378 Abb. z. Heiliger Nikolaus von Tilmann Riemen- Schneider im Luizpold-Museurn in Würzburg nicht durch Schweigen den Eindruck der Zustimmung zu erwecken, als viel- mehr im Interesse des Werkes selbst möchte ich seine Anschauung nicht un- widersprochen lassen. Wenn Ubell bündig erklärt, „der Stil des ganzen Werkes weist nach Franken", so bleibt er uns den Beweis schuldig. Der Gesamteindruck des Al- tars, sein Aufbau, seine Gliederung, die Anordnung seiner Figuren und Flügel- reliefs sind vielmehr nichts weniger wie fränkisch, wie ein einziger Blick auf den Marienaltar in Creglingen oder den Hei- ligen-Blutaltar in Rothenburg mit ihrem bewegteren Aufbau und den wesentlich veränderten Giebeltendenzen belegt. Meines Erachtens vergriff sich Ubell in seiner Riemenschneider-Theorie des- halb so schlimm, weil er - ähnlich wie sich Geistberger auf Webers „Riemen- Schneider" stützte - sich hauptsächlich darauf beschränkte, die Charakteristik, die Toennies uns von dem fränkischen Meister gibt, als Maßstab an den Kefer- markter Altar anzulegen, daß er also so- zusagen Toennies als Medium benutzte, statt, was doch das einzig Richtige ge- wesen wäre, den Altar und seine ein- zelnen Schnitzwerke der Reihe nach mit authentischen Arbeiten Riemenschnei- ders oder seiner Schule eingehend zu konfrontieren. Zwei oder drei Figuren oder Typen in Parallelen einander gegen- übergestellt - ich meine auch bei der Drucklegung -- hätten. zum mindesten zu Zweifeln, ja zur Ablehnung der Anschauung Geistbergers führen müssen. Wir wollen hier zunächst das Versäumte nachholen. Riemenschneiders Gestalten sind durchwegs zarter, weicher, feiner organisiert als die kräftigeren, männlicheren, robusteren Figuren des Kefer- markter Meisters, und zwar nicht nur im Gesamthabitus, sondern mehr noch in den Typen und in den Händen. Wie ganz anders, viel zierlicher proportioniert erscheint zum Beispiel die Münchener heilige Barbara mit ihrem kleinen schmalen Kopf, dem schmächtigen Oberkörper und seinen