die tiefunterhöhlten Man- telfalten um den Körper und die tiefunterschnit- tene Lockenperücke um das Gesicht bilden (Abb. 3 1).Welche raffinierte Be- wußtheit in der Anwen- dung der Kunstmittel! Wie sich diese selt- sam fesselnde Spätkunst im Reliefstil ausnimmt, zeigen die vier bemalten und vergoldeten Reliefs (je 58 : 46 Zentimeter) mit der Darstellung von je zwei Nothelfern (Abb. 32 bis 33), auch sie voll manierierter, sozusagen unmotivierterBewegtheit, die bis ins Einzelne geht, bis in die gichtisch ver- krümmten Finger (vergl. besonders den heiligen Christophorus). So hat uns diese sum- marische Übersicht des Bestandes der gotischen Holzskulpturen des Linzer Museums von den Figuren des Meisters von Käfermarkt, die in ihrer Ruhe, tiefen Innerlichkeit und breiten Behandlung etwas Klassisches haben, bis zu den überlebendigen Ausläufern der Spätgotik geführt. Es war möglich, die Masse zeitlich zu gliedern, bestimmt umrissene Meisterphysiognomien heraus- zuarbeiten und die übrigen Arbeiten um sie zu gruppieren oder an bekannte größere Altarwerke des Landes anzuschließen. Besonders reich an eigenen Werken wie an Nachfolgern und Schülern ist der Meister S. W. von St. Florian hervorgetreten, der zugleich etwas echt Oberösterreichisches in seiner Art hat und in seiner Kunst sozusagen den oberösterreichischen Dialekt spricht. Seine Gesichtstypen sind oberösterreichisch (besonders die der Frauen), seine Freude an der lebhaften, anschaulichen Schilderung und seine Freude an der Natur, ja sein derber Humor, sind es auch. Ich habe nicht ohne Absicht das Wort „Dialekt" gebraucht. Rosegger hat Oberösterreich das klassische Land der Dialektdichtung genannt, und tatsächlich findet hier keine Kunst Resonanz, die nicht gesund-volkstümlich ist. Einen eminent volkstümlichen Charakter hat denn auch diese spätgotische Schnitzaltarkunst in Oberösterreich. Sie hat laut und dringlich zum Herzen des Volkes gesprochen, in der österreichischen Wärme ihres Empiindungsausdrucks (man vergleiche etwa die „Beweinung Abb. 33. Zwei Nothelfer (rechts der heilige Rochusylnnviertler Spätgozik 22'