439 „den jüngeren" gelten lassen wollte, hat der Stein des heiligen Vitalis in St. Peter in Salzburg auszuscheiden. Hiervon später. Die Vermutung, daß Hans Heiders Ausdrucksweise zum Teil wenigstens von der Metalltechnik abhängig zu sein scheint, kann seine Stellung im Rahmen seines Zeitalters nicht genügend erklären. Die Keim- und Ausgangspunkte seiner Kunst innerhalb des Chiemgaus zu suchen, erledigt sich durch die unvermittelte Erscheinung ihrer Höhe und Reife von selbst. Weder die Stein- noch die Holzplastik bieten auch nur die dürftigsten Beziehungen. So wirft sich die Frage auf, ob wir es mit Import oder den Werken eines Wander- künstlers zu tun haben. Das Material des feinkristallinischen Untersberger Marmors verweist wohl auf die Diözesanhauptstadt und künstlerische Metro- pole Salzburg, der dortige Denkmälerbestand aus dem Ende des XIV. jahr- hunderts verwehrt aber jede weitere Folgerung. So erübrigt sich nur die Annahme eines zugewanderten Bildhauers, für dessen Herkunft kaum ein anderer Ort als Brixen in Frage kommt, das gerade um die Wende des XIV. und XV. Jahrhunderts einen kaum anderwärts erreichten Höhepunkt sepulkraler Plastik repräsentiert. Indem ich mir Vorbehalte, später eingehen- der diese Brixener Grabsteingruppe zu würdigen, mag es in diesem Zusammen- hang genügen, darauf hinzuweisen, daß die Vorhalle des dortigen Domes und der Kreuzgang die unmittelbaren Vorläufer der Heiderschen Kunst bergen. Der Grabstein des Bischofs Friedrich Erkinger, gestorben 1396, z" lieh für die Auffassung der Gestalt Simon Farchers in Seeon, der des Bischofs Johann von Flentz- burg, gestorben 1374, d" für die Architektur des gleichen Denkmals das Motiv. Beide Werke arbeiten, ganz ähnlich wie die Seeoner, mit starker Hochrelieferscheinung, die I-Ieider freilich noch wesentlich steigert. Selbst in der Sprache der Einzelform, so in der Falten- gebung, in der Haarbehandlung, in der Bildung des Pedums, des Sudariums, spricht sich der Schulzusammenhang unzweideutig aus. Ob Meister I-Ians aus Brixen stammte oder nur dort vorübergehend als ernpfänglicher Geselle tätig war, ob er die Werke in Seeon, Baumburg und I-Iaslach oder, was mir wahrscheinlicher dünkt, in Salzburg ausführte, muß dahinstehen. Der Grabstein des Bischofs Ulrich von Wien, ge- storben 1417, in Brixen legt übrigens die Ver- mutung nahe, daß der Meister zeitweilig wieder in Brixen gearbeitet; er bildet die nächste und f Kunsthistorischer Atlas der k. k. Zemralkommission, X (1892), Tafel XIV, Nr. 2. "' Ebenda, Tafel XVII, Nr. 3. Vgl. auch B. Riehl „Die Kunst Abb. 15. Vom Grabstein des Oswald von an der Brennerstraße", z. Auflage (1908), S. x45 E. Törring im Kloster Baumburg 51'