereien, Perlarbeiten, Hutschmuckversuche bergen alle lebensfähige Keime
und sind von den Entwerferinnen auch in die Wirklichkeit übertragen worden.
Kunszgewerbeschule des Österreichischen Museums, Ausstellung von Schülerarbeiten aus der Fachklasse für
Architektur des Professors Josef Hoffmann
Aber auch größere Gefäße in getriebenem Silber, Schmuckstücke in edlen Steinen
zeigen die Reife der Absolventen, die den Geist der Schule ins Leben mit hinübernehmen,
ohne die Unselbständigkeit schülerhaften Schaffens erkennen zu lassen.
Man kann hier wirklich von einer Schulbildung sprechen. die eine tüchtige Schulung
bildet. Die Persönlichkeit des Meisters scheint sich zu vervielfältigen, immer neue Triebe
auszusenden, die dann ihr Eigenleben weiterführen. Man sieht, daß nicht eine monotone
Wiederholung eingelernter Formeln resultiert, sondern die Mannigfaltigkeit vielfältiger
Begabungen, die ein gemeinsamer Nährboden mit entwicklungsfördernder geistiger
Nahrung versorgte.
Daß auch die Arbeitsgebiete selbst sich verändern, je nachdem die Neigung von
Talenten oder auch das Bedürfnis des praktischen Lebens dazu Veranlassung geben, zeigen
zahlreiche Entwürfe für moderne Kleidung, die in jüngster Zeit entstanden. Sie behandeln
ein Gebiet, das bisher künstlerischer Einfiußnahme fast ganz entzogen war und das doch
derselben so dringend nötig hätte. HoHentlich vermag hier die Schule ebenso erfolg-
reich ins Leben hinaus zu wirken, wie sie es auf andern Gebieten tat.
KLEINE" NACHRICHTEN so-
EÜE SEZESSION IN BERLIN. Die jüngste Ausstellung dieser Gruppe, die
übrigens inzwischen durch Austritt ihres Vorstandes auch schon wieder gesprengt ist,
läßt ziemlich kühl. Man merkt im Revolutionären das Pedantische, und weniger ein leiden-
schaftlich drängendes Streben nach neuen Ausdrucksformen begegnet als renommistische
Originalitätssucht.
Die Berliner Gilde tritt gemeinsam mit der neuen Künstlervereinigung München auf.
Deren Arbeit wirkt noch problematischer. Kandinskys große Leinwandßächen, als Impro-
visationen" und Kompositionen" bezeichnet und durchnumeriert, wie das Opus des
Komponisten sind Stammelnde, schlaHe Palettenphantasien, Farbenausliüsse reizbarer
Schwäche. Komposition Nummer und Improvisation Nummer 18 gleichen bunten ver-
ronnenen Eisspeisen. Bechtejelfs mythologische Szenen mit den gedrehten Spindelleibern
der Grazien sind in ihrer Primitivität nicht stilgebildete Form, sondern Hilflosigkeit .Manches
Geschmackliche wie die Wolken und Stilleben von Jawlensky ist dann mehr dekorativ-kunst-
gewerblicher Entwurf. Diese Motive in ihren Konturierungslinien der Früchte scheinen zum
Beispiel direkt eine Vorzeichnung für eine Glaskomposition.
Von den Berlinern ist immer noch am bemerkenswertesten Max Pechstein, der sich
ja nun auch losgesagt und reumütig wieder bei Cassirer ausstellt. Er ist ein echtes starkes
Farbentemperament. Nächtliche Landschaften von Blut- und Feuerströmen durchloht
träumt er, Gauguinsche Exotik der Inselgestade in brennender Sonnenkoloristik liebt er.
Auch Melzer zeigt ein eigenes Gesicht. Er neigt in der flächenhaften Schilderei der
Krieger mit Lanzen zu den starr monumentalen Formen assyrischer und ägyptischer
Wandmalereien. Doch ist seine Handschrift mehr graphisch als malerisch. Sein Holz-
schnitt des gleichen Motivs beweist das und auch der Wald" mit seiner streifigen Baum-
musterung wäre dankbarer geschnitten als gemalt. Harold Bengen hat einen an Hodler
geschulten Sinn für Architektur und Rhythmus der Körper im Bilde. Seine Fliehenden",
kauernde, stürzende, mit langenden Gebärden laufende Figuren in einer dekorativen Atmo-
sphäre gelbgrüner kreisender Ringe sind in all ihrer Bcwegtheit künstlerisch zur Ruhe
gebändigt.
Ein Farbenorgiast, dem es vor den Augen schäumt, ist Nolde, doch ganz zuchtlos im
Vergleich zu Pechstein. Seine Bibelszenen, der zwölljährige esus. die heiligen drei Könige,
der Judaskuß erscheinen als l-laschischhalluzinationen, ausgespiene rotgrüne züngelnde
Feuerbrände, aus deren finster schwelendem Dunst Kielkröpfe und Walpurgisnachtfratzen
grinsend tauchen. Heckels Tänzerinnen gleichen Spielzeugiiguren und seine badenden
Mädchen Wasserleichen. Andrerseits fällt Otto Mueller diesmal als etwas süßlich auf mit
drei allzu absichtlich arrangierten nackthellen Riickenfiguren mit schwarzhaarigen Köpfen
am Ufer gegen hellgrünen Seespiegel. Pikant gestellt ist das Stilleben von E. L. Kirchner
mit der nackten Frau unter den aponnerien, griingelben Stoßen und dem tupligen kera-
mischen Panther. Und schließlich, um mit einem freundlichen" Wort zu enden, frappiert
eine schicksalsvolle düstere Bronzemaske von katonischer Strenge, deren Schöpfer Otto
Freundlich heißt. Er lebt in Paris, und sein Meister wäre wohl Rodin.
ERLIN. PÜPPEN. Ein kleinesWelttheater war einmal in den Salons von Friedrnann
und Weber aufgeschlagen, ein Puppenstaat voll der Fülle der Gesichte. Miniatur-
sendbotinnen aus allen deutschen Landschaften boten eine Trachtenschau. Da gab es zu
sehen Lübecker Waisenkinder und Ratsdiener, Dachauer Bräute, Bauern und Bäuerinnen
aus Bayern und Westfalen im Gottestischrock, im Tanzkleid und im Hochzeitsgewand.
Zu den dörflich-rustikalen Typen gesellten sich bestrickende Kulturiigurinen
amoureuse Köpfchen, zart und schmal, schlank gebogene Hände aus Nymphenburger
Porzellan, und sie stellten in echten Kostümen Damen der altenglischen Porträtgalerie dar.
Und verführerisch von allen andern schien die aus dem Rahmen gestiegene und in ein
Däumelinchen-Abbild verwandelte Lady Farren nach Lawrence mit dem überhauchten
Pastellgesicht, von Chiffon weich und duftig umschleiert, und die zierliche Linie der Hüften
pikant nuanciert durch den großen, flachen, tief zum Schoß herabgestreckten Pelzmufl".
In diesen Weihnachtstagen hat sich bei Friedmann und Weber nun wie der ein Puppen-
heim mit allerlei Wunderbarem aufgetan. Seine Geschöpfe sind keine Spielpuppen, sondern
kapriziöse Phantasien für die Vitrinen der Sammler des Sonderbaren. Eine Weihnachts-
bescherung stellt sich dar wie aus einer E. Th. A. Hoffmanschen Spuknovelle.
Spela Albrecht von Offe modellierte diese Puppen. Es sind fast alles Orienttypen. Aber
nicht das Ethnographische, der Rassezug ist an ihnen das Wesentliche, sondern der
unheimlich getroffene Ausdruck gesteigerter Reizzustände.
Die Geheimnisse uralter Wollustkulte, religiöser Tanzekstasen, der Opiumver-
zückungen sind hier in Kleinskulpturen von leidenschaftlicher Gegenwart gebannt und dar-
gestellt. Man denkt an die zuckigen Verrenkungen und die zu brünstig dumpfem Aufschrei
verzerrten Gesichter der tanzenden Derwische in Skutari, an die zerquälten Züge mit den
brechenden Augen voll irrer jenseitiger Glückseligkeit, wie man sie bei den nächtlichen
Folterfesten der mit Messern, Nadeln und Dolchen ihr Fleisch peinigenden Aissuans im
tunesischen Kairouan sah, und an die Haschischraucher in Marokko, deren maskenstarrem
Antlitz man es anmerkt, daß ihre Seele wandert, während ihr Körper schweigend ruht
gleich den Verzauberten östlicher Märchen.
Besonders die gierig wilden Tanzbewegungen kommen in diesen Puppen zur Er-
scheinung, die Inbrunst des Sichausrasens, die grausamen Konvulsionen, die Hetschige Wut.
Und dann wieder in den Hockenden, Kauernden, in sich Zusammengezogenen die andere
Seele des fernen Ostens, der schweifende Traum, die Unberührtheit vorn Irdischen, das
Schauen. Gruppen stellen sich auf Teppiche zusammen, ähnlich den bunten Szenen arav
bischer Märkte mit Schlangenbändigern und Geschichtenerzählem, und wenn man diese
Köpfe sieht, die so dumpf und dabei mit den weißen Raubtierzähnen so fanatisch wirken,
gleichsam immer zum Sprung geduckt, dann glaubt man im Ohr jene Weisen der Flöte und
der gutturalen I-Iandtrommel zu hören, die so seltsam narkotisch und aufregend zugleich
die Nerven streicheln und peitschen.
In einem iluidumerfullten Buch, den Chinesischen Geister- und Liebesgeschichten, die
Martin Buber gesammelt und E. R. Weiß zärtlich in blütenüberrankte mattrote Seide
gekleidetf wird viel von vampyrischer Liebe gesprochen. Tiergeister suchen in Frauen-
gestalt junge Menschenmänrier zur Buhlschaft heim. Und es klingt durch diese Stücke
etwas von der unendlichen Einsamkeit der Kreatur und von der panischen Sehnsucht
des All- und Einswerdens.
In den chinesischen Typen dieser Puppenwelt wird man an solche animalischen, die
Grenzen verwischenden erotischen Metamorphosen erinnert.
Dem Beschauer drängt sich vor diesen Figuren ein Reigen der Assoziationen auf;
er wird natürlich Baudelaires und dessen perverser Lust an der Beaute du diable exotischer
Grimassen gedenken, natürlich an de Quinceys Opiumträume und, wenn man neueste
Parallelen will, an den Roman eines Zwischenweltgeschöpfes, an I-Ianns Heinz Ewers
Alraune.
Die Ersinnerin dieser Cour de miracle und ihrer Gestalten hat sie aber durchaus
nicht vom literarischen Inkubus besessen hervorgebracht etwa so wie manche jetzt
Beardsley-Zeichnungen nachkneten sondern aus eigenem Instinkt und aus einem Tem-
perament der absonderlichen Freuden". Felix Poppenberg
Rütteln und Loening, Frankfurt a. M.
ERLIN. AUSSTELLUNG VON SlLI-IOUETTEN. Im Hohenzollern-
Kunstgewerbehaus wird eine große Ausstellung modern geschnittener Silhouetten
vorbereitet, die im April d. J. stattfindet. Da es die Absicht ist, nur wirklich Künstlerisches
zur Ausstellung zu bringen, so wird eine Jury gebildet werden. Die Einsendung muß bis
spätestens 13. März erfolgen.
RLI N. GRAPHI CHE KAB IN ETT. Das Graphische Kabinett in Berlin
am Kurfürstendamm 33 bringt soeben einen reich illustrierten Katalog heraus, der an
Interessenten kostenlos abgegeben wird.
INNSBRUCK. FÜNFZIGJÄI-IRIGES JUBILÄUM DER TIROLER
GLASMALEREI- UND MOSAIKANSTALT. Am 12. v. M. feierte die
Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt Neuhauser, Dr. Jele Cie. in Innsbruck das Jubi-
läum ihres fünfzigjährigen Bestandes.
AS GOLDENE BUCH DER WE LTLITERATUR erschien soeben in
neuer Auflage Verlag W. Spemann, Stuttgart. Preis Mark. Das hübsche Werk
von allgemeinem Interesse ist auf den neuesten Stand der Forschung gebracht und behandelt
in guten Aufsätzen die gesamte Weltliteratur von den Ägyptern bis zur modernen Tages-
presse, ein Kapitel auch Buchhandel und Buchtechnik. Es enthält 6oo Biographien von
Schriftstellern der Gegenwart nebst zahlreichen Porträten.
AGDEBURG. DIE NEUERWERBUNGEN DES KAISER FRIED-
RICH-MÜSEÜMS IQII. Das abgelaufene Jahr war für das Kaiser Friedrich-
Museurn ganz besonders ergiebig. Mit Hilfe mehrerer bedeutender Schenkungen gelang
es, die empfindlichsten Lücken in der Gemäldesammlung dergestalt zu schließen, daß das
Bild einer fortlaufenden deutschen Entwicklung vom XV. bis XX. Jahrhundert entstanden
ist, vertreten durch typische Erscheinungen der deutschen Kunst. Infolgedessen konnte
auch endlich die Galerie so umgeordnet werden, daß ihr Sinn sich sogleich dem Betrachter
enthüllt mit jedem Raum betritt man ein anderes Jahrhundert bis etwa zur Mitte des
XIX., und dort setzt die Reihe der modernen Säle ein, die ebenfalls möglichst in geschlos-
senem Kreise die bedeutendsten Entwicklungsstufen bis 1910 vorführen. Von da an wird
ein schon beschlossener Anbau, der im Untergeschoß eine geschlossene Stiftung von altem
Kunstgewerbe aufnehmen soll, in seinen Oberlichtsälen die Kunst der Gegenwart weiter-
führen in Gemälden, Plastiken und Originalzeichnungen.
Die Neuerwerbungen des Jahres IQII gingen vor allem darauf aus, prominente Ver-
treter der Nazarener und der großen Meister um 1860 herbeizuschaifen. Eine Landschaft
von I-Iackert und sein Porträt von Fabre vervollständigten das Bild des XVIIl. Jahrhunderts.
Große Kartons wurden von Moritz von Schwind und von Overbeck erworben; dieser in
seiner raffaelischen Weichheit der Linien besonders charakteristisch. Mit markanten und
meist auch räumlich bedeutenden Bildern zogen die bisher nicht vertretenen Großen ein
Rayski, Feuerbach, Marees und Leibl. Von Ferdinand von Rayski wurde eine ungemein
lebendige Darstellung von zwei Reitern, die vor dem Gewitter fliehen, erworben; Gewalt
und Dramatik der Bewegung, auch die braune Grundfarbe, erinnern an Daumier. Von
Feuerbach gab es ein Bildnis der Nana, im Bumus von vom gesehen; ein lebensgroßes
Kniestück in dem herrlichen leuchtenden Farbendreiklang Rot, Weiß und Schwarz. Von
Hans von Marees erwarb das Museum ein Selbstbildnis, von vom gesehen, in grünlichen
Tönen gemalt und mit klaren Lasuren modelliert, eine der überaus seltenen Arbeiten, die
Marees wirklich zu Ende gemal und in ihrem Zustand belassen hat; zugleich ein
ergreifendes Dokument der Selbstanalyse des Künstlers. Von Leibl kaufte man das große
Bildnis seiner Schwester aus seiner ersten Periode, bei dem die prachtvoll gemalten
Fleischteile und der grauweiße Kragen aus dem weichen Braunschwarz des Grundes
herausleuchten.
Endlich wurden auch von Vertretern der Gegenwartskunst Werke von Liebermann,
Hodler, Erler, K. Tuch, Barlach und Gaul aus der Magdeburger Kunstschau" angekauft.
Von Liebermann eine Strandterrasse" mit vielen sitzenden Menschen und wehendenFahnen
im Sonnenschein; ein helles Gegenstück zu dem Braun der udengasse", die das Museum
bereits besitzt. Von Hodler zunächst eine Landschaft, Genfersee", von wunderbarer Bläue
des Wassers und Himmels, mit lauter Horizontalen der leisen Wellen, der fernen jurakette
und streiiiger weißer Wölkchen im hohen Blau ein Bild von unendlicher Weiträumigkeit.
Von Fritz Erler ein vortrefflich auf Weiß und Schwarz gestimmtes Damenbildnis, von Kurt
Tuch eine dekorativ-anmutige Parklandschaft in lauter grünen Tönen. Zwei unserer
hervorragendsten Plastiker hielten mit Bronzen ihren Einzug ins Museum Gaul mit zwei
lagernden Ziegen, Barlach mit einer Bettlerinß die in demselben groß vereinfachenden
Flächenstil gehalten ist wie seine Holzskulpturen; ein Bild wuchtiger Monumentalität im
kleinen Maßstabe. P. F. Schmidt
PARISER AUSSTELLUNGEN. Die Exposition Internationale de l'Art chretien
moderne" im Musee des Arts Decoratifs vereinigte alles, was die moderne Kunst zu
kirchlichen und religiösen Zwecken geschaffen hat Architektur, Skulptur, Malerei, Kunst-
gewerbe sind hier reichlich vertreten. Einige vorstorbene Meister werden diesmal auch
noch zu den Modernerw gerechnet, und man Endet hier gar keine von den Sezessio-
nistischen Exzentrizitäten, welche den Besucher in seiner Auffassung religiöser Gedanken
verletzen könnten. Die Ausstellung, welche 500 Nummern umfaßt, bietet jedenfalls
Gelegenheit zu interessanten Studien über noch nicht gelöste Fragen, insbesondere über
diejenige des modernen Kirchenbaues. Hierin wurde noch nichts geleistet, was dem Zwecke
und dem kulturellen Gedanken entspräche. Moderne Kunst soll eben vor allem individuell
sein, und dies läßt sich nicht leicht mit den äußerst traditionellen christlichen Begriffen
vereinigen. Von diesem Umstande abgesehen, bewundert man gern die Bilder von Burne-
Jones, den geisterhaft verschwommenen Christus und die beiden Gebete von Eugene
Carriere, die heilige Genoveva und die Pieta von Puvis de Chavannes. Um zu den lebenden
Künstlern überzugehen, sind vor allem drei große Entwürfe lebensgroße Kohlenzeich-
nungen des Meisters Besnard, für das Krankenhaus in Berck bestimmt, zu erwähnen.
Auch Madame Besnard ist mit einer Statue des heiligen Franziskus vertreten. Die Arbeiten
von Saint Marceaux und von Bartholome sind wie immer von tadelloser künstlerischer
Vollendung. Der berühmte Humorist Forain hat seine Bewunderer hier mit einigen äußerst
individuell behandelten religiösen Sujets Kohlenzeichnungen überrascht. Den meisten
Raum nehmen die Bilder von Maurice Denis ein große freskenartige Gemälde, welche für
eine Kapelle in Vesinet bestimmt sind, außerdem Entwürfe für Gobelins und Illustrationen
für eine Nachfolge Christi. Seine Ölgemälde zeichnen sich durch hübsche Farben-
stimmungen aus; dieser Eindruck wird in keiner Weise durch die Darstellung eines
nennenswerten Gedankens beeinträchtigt. Viel charakteristischer sind die Gemälde von
Eugene Burnand, dessen Abendmahl" ein sehr bemerkenswertes, wenn auch keineswegs
modernes Kunstwerk ist.
Das Kunstgewerbe ist durch diverse Kirchengewänder, Kirchengeräte darunter ein
Kelch von Lalique und die herrlichen Spitzen der berühmten Firma Lefebure vertreten.
Bei Georges Petit iindet diesen Monat die Ausstellung der Societe Internationale de
Peinture et de Sculpture" statt. Diese seit beinahe 30 Jahren bestehende Vereinigung wird
zwar von der jüngeren Kunstwelt oft etwas verächtlich als altes Eisen" behandelt, doch
gehört ihre Ausstellung zu denjenigen, welche vom Pariser Publikum am meisten geschätzt
und besucht werden. Es ist hier keine erdrückende Fülle von Bildern, der Besucher findet
gern bekannte Namen und fast alle Mitglieder der Societe Internationale sind in Paris
ansässig, Künstler, die es verstanden haben, sich eine gesellschaüliche Stellung zu schaffen.
Der beliebte Porträtmaler Carrier-Belleuse stellt einige recht hübsche Köpfe, leider
auch ein ziemlich mißlungenes Porträt von Madame Caillaux aus. Entziickend ist hiegegen
sein Genrebild Nus sur le sable" nackte Frauen am Strande. Andre Brouillet ist auch
einer jener Porträtmaler, die es verstanden haben, ihre Kunst mit dem Geschmack des
Publikums in Einklang zu bringen. Sein Bild der Baronne ist hübsch, lebendig,
technisch einwandfrei.
Felix Borchardt bleibt seinen Freilichtbildem, zu denen die etwas harten Konturen
allerdings nicht immer gut passen, treu. Die sonnigen Landschaften aus dem Süden gehören
zu seinen besten Arbeiten. Die hübschen kleinen Ölgemälde von Raimond Woog spielende
Kinder und Stilleben zeichnen sich durch anmutige Originalität aus. Zwei sehr kräftig
behandelte Porträtstudien von Casas haben einen gewissen künstlerischen Schick. Albert
Frapie verlegt sich auf die absolute Nachahmung von Fragonard in Farbe und Sujets. Von
weitem ist die Ähnlichkeit sehr gelungen, bei näherer Betrachtung wirkt sie unsympathisch.
Jules Pages und Morisset sind in dieser Gesellschaft diejenigen Künstler, welche am meisten
durch moderne Tendenzen auffallen. Die Landschaftsbilder sind fast durchwegs vorzüglich.
Es ist dies auch bei den Namen Pierre Waidmann, Olsson, Grimelund, Harrisson und
andern Berühmtheiten nicht zu verwundern. Die Bildhauer haben sich diesmal nicht sehr
zahlreich beteiligt Eine Büste der Königin von Belgien von Charles Samuel, einige Köpfe
von Theodore Riviera und wenige andere, die man zu leicht übersieht.
Eine andere Abteilung der Galerie Georges Petit beherbergt die Ausstellung La
Comedie Humaine". Man denkt zuerst an Balzads gleichnamiges Werk, doch handelt es
sich hier um die modernste menschliche Komödie". Eigentlich ist dies nur ein anderer
Titel für die stets so beliebten Ausstellungen der Humoristes". Wir finden dieselben
Künstler, welche bisher ihr Talent in den Dienst der heiteren Philosophie stellten und
sich auf dem Gebiet der Karikatur Lorbeeren holten. Die besten Gedanken sind natürlich
wieder der unerschöpflichen feinen Beobachtungsgabe von Albert Guillaume zu verdanken.
Seine Darstellungen behalten immer etwas Anmutiges, wie beißend auch sein Humor
sein mag. Der Stil von Jean Veber, der die Menschen als gräuliche Zwerge auffaßt, ist
immer derselbe. Lepape verlegt sich zumeist auf Skizzen aus den russischen Balletten. Sem
ist mit Forain und Leandre einer der größten Meister der Karikatur. Dethomas, Dresa,
Metivet, Wely, Abel Faivre, Capiello, sie alle haben uns durch ihre drolligen Einfälle ergötzt
und sie gehören ohne Zweifel zu jenem Tout-Paris", dessen Namen jedem geläufig sind.
Th. Kulmer
IEN. NIEDEROSTERREICI-IISCHES LANDESMUSEUM. In Ver-
tretung Seiner Majestät des Kaisers erölfnete am 18. v. M. Seine k. u. k. Hoheit
Herr Erzherzog Leopold Salvator das neugegründete Niederösterreichische Landesmuseum
im ehemaligen Palais Geymüller in der Wallnerstraße. Vorläufig ist das neue Museum in
sieben Räumen untergebracht, doch ist diese Raumeinteilung bloß als provisorische zu
betrachten, weil sich diese Räume schon heute für das vorhandene Material als viel zu
gering erweisen. Trotzdem konnte in dem gegebenen Rahmen eine systematische Anord-
nung der einzelnen Abteilungen vorgenommen werden. Wir werden über dieses neue
Wiener Museum in einer der nächsten Nummern von Kunst und Kunsthandwerk" ein-
gehend berichten.
MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM 50-
ÜRATORIUM. Seine k. u. k. Hoheit der Herr Erzherzog Franz Ferdinand hat
in seiner Eigenschaft als Protektor der Zentralkommission für Denkmalpßege das
Mitglied des Kuratoriums des Österreichischen Museums Seine Exzellenz Johann Grafen
Wilczek zum Ehrenmitglied der Zentralkornmission, ferner die Kuratoriurnsmitglieder
7x
Herrenhausmitglied Wilhelm Ginzkey, Seine Exzellenz Oberstkämmerer Grafen Leopold
von Gudenus, Seine Exzellenz Statthalter a. D. Dr. Leo Grafen von Pininski und Univer-
sitätsprofessor Hofrat Dr. Heinrich Swoboda zu Mitgliedern des Denkmalrates der genann-
ten Kommission auf die Dauer von Fünf Jahren ernannt.
ERSQNALNACHRICHT. Seine k. u. kÄ Hoheit der Herr Erzherzog Franz
Ferdinand hat den Vizedirektor des Österreichischen Museums Dr. Moritz Dreger
zum Mitgliede des Denkmalrates der Zentralkommission für Denkmalpflege auf die Dauer
von fünf Jahren ernannt.
Neuaulstellung der Sammlungen des Österreichischen Museums. Saal VIII
USSTELLUNG ÖSTERREICHISCHER KUNSTGEWERBE. Seine
k. u. k. Hoheit Herr Erzherzog Rainer hat am x7. d. M. die Ausstellung neuerlich
durch einen eineinhalbstündigen Besuch ausgezeichnet und dem Direktor volle An-
erkennung über das Gesehene ausgesprochen.
Seine Exzellenz der Herr Handelsminister Dr. von Roeßler hat am 24. d. M. vor-
mittags die Ausstellung eingehend besichtigt und den Direktoren des Museums und der
Kunstgewerbeschule sowie den anwesenden Ausstellern über die zur Schau gestellten
hervorragenden Leistungen seine volle Anerkennung ausgesprochen.
EÜÜRDNUNG DER SAMMLUNGEN. Mit der modernen Winterausstellung
wurden die Sammlungen für Plastik, Holz, Stein und Terrakotta, für Möbel und
Kleinkunst in den Sälen III, VIII und durch den Abteilungsvorstand KustosDr. August
Schestag neu aufgestellt, sowie die Sammlung der Gobelins eröffnet. Bei der Anordnung
I.
Neuaufstellung der Sammlungen des Österreichischen Museums. Saal Ill
des großen Oberlichtsaales im alten Hause mußte vor allem die reiche Sammlung von
Tapisserien so gehängt werden, dal die einzelnen Stücke eine ihrer ehemaligen Ver-
wendung möglichst ähnliche Verteilung finden konnten. Von ihnen sind besonders das
Gastmal der Dido", eine Brüsseler Arbeit des XVI. Jahrhunderts, der katholische Glaube",
eine Brüsseler Arbeit von Jan Frans van den Hecke nach Entwurf von P. P. Rubens und
einige Verduren zu erwähnen. Einige Tapisserien wurden unter Glas und Rahmen aus-
gestellt, wie die zwei burgundischen aus der Mitte des XV. Jahrhunderts, die zwei deutschen
Rücklaken um x4oo, von denen das eine die Erstürmung einer Minneburg, das andere das
Leben der Ackerbauer schildert, ferner eine in den Farben besonders gut erhaltene Grab-
legung niederrheinischer Herkunft aus dem beginnenden XVI. Jahrhundert.
Unter und neben den Wirkereien wurde dann die Plastik angeordnet, darunter Maria
mit Kind von Tilman Riemenschneider, der herrliche Kopf eines jugendlichen heiligen
Franziskus in bemalter Terrakotta; frei im Saale, gegen den Haupteingang orientiert, fanden
die großen Holzaltäre ihren Platz, ebenso die bekannten drei Porträtbüsten Alessandro
Vittorias. Anschließend an diesen Saal wurden die alten Möbel aufgestellt. Unter diesen
sind besonders zu erwähnen ein gotischer Schrank aus Bayern aus dem XV. Jahrhundert, ein
deutscher Renaissanceschrank mit reichen Intarsien aus dem XVI. Jahrhundert und zwei
mächtige norddeutsche Gerichtsschränke mit reichen Schnitzereien aus dem XVII. Jahr-
hundert. Auch dieser Saal wurde mit einigen Tapisserien, darunter zwei golddurchwirkten
Briisseler Arbeiten des XVI. Jahrhunderts, mit Teppichen und einigen plastischen Stücken
geschmückt. Saal III enthält die Sammlung der Möbel aus dem XVIII. und XIX. Jahrhundert.
Die Mitte des Saales nehmen die Leistungen David Roentgens aus Neu-Wied ein, ein großer
Neuaufstellung der Sammlungen des Österreichischen Museums. Saal
Schrank mit Uhr und überaus reichen Intarsien, zwei Tische und zwei große Intarsientafeln
aus farbigen Naturhölzern mit dem Raub der Sabinerinnen auf der einen und der Darstel-
lung der Sage des Coriolan auf der andern. Im Anfange des Saales sind einige holländische
Schränke, ein holländischer Schlitten, Sessel mit gepreßtem Leder und anderes, auf der
Ausgangsseite die Möbel der Empirezeit aufgestellt, unter denen besonders ein Bett mit
vergoldeten Holzbeschlägen, ein Spinett mit reichen Bronzeverzierungen, ein Schreibtisch-
chen von dem Wiener Holl, und ein neu erworbenes Arbeitsüschchen mit vier Land-
schaften von Wiegand und einer vollständigen Einrichtung für weibliche Arbeiten hervor-
ragt. Auch in diesem Saale sind einige plastische Werke Maria Theresia, in Terrakotta.
Kaiser Franz und Gemahlin, aus Marmor, von Schaller aufgestellt,
Im Saale des ersten Stockwerkes sind die Gegenstände der Kleinkunst Plastik in
Wachs, Elfenbein, Arbeiten in Leder und eine Kollektion holzgeschnitzter Rahmen auf-
gestellt. Die Wände des Saales sind auf der einen Seite mit großen Stickereien und einer
Brüsseler Tapisserie, auf der Fensterseite mit Rähmchen geschmückt. Beim Eingange sind
zwei Vitrinen mit Kassetten aus Holz, Bein, Wismut etc. angeordnet, dann folgen zwei
Schaukasten. die einige hervorragende Arbeiten der kleinen Plastik enthalten, darunter die
Figur des Adam von Konrad Meit aus Worms, ein ganz besonders schöner Kopf eines
Mönches, burgundische Arbeit des XV. Jahrhunderts, eine Kehlheimer Platte mit den
Porträten Maximilians II. und seiner Gemahlin Maria, Tochter Karls V. 1560 und ein
Holzrelief mit der Erzählung von Tobias von Anton Corneto.
In weiteren Vitrinen sind Arbeiten aus Wachs, solche von Abbondio. Attemstetter
und von den Modelleuren der Wiener Porzellanfabrik, dann Arbeiten in Elfenbein und Holz
und eine größere Kollektion von Bucheinbänden aus dem XV. bis XIX. Jahrhundert aus-
xo
I'l'
gestellt. In der Mitte des Saales befindet sich das Holzmodell eines Barockaltars, zwischen
den einzelnen Schaukasten ist Plastik frei angeordnet. Aus diesem Raume gelangen wir in
eine Reihe vonlnterieurs, die, für die Weltausstellung 1900 in Paris von den k. k. Fach-
schulen für Holzbearbeitung als Beispiele ihrer Leistungsfähigkeit geliefert, nach Beendigung
der Ausstellung im Museum aufgestellt wurden.
BESUCH DES MÜSEUMS. Die Sammlungen des Museums wurden im Monat
Dezember xgn von 44.704, die Bibliothek von 1.924 Personen besucht.
UNSTGEWERBESCHULE. Im ersten Stock des Anstaltsgebäudes Endet
gegenwärtig eine Ausstellung der Fachklasse für Architektur des Professors Josef
Hoffmann statt. Die Ausstellung ist täglich von xo bis Uhr geöffnet und jedermann
unentgeltlich zugänglich.
Seine k. u. k. Hoheit Herr Erzherzog Rainer besuchte am 8. d. M. diese Ausstellung
sowie diese Schule selbst; außerdem die Fachklasse für Bildhauerei des Professors Franz
Barwig.
In der vom Österreichischen Lloyd ausgeschriebenen Konkurrenz zur Erlangung von
Entwürfen 1. für ein Plakat; 2. für ein plastisches Schauobjekt 3. für Umschläge von
Broschüren erhielt im Wettbewerb unter zirka xoo Einsendungen, den ersten Preis von
x5oo Kronen der Schüler der Kunstgewerbeschule Artur Stadler der Fachklasse für
Malerei des Professors Bertold Löffler und im Wettbewerb den ersten Preis von
1500 Kronen, unter zirka 50 Einsendungen, der Schüler der Kunstgewerbeschule Il-Ians
Jelenek der Fachklasse für Bildhauerei des Professors Franz Barwig. Zwei ehemalige
Schüler der Anstalt haben Anerkennungspreise erhalten.
Die ury hatte am 23. Dezember getagt und bestand aus dem Vorsitzenden Professor
von Weyr und den Beisitzern Professor Pochwalski, Baurat Bemt, Maler Dr. unk und
vier Vertretern des "Österreichischen Lloyd".
LITERATUR "DES KUNSTGEWERBEiS so
1. TECHNIK UND ALLGEMEINES.
ÄSTHETIK. KUNSTGEWERB-
LICHER UNTERRICHT
BLACKER. J. F. The ABC of japanese Art. With 49
Half-tone Illustr. and numerous Illustr. in the Text.
p. 460. London, S. Paul. s.
Blumen und Ornament. Studien für das Kunstgewerbe.
20 Tat. Fol. Plsuen. C. F. Schulz Co. M. 3o.
CRANE, W. William Morris to Whistler. Papers and
Addresses an Art and Craft and the Cornrnonweal.
p. 288. London. Beil. s.
F. L. Neues von Heinrich Vogeler. Die Kunstwelt, Nov.
GENEWEIN, A. Vom Rornanischen bis zum Empire.
Eine Wanderung durch die Kunstforrnen dieser
Stile. In Teilen mit 947 Abb. 8". Leipzig. F.
Hirt S. M. g.
GROSS, K. Der Schrei nach dem Ornament. Dekora-
tive Kunst. Dez.
HAVELL, E. B. The Ideals cf Indian Art. lllustr.
p. 208. London, j. Murray. 15 s.
KUHN,A. Allgemeine Kunstgeschichte mit ästhetischer
Vorschule als Einleitung zur Geschichte und zum
Studium der bildenden Künste. 3Bde. in GI-lalbbdn.
mit 5572 lllustr. Vl. 218 S.. Lex.-8". Einsiedeln,
Verlagsanstalt Benziger Co. M. 8.
Kunst, Neue, in Alt-Preußen. Zeitschrift für Baukunst,
Malerei, Bildhauerkunst und KunstgewerbeJ-leraus-
gabe und Schriftleitung O. W. Kuckuck. unter
Mitarbeit von Albien. Cauer, Dettmann u. a. njahr-
gang. juli xgn-juli 191. Hefte, 1. Heft 42 S.
mit TaL, Lex.-8'. Königsberg. Gräfe Unzer.
M. 12.
LEVETUS, A. S. Austrian Schools for Weaving. The
Studio, Nov.
LORY, K. Ein halbes jahrhundert Kunst und Hand-
werk. Kunst und Handwerk, 1912. 2.
SCHANZER, H. The Prague Arts and Crafts School.
The Studio, jän.
SCHUMANN, P. Dresdner Kunstgewerbe. Kunstge-
werbeblatt, Dez.
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Alle für "Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen sind an die Redaktion dieser Monatsschrift.
Wien, I., Stubenring 5. zu richten. Für die Redaktion verantwortlich Franz Ritter.