JVI AUSSTELLUNG OSTERREICHISCHER TAPE- TEN-, LINKRUSTA- UND LINOLEUMINDU- STRIE IM OSTERREICHISCHEN MUSEUM 50' VON HARTWIG FISCHEL-WIEN 50' AS Österreichische Museum hat seine neuen Aus- stellungsräume diesmal einem in seiner Entwick- lung gehemmten Zweig der Kunstindustrie zur Verfügung gestellt. Die Tapete ist heute fast stets ein industrielles Erzeugnis und nicht mehr in altem Sinne ein handwerkliches. Trotzdem liegt der Hauptanteil für ihre befriedigende Wirkung auf der künstlerischen Seite und nicht auf der technischen. Sie ist bestimmt, den farbigen Ein- druck der Wandfläche, den Charakter ihrer Ober- fläche, das Maß ihrer dekorativen Wirkung zu bilden und zu beherrschen - die Linkrustatechnik erfüllt dieselbe Aufgabe in kleinerem Umfang. Von den Erzeugnissen der Linoleumindustrie wird vorwiegend der Bodenbelag ausgebildet. Während also die Tapete mit der Wandmalerei und der Stoffspannung zu konkurrieren hat, muß das Linoleum sich gegenüber den Fliesen und Teppichen behaupten. Da aber das Linoleum in seinen hygienischen Vor- zügen eine starke Stütze findet und darum auch leichter auf eine künstlerisch anspruchsvolle Rolle verzichten kann, hat die Papiertapete einen weitaus schwierigeren und künstlerisch wichtigeren Erfolg zu erringen. Der sorgfältig gearbeitete Katalog der Ausstellung besitzt ein inhalts- reiches Vorwort, das vorwiegend der merkantilen und technischen Seite der Frage gewidmet ist. Es gibt einen gründlichen Einblick in die Entwicklungs- geschichte des Industriezweiges, beschreibt mit Hilfe interessanter Zitate die schwierige und doch wieder glückliche Vorwärtsbewegung der Tapeten- industrie in Österreich, welche insbesondere durch die Firma Spörlin und Rahn einen erheblichen Aufschwung erhielt, der von Kaiser Franz unter- stützt wurde. Tatsächlich bildet ja auch die erste Hälfte des XIX. Jahr- hunderts eine Glanzzeit der Tapete, welche mit dem Buntdruck auf Baumwollgeweben und den Buntpapieren für das Buchgewerbe gleichen Schritt hielt. Die Papiertapete ist ja in erster Linie dem bürgerlichen Milieu ent- sprechend, indem sie ökonomische Vorteile mit künstlerischen verbindet, aber starken Strapazen nicht gewachsen ist. Zugleich unterstützt sie die Verbreitung bestimmter Geschmacksrichtungen und erleichtert durch große Auswahl die Befriedigung des privaten Bedarfes. Es ist erklärlich und leicht zu begründen, daß die Reaktion, welche dem allgemeinen Verfall des Geschmackes und der künstlerischen Produktivität zu Ende des XIX. Jahrhunderts folgte, vorerst von der Tapete nicht 52