vorübergehend gearbeitet hätte. Auf keinen Fall aber ist es zulässig, auf
diesen frühen Bildwerken fußend eine „Straubinger Bildhauerschule"
aufzubauen. Sie sind, wie der Zusammenhang gelehrt hat, die unmittel-
barsten Erzeugnisse der Salzburger Schule aus der Nachfolge Hans
Heiders, die um so höher für die kunstgeschichtliche Forschung zu bewerten
sind, als in Salzburg selbst aus dieser Zeit nicht ein einziges Werk auch
nur von annähernd solcher Vollendung sich erhalten hat wie etwa die
Werke unseres Meisters,
selbst die mächtige Tumba-
platte des heiligen Vitalis
in St. Peter nicht ausge-
nommen.
Der Meister des Ulrich
Kastenmayr stellte mit der
Pienzenauer-Platte einen
völlig neuen Typ auf, indem
er den Verstorbenen nicht
wie bisher in seiner Le-
benskraft, sondern in des
Todes Banden zu schildern
suchte. Schon dieses frühe-
ste Werk rang uns die
größte Bewunderung über
die unerwartet treffliche Lö-
sung des neuen Problems
ab, das in dem Bildnis des
Kastenmayr zu einer er-
greifenden Schöpfung aus-
reifte. Dürfen wir einzig
dem künstlerischen Genius
des Meisters den neuen Abb. 39. Vom Grabstein des Pfarrers jodocus Geßler in der
Gedanken und Seine Er" SLJakobs-Pfarrkirche zu Straubing
starkung zu solchen Taten
beimessen?! Diese Befreiung aus dem Banne einer veralteten Anschauung
scheint sich ja wohl in Bildnissen wie dem des Abtes Simon Farcher in
Seeon, des Abtes Johannes Zipfler in Raitenhaslach und des Abtes Johannes
Vogel in Oberaltaich anzukündigen, dennoch wirken Erscheinungen wie
der Kopf der Pröpste Pienzenauer und I-Iinderkircher oder gar des Ulrich
Kastenmayr in ihrer greifbaren Wirklichkeit als ein plötzlicher und rücksichts-
loser Bruch mit der Tradition. Es entfaltet sich hier fast das gleiche Bild, wie
es im hohen Norden die Kunst der Eycks beinahe in den gleichen Jahren
der bewundernden Mitwelt vor Augen stellte, ja in den gemeinsamen Grund-
zügen, dem unerbittlichen Realismus und der schlichten, unbewußten
Monumentalität berühren sich beide Gruppen so eng, daß es außerordentlich