u"! Man wird begreifen, daß die stilistischen Eigenheiten einer Stickerei (und fügen wir hinzu: einer Tapisserie) weit schwerer zu beurteilen sind als die eines Gemäldes. Wir kennen zwar heute noch nicht die technischen Vorgänge bei der Ausführung der genannten Textil- arbeiten im späten Mittelalter. Bei reicheren Tapisserien liegen später zwischen dem gemalten Vorbilde und den ausgeführten Arbeiten offenbar häufig ausgesprochene Werk- zeichnungen, auf denen die Grenzen der Farben in Linien angegeben waren. Aber auch, wenn sich die ausführende Hand selber die Farben nach dem künstlerischen Vorbild ein- teilte, werden die Formen vielfach unabsichtlich geändert worden sein. Was die beim burgundischen Ornat zur Anwendung gelangte „Lasurtechnik" betrifft, so möchten wir erwähnen, daß das Österreichische Museum einige Stickereien besitzt, an denen man das Entstehen dieser Stickart recht deutlich verfolgen kann. Da wir ohnehin die Ab- sicht hatten, diese Arbei- ten in absehbarer Zeit zu veröffentlichen, so wollen wir hier nur kurz darauf hinweisen. Man erkennt an den erwähnten Beispielen, daß sich die „Lasur- technik" allmählich aus der „Legetechnilw ent- wickelt hat. Bei dieser werden die Goldfaden nicht durch den Grund- stoff hindurchgestochen, sondern aufgelegt und durch Seidenstiche nie- dergehalten; dabei kommt man, bei Ausfüllung gan- zer Flächen, schon früh dazu, die Goldfäden parallel zu legen. Die Frlihjahrsausstellung österreichischer Kunstgewerbe. Modell eines Land- niederhaltenden Stiche hause: von Architekt Alfred Keller werden anfänglich noch ziemlich regelmäßig ver- setzt; es entspricht aber dem Fortschreiten des Naturalismus in der Gotik, daß man diese ursprünglich nur niederhaltenden und regelmäßig verteilten Stiche durch Aneinander- schieben oder Auseinanderrücken zugleich zum Niederhalten, zur Farbengebung und zur Modellierung benutzt. Der burgundische Ornat gehört jedenfalls zu den glänzendsten Leistungen dieser Technik. Auch darf man wohl sagen, daß man in einer bestimmten Richtung künstlerisch Vollendeteres nicht finden kann. Wir können es darum nur für außerordentlich verdienst- voll halten, daß man diesen Werken eine so vornehme, eindringende und belehrende Ver- öffentlichung gewidmet hat, und wir glauben, daß diese auch weiterhin künstlerisch, wissen- schaftlich und technisch gleich anregend sein wird. M. Dreger DIE WERKE DES JOSEF THADDÄUS STAMMEL. Noch vor wenigen Jahrzehnten hat der um die Erforschung der steirischen Kunstgeschichte so hoch- verdiente Josef Wastler von der „Ungenießbarkeiw des „symbolischen Wustes" an den