nachzubossieren. S0 ist es in der Feinheit und Delikatesse der Durch- arbeitung ein wahres Kabinettstück geworden. Eine kräftige schöngeformte Frau mit Weinlaub im Haar sitzt ruhig und lässig auf dem einfachen Sockel und hält in den beiden Händen eine große Muschel, von der volle Trauben herabhängen, also offenbar den „I-Ierbst" aus einer jahreszeitenfolge dar- stellend, die als Tafelaufsatz diente. Ein Geschenk an den Hof ist diese bei aller Schönheit nach Werkstattbegriffen doch fehlerhafte Figur nicht - sie hat, wie be- reits bemerkt, allerlei Brand- sprünge z, aber es ist nicht un- möglich, daß derKünstler auf seinen Fahrten durch Europa auch bei der Petersburger Manufaktur an- klopfte, und da- bei kann er sein Wiener Modell vorgezeigt ha- ben. Dafürkönn- te der Umstand sprechen, daß es in der Eremi- tage dieselbe Fi- gur(Abb.22)mit leichtenVarian- ten (das heißt ohne Trauben im Haar) und etwas flauer modelliert gibt. Die Masse dieser Figur ist eine gute weiße, auch hat sie keine Marke und könnte vielleicht eine anderwärts (in Petersburg?) gefertigte Nachahmung des Originals sein. Doch möchte ich diese Hypothese mit aller Reserve vorbringen und den russischen Gelehrten die Entscheidung überlassen. Die von Troinitzky vorbereitete Arbeit über russisches Porzellan wird wohl diese Frage lösen, falls sie wirklich mit der Geschichte der russischen Keramik zusammenhängt. Ein Meisterwerk Grassis, des Modell- meisters unter der Leitung Sorgenthals, ist die 58 Zentimeter hohe, lebendig und geistvoll modellierte Biskuitbüste von Kaiser Paul I. als Thronfolger (Abb. 23) auf glasiertem Sockel. Die der Abbildung zugrunde liegende Photo- graphie ist aber nicht nach dem Exemplar der Eremitage hergestellt, Abb. 22. Porzellanfigur aus Wiener Porzellan, nach 1750, Modell von Ludwig von Lücke (Kaiserliche Eremitage, St. Petersburg)