_J__ Kleides ist von dem steiferen des Mantels deutlich unterschieden. Der Wurf der tiefunterhöhlten Mantelfalten bewegt sich in wenigen schlichten, aber ausdrucksvollen Motiven; auffällig ist der dreieckförmige Ausschnitt, den der Mantel am Unterleib freiläßt. In die streng hieratische Auffassung der älteren Zeit dringen schon genrehafte Motive ein; die Blicke von Mutter und Kind sind nicht aufeinander gerichtet, sondem wenden sich, dem Charakter des Kultbildes entsprechend, den Andächtigen zu; andrerseits greift das Knäblein mit gut beobachteter, echt kindlicher Gebärde nach dem (leise angedeuteten) Doppelkinn der Mutter („s'Goderl kratzen", nennt man das in Oberöster- reich) und verkrümmt das linke Füßchen in charakteristischer Weise. (Der fehlende rechte Unterarm dürfte ein Zepter getragen haben, in den Dübel- löchem der Krone haben einst hoch emporragende Zacken gesteckt.) Gleichfalls aus dem Mühlviertel stammt die schöne Wandgruppe der heiligen Anna selbdritt (Rücken ausgehöhlt, Lindenholz, abgelaugt und dunkel geheizt), die dem ersten Jahrzehnt des XVI. Jahrhunderts angehört (Abb. 6). Breit, mit etwas vorgesetztem linken und zurückgezogenem rechten Bein sitzt Großmutter Anna in ehrbarer Hausfrauen- tracht auf dem bankar- tigen Sitz, dessen profi- lierte Eckpfosten rechts und links zum Vorschein kommen. Die Gestalt ist von weitem Gewand ganz umrahmt; vom Hinter- haupt fällt ein tief in die Stirne hineinreichendes Kopftuch auf die Schul- tern, die Kinnbinde geht bis zur Brust herab, über dem faltigen Rock wird ein enges Leibchen aus dichterem Stoff sichtbar, von den Schultern fällt der weitärmelige Mantel auf den Boden, und quer über den Schoß ist zu allem Überfluß ein Tuch gezogen, auf dem die Kinder sitzen und das in großen, welligen Falten niederfällt und sich am Boden muschelförmig u n _ _ Abb.6. Heilige Anna selbdriu, Lindenholz, Oberösterreich,Mühlviertel, uberschlagt. Diese dichte Anfang des xvi. Jahrhunderts (Leihgabe)