tilen, wie sie der Steinbildnerei jener Zeit in solcher Weise durchaus fremd ist. Dabei geht dem Meister niemals der Blick für das Große verloren. Zu einer Art Handschrift werden für ihn die feingelenkigen Hände mit ihren Grübchen und Fältchen, der schmalen Handwurzel und den zierlichen spitzen Fingerchen, dann noch die rundlichen Augen, deren Pupille er stets mit einem scharf gezeichneten Ring umrahmt. Mit größter Eindringlichkeit und unerbittlicher Strenge verfolgt I-Ieider jede und sei es auch die nebensächlichste Einzelform. Allein rein technisch betrachtet, stellt die Deckplatte der Tumba eine Leistung nie mehr erreichter Vollendung innerhalb der gotischen Marmorplastik, ja der Steinplastik des Nordens überhaupt dar. Alle Teile sind so peinlich genau durchgearbeitet, gemeißelt, gebohrt, geriffelt, geschliffen, als sollte der prüfende Blick des Beschauers auf jedem einzelnen ruhen dürfen; alles ist für die Nähe berechnet und will besehen werden wie die feine Treib- und Ziselierarbeit eines Reliquienschreines. Und in der Tat ähnelt der Stil des Meisters auffallend der Metalltechnik, namentlich den getriebenen Arbeiten des späten XIV. jahr- hunderts. Hier finden wir die genauen Parallelen für scharf detaillierende I-Iaar- und Bartbehandlung, wie zum Beispiel an der Reliquienbüste des heiligen Kornelius in Kornelimünster" oder an der Reliquienbüste aus Kloster Niederviehbach von 1340 im Bayrischen Nationalmuseum in München" (Abb. g). Es sind dieselben exakten symmetrischen Frisuren mit den säuber- lich auseinander gehaltenen Strähnen und den knopfartig herausgebuckelten Lockenenden. An diesen Reliquienbüsten finden wir ferner als stehende Regel die große Ringzeichnung der Pupillen und die scharfkantig heraus- gearbeiteten Augenbogen und Lippen. Aribos ernstes Haupt ließe sich ohne jede weitere Übersetzung unmittelbar als prächtiges Reliquiar in Metall treiben, so genau erscheint alles für jeden einzelnen Hammerhieb und Punzenzug vorgezeichnet. Ebenso deutlich prägt sich dieser Metalltreibstil des Seeoner Meisters in der Gewandbehandlung mit den scharfgratigen Falten, den glatten Zwischenräumen und den häufig wie Goldblech geknit- terten Säumen aus. Die Zatteldecke, der Blattstab scheinen direkt ent- sprechenden Vorlagen nachgebildet. Besonders auffallen muß es, daß die Löwenfigürchen, für die doch romanische Portallöwen oder frühgotische Drölerien als Vorbilder hätten dienen können, in der Artikulierung der Zehen und in den Mähnen den ausgesprochenen Gußmetallstil von Aqua- manilen aufweisen. Die Prophetentigürchen aber ruhen so auf den Löwen und unterlegten Kissen, daß man genau die einzelnen für sich gearbeiteten Teile erkennt, aus denen der Goldschmied das Ganze zusammengelötet oder genietet hätte. Dieser so durchaus persönlich geartete Stil, dem sich in seiner Klein- und Feinarbeit nichts Ähnliches aus der Steinbildnerei weitesten Berings an die Seite stellen läßt, zwingt geradezu zu der Vermutung, daß der Meister aus einem andern künstlerischen Prinzipien und andern technischen "' Katalog der kunsthistorischen Ausstellung Düsseldorf tgoz. Abb. 68. "N Saal 8. Ein SalzburgerBeispiel bietet das Bürstenreliquiar der heiligen Erentrud von 1315 in Nortnberg.