Es sind nun nicht mehr die großen repräsentativen Räume, die den charakteristischen Ausdruck des Zeitbediirfnisses bilden, sondern die dem Familienleben gewidmeten inti- meren Gemächer, die ja auch in den höchsten Kreisen des offiziellen Prunkes entbehren und das schönste Gleich- maß der Umgebung täglicher Lebensäußerungen vor Augen führen. In der Salzburger Residenz zeigen die Innenräume jene Konsequenz lang dauernder, langsam fortschreitender Vollendungsarbeiten: ein Nebeneinander zeitlich weit auseinanderliegender Formenwelten. Von Erzbischof Wolf Dietrich 1592 begonnen, wurde dieser Bau bis zur Aufhebung der politischen Selbständigkeit Abb 1- Avmhekemß v" des fürsterzbischöflichen Regiments einer steten Weiter- r57o,Höhe 4'8Zennmeter . . . .. (Phon, vmluys) bildung unterworfen. So zeigt er in manchen Raumen (Karabinersaal) die Ausklänge der Renaissancezeit, die noch in der Anwendung farbiger Marmorportale und Balustraden weiterlebt, während der strenge Marcus Sitticus-Saal die klassizistische weiße Wand- bildung mit reicher Plastik verkörpert. Dazwischen zeigen Teile der Kaiser- appartements barocke Stuckdecken und klassizistische Wandbildung, anti- kisierende Öfen und zopfige Möbel in einem zufälligen Nebeneinander. In dieser Richtung sollen auch manche der vorgeführten Wiener Innenräume durch eine textliche Beigabe kritisiert werden. Die Möbel entsprechen in sehr vielen Räumen nicht der Zeit der Wandbildung. Spätere Restaurierungs- arbeiten haben in einzelnen Fällen Veränderungen hervorgerufen. Die nicht bloß zu Repräsentationszwecken dienenden Räume leiden ja unter dem Einfluß praktischer Bedürfnisse stets auch dort, wo man den Wert pietät- voller Erhaltung einzuschätzen weiß. Bekanntlich haben aber über die Art der Erhaltung alter Einrichtungen bis vor kurzem noch sehr sonderbare und falsche Vorstellungen geherrscht. Es wird ein Verdienst der Veröffentlichung sein, Vergleichs- objekteein- ander ge- genüberzu- stellen, die Kritik des Erhal- tungszu- standesund der wün- .. sehenswer- i ten Verän- derungen zu erleich- Abb. LApotbekertopfvor 157o,Höbe Abb. 3. Topf mit den Wappen von Amsterdam und 8'; Zentimeter (Photo Versluys) tern. Haarlem, datiert 1610, Höhe 13 Zentimeter