Das ehemalige Sezessionsgebäude, von dem die zersprengte Gruppe wehmütig singen könnte: „Wir hatten gebauet ein stattliches Haus", ist nach Auflösung des alten Bundes ein Asyl für mancherlei Mal-Konventikel geworden. Etwas Morgenrötliches, Kämpferisches, die Meinungen Aufpeitschendes leuchtete aber immer noch in diesen schlichten grauen Sälen auf. Daß hier noch einmal die gemäßigte Zone herrschen würde, hätte man wohl kaum angenommen. Das Unzulängliche, hier ward's nun doch Ereignis, und jetzt breitet sich an der Kriegs- und Barrikadenstätte von einst ein gar friedlich-bürgerliches Lager aus vom Klima des sommerlichen „Großen" Bilderjahrmarktes im Glaskasten am Lehrter Bahnhof. Es ist - um das ganz bescheiden selbsterkenntnisvolle Wort des Katalogvorwortes aufzunehmen - „die Kunst der mittleren Linie". Klein-Chevalier, ein braver von keiner Problematik gequälter Malersmann, plätschert rnarinefrornm in Lust und Leid alter ehrlicher Seemänner. Schlichting bringt seine gewohnten abendlichen Lichtstimmungen der Großstadtstraßen; aber unserer viel sensibler gewordenen nervösen Empfänglichkeit und Empfindlichkeit scheint das heut mehr gewohnheitsmäßige Palettenmixerei. Die Hirrende Vision solcher nebelverschleierter Lichtmagien, dies versprühende optische Parfüm der Villes de lumiere wird von jüngeren Koloristen viel raffinierter und suggestiver gebannt. Überhaupt ward so manches blal] und flau. Zum Beispiel Strathmann, der, wenn auch etwas pedantisch, doch oh; juwelierhaft dekorative Fülle ausschüttete, scheint in seiner Vogelpredigt des Franciscus von Assisi stumpf und trocken. Und wenig glücklich wirkt die Charakteristik des Gesichts, des Mundes vor allem, der nicht sprechend, sondern breit plärrend aufgefaßt ist. Gewiß könnte man die fromme Einfalt dieses lieben Heiligen humorhaft mit einer lächelnden „in Gott vergnügten" Heiterkeit des Gemüts zeichnen (Shaw in seinem Löwen-Androclus tut das). Aber Karikatur und Travestie paßt doch gar nicht zu dieser innigen Gestalt. Farbige Reize schwingen in Blocks Bild „die Diener", eine Vorhalle in gedämpftem Schein, aus dem das reiche Gitterwerk eines schön geschwungenen Treppengeländers von Goldbronze aufleuchtet und dazu Samt, Brokat und geiiederzarter Pelz der Frauen- Vetements im Arm der wartenden Diener. Leider zerstört für unseren heiklen Geschmack das Genrehafte, fast Anekdotische dieser sich räckelnden verschlafenen Domestiken-Typeu die Harmonie des farbigen Klanges. Man prüft dann "die weniger bekannten oder fremden Namen. Richard Bloos versucht in seinem Bal Musette eine Technik tlackrig spritziger Flecken zum Ausdruck greller Stimmung nicht schlecht. Wilhelm Gallhoif wirü brünette und blonde Mädchenakte zusammen auf einem Diwan, doch ohne die atmende Sinnlichkeit, die dieser Künstler sonst manchmal hatte. Max Giesecke stilisiert in seinen Marinen Wogenkämme, SchiEsbug und Möwenüug auf eckige, an Rippen erinnernde Linien, skandinavischen Motiven verwandt. Walter Opheys Parklandschaft gleicht einem erstarrten Rinnsal ergossener roter und grüner Farbenströme, nicht mit dem Pinsel gemalt sondern mit der quellenden Tube, und wollte man einen Witz machen, so könnte man das nach Analogie der Kubistik - Tubistik nennen. Friedrich Pautsch strebt in seiner großen Leinwand „Auswanderer" nach dem Fresko- Bächenstil von Egger-Lienz. Doch bleibt die Schilderei des Zuges der Fahrenden mit Planwagen unter Tonnenreifen und dem Ochsengespann trotz des groß angelegten Entwurfes etwas bilderbogenhaft. Wolfgang Müller erinnert in seinen dekorativen Winterbildern an Walter Klemm und manche Schweden. Er malt den Schlittschuhläufer im weiten Schwung: „Sorglos über die Fläche weg Wo vom kühnsten Wager die Bahn Dir nicht vorgegraben Du siehst."