quo KLEINE NACHRICHTEN Sie ERLINER SEZESSION 1913. Die erste Sezessionsausstellung unter dem Präsidium Paul Cassirer zeigt ein überraschend jugendliches, dem Neuesten zu- gewandtes Profil. Und der übliche Fanfarenleitartikel des Katalogs verkündet mit einer streitbaren Entschiedenheit, die auffallend gegen die abwehrende Reserve der letzten Jahre absticht: „Die Sezession ist für ihre Mitglieder keine Existenzsicherung, sondern eine Existenzgefährdung, denn sie macht die Kräfte der Kommenden immer wieder mobil." Diese Kommenden treten denn auch in Scharen hier auf. Die jungen Stämme, die man auf ihrem ersten Völkerwanderungsvormarsch in der neuen Sezession, in der Juryfreien, beim „Blauen Reiter" und in „Sturm" kennen lernte, sind nun unter einem Dach gelandet. Kokoschka, der schon in den Ausstellungen seiner extremen Gruppe eine starke Begabung für Physiognomie-Skizzierungen zeigte, die man „imaginäre Porträte" nennen konnte, tritt auch hier mit interessanten Bildnissen auf. „Gesichte" möchte man zu ihnen sagen; sie haben, auch im Ton der blassen Schatten, etwas Entrücktes, Visionäres; sie scheinen beinahe entmaterialisiert, leidenschaftlich inbriinstig, aus dem tiefsten Klima der Seele zum sinnlichen Abbild heraufgezwungen. Und es ist kein Zufall, daß man beim Ausdruck dieser Köpfe an Dante denkt. Man denkt bei dieser Malerei aber auch an Greco, und die Erregungen des toledani- schen Ekstatikers, der seinen Pinsel in Verwesungsfarben tauchte und die krampfigen märtyrerischen Verzückungen bannte, spürt man bei ihm und andern nachzittern: so in Batös Heiligen, fahlleuchtend in roter Lohe, mit der verrenkten Gebärde des Gottschauers, der, sich über sich selbst steigernd, den engen Kerker des Leibes zersprengen will, und in den Besessenheiten von Max Oppenheimer, seiner süchtigen Pietä und der Geißelung, in Blut und Wunden wühlend, voll Golgatha-Wollust, in den Sterbetönen bleichen Fleisches von den Rinnsalen der Blutstriemenzerrissen. Auf das Kindhaft- Primitive, an altchine- sische Sakralbilder ge- mahnend, geht in sei- nen religiösen Darstel- lungen Heinrich Heu- ser. In dem Bilderbo- genstil seiner Heiligen Nacht will er wohl et- was der Glorie der Ein- falt verdichten, die den Himmel offen sieht. Freilich auf dem Um- weg des Raffinements. f i i Man konstatiert bei der jungen Genera- tion das energische Vorherrschen der un- gebrochen gegeneinan- der gesetzten Lokal- farben. Henri Matisse macht das vor rnit Tapete der Firma P. Piene, Bubemsch, entworfen von Valerie Pener (Raum 24) seinem Tanz, dem