Dresden in Kühls Anordnung bringt ein Wiedersehen mit Klingers strenger Pieta, mit der Hessischen Bäuerin von Karl Banzer, die pergamenten aus der Nische des schwarzen Kopfschmucks gleich einer unerbittlichen Ahnfrau den Beschauer anblickt. Und fesselnd ist das Porträt Wrbas von Gußmann. Der einfallsreiche Bildner reizvollster Kleinplastik schreitet hier breit und strotzend in Fallstaffscher Persona einher mit wehen- dem Haar unter aufgelüftetern Hut. Am uncharakteristischesten wirkt die preußische Kunstdomäne, die Professor Jacob verwaltet. Da hier die Sezession aus naheliegenden Gründen fehlt, ergibt sich in diesem Jubiläumsspiegel der letzten 25 jahre eine erheblich leere Stelle. Wir heben immerhin einiges Gute heraus: Menzels Gasteiner Prozession (aus Berliner Privatbesitz auftauchend) mit juwelierhafter Zierkunst sakralen Schmucks, der Meßgewänder und Baldachine; Schuster-Woldaus zärtliche Liebeslieder voll Farbenschmelzes und kennerischer Ge- schmackskultur. Boehles Pferdeschwemme mit Schimmel, Braunen und Falben, dem plurnpknochigen Knecht, ilächig, markig, Dürerisch (man denkt an die strengen Maße von Michael Kohlhaas) Janssens, des Düsseldorfers, Niederrheinische Kirmes, drall, voll Fiedel- gekreisch und Röckegeschwenk, dabei nicht ohne eine gewisse Kleinbürgerlichkeit im Bacchantischen. Schließlich ein feiner Lesser Ury aus früher Zeit, eine Flandrische Land- schaft im weichen Duft grüngelber Wipfel. Recht gut schneidet in dieser Schau die Plastik ab. Man sieht den prachtvollen Fechter Lederers vom Breslauer Brunnen, den schlanken Jüngling, in den Hüften spielend und biegsam wie seine Florettklinge, die Pferdegruppe von Encke, die in Bronze Peter Behrens stolzes Botschaftsgebäude in Petersburg krönen wird; Joachim Pagels liebenswürdigen, an altdeutsche Schwänke erinnernden Hühner- diebbrunnen; Wackerles Nymphenburger Grazienkünste in Porzellan. Vor allem aber fallen lebensvolle künstlerische Tiercharakteristiken auf, so der lang- haarige Dackel von Fuchs aus rotgelbem marokkanischem Marmor; der Kater von dem Tiroler Anton Puchegger (den wir wegen seiner materialgerechten Kunst schon in der Ausstellung der Holzbildhauerei rühmen konnten), leibhaftig und dabei ägyptischer Plastik verwandt, auf die größte Vereinfachung der Form reduziert, durchaus Katze, aber dabei, äußerlichem Naturalismus fern, ebenso ein Ganzes als Transponierung in die künstlerische Ausdruckssprache des Holzes, seiner geschnittenen Flächen und Konturen. Ferner der Apteryx von Edmund Gomansky, der Schnepfenstrauß mit langspitzigem Pfeilschnabel und dem Stachelhaar, besonders echt in der Bronzewiedergabe. Und am originellsten, gleichfalls aus Bronze, das Stachelschwein von Max Esser mit seinem starrenden Lanzenwald von über tausend eingesetzten dunklen goldschattierten Speeren. Vielleicht mehr Kunstgewerbe und Kuriosität, aber sicher in seiner Art außer- ordentlich gelungen. Einen überragenden Teil der Ausstellung nimmt die Architektur ein mit einer Fülle zierlich aufgebauter Kleinmodelle und photographischer Darstellungen. Das ist schwer übersehbar. Dominierend ist dabei, dem Jubiläumssinne der Veran- staltung gemäß alles das, „an deren Errichtung Seine Majestät der Kaiser besonderes Interesse genommen haben". Eine große Rolle spielt Bodo Ebhardt und die historischen Rekonstruktionen wie die Saalburg und die Hochkönigsburg. Aber daneben kommen zu vollem Recht auch Messel und Ludwig Hoffmann. Felix Poppenberg ERLIN. KINQARCHITEKTÜR. Die neuen Kinohäuser liefern mit ihren besonderen Raumbedingungen den Architekten besondere anregungsvolle Aufgaben. Manche Baukastenspielerei voll Geschnas und Clinquant im „stile fugitive" von Knall- bonbon und Bonbonniere kommt dabei heraus. Aber auch Lösungen voll zwingender künstlerischer Bedeutung.