Der Kunstverlag Schroll hat dies in weitem Umfang unternommen und sich in Bau- rat Ivekovic einen sachkundigen und begeisterten Fachmann gesichert, der an die histo- rischen Zusammenhänge und wissenschahlichen Probleme ein eingehendes Studium wendet. Man sieht der weiteren Entwicklung dieses weitgreifenden Unternehmens mit um so größerem Interesse entgegen, als die Erschließung des Landes Fortschritte macht. So eilt die künstlerische Wertschätzung diesmal der wirtschaftlichen Hebung voran; es ist zu wünschen, daß die eine Aktion auf die andere fördernd und belebend wirken möge; daß die Aufnahme des künstlerischen Inventars unnötige Zerstörungen verhindern und neue Bau- projekte in ersprießliche Bahnen lenken möge, die nicht rücksichtslos hohe Werte ver- nichten. Hartwig Fischel UTER UND SCIlECl-ITER GESCHMACK." Gleichmäßige, umfassende Bildung kann auf ein Buch über guten und schlechten Geschmack leicht verzichten. Das ganze Wesen und gesamte Empfinden eines harmonisch entwickelten Menschen sträubt sich gegen Geschmacklosigkeiten. Das Unbehagen, das ihn erfaßt, sobald er derartigen Dingen begegnet, wird zum verläßlichen Regulator seines ästhetischen Urteils. Aber wie viele Menschen erfreuen sich einer harmonischen Bildung? Eine schöne Ausgeglichenheit der Bildungselemente finden wir heute fast nur mehr bei geistig hochstehenden, feinsinnigen und seelisch vornehmen Frauen. Arbeitende Männer sind in der Regel Fachleute und daher vom Hause aus nach strengeren Begriffen nicht wahrhaft gebildet. Das heißt, sie haben für dieses oder jenes große, geistig bedeutungsvolle Gebiet des Kulturlebens kein Verständnis. Daß zu diesen Gebieten sehr oft das ästhetische Empfinden zählt, wird niemand leugnen; und daß wir diese Lücke in unserer allgemeinen Bildung eingestehen, darf schon als großer Fortschritt gelten. Wir haben es bereits einsehen gelernt, daß uns dadurch eine reiche Quelle unzähliger Lebensfreuden vertrocknet ist. Seit mehr als vierzig Jahren bemühen sich Ästhetiker, namentlich in England und Deutschland, anregend und aufklärend zu wirken. Man kann aber nicht behaupten, daß nach dieser Richtung bereits I genug geschehen ist. Es ist daher zu begrüßen, wenn ein Mann, der sich berufsmäßig mit solchen Fragen beschäftigt, eine Anleitung zu geben versucht, nach welchen Grundsätzen eine richtige Bewertung des Schönheitsgehaltes speziell auf jenem Gebiete, das beständig unser Urteil herausfordert, auf dem des Kunstgewerbes, erfolgen soll. Es wird ja solches angelemte Empfinden immer eine unverläßliche Stütze gegenüber der unendlichen Mannig- faltigkeit ästhetischer Probleme bilden, aber daß verstandesmäßige Erwägung die ärgsten MißgriEe und Irrtümer als solche hinzustellen und daraus allgemeine Grundsätze abzuleiten vermag, daIl sie unser ästhetisches Denken einer systematischen Schulung unterwirft, dal] sie für zahlreiche, oft schon zur Gewohnheit gewordene Ungereimtheiten die Augen öffnet, darüber kann kein Zweifel sein. Als methodischer Denker, als der sich Pazaurek stets erwiesen, gliedert er sein Material in systematischer Weise. In drei großen Abschnitten bespricht er die Materialfrage, die Zweckform und Technik und endlich Kunstform und Schmuck. jederAbschnitt enthält wieder zahlreicheUnterabteilungen, und diese wohltuende Gliederung erleichtert die Benutzung des Buches in hohem Grade. Besonders angenehm berührt die Unbestechlichkeit des Verfassers gegenüber modernen Schlagworten. Das zeigen unter anderem seine Ausführungen über „Schönheit der Maschine", ein Schlagwort, das in den letzten Jahren in vielen Köpfen Unheil angerichtet hat. Pazaurek lehnt es entschieden ab, der reinen Nutzform Schönheit zuzubilligen. Er zitiert unter anderem bei diesem Anlasse den feinen Vergleich von P. Ree: „Seine Pllicht tun und seine Pflicht gerne tun sind zwei ganz verschiedene Dinge, und diese Verschiedenheit ist es, welche die handwerklichen und kunsthandwerklichen Dinge voneinander scheidet." Und am Schlusse sagt er: ebenso wie gesunde Menschen noch nicht schöne Menschen zu sein brauchen, so sei es auch in der Kunst. ' Gustav E. Pazaurek, Guter und schlechter Geschmack im Kunstgewerbe. Stuttgart und Berlin, xgu, Deutsche Verlagsanstalt.