vertritt das vielleicht ein graues Kostüm mit tonig schimmernder Stickerei. Das ist ganz „Dame". Ein bißchen nach Redoute und „Drah'n" schmeckt das weiße „Gewandel" mit den pludrig quellenden schwarzen Seidenärmeln und das schwarze, mit römischen Streifen ausgeschlagene Mephistophela-Cape mit den langzipfelig wehenden Serpentiniiügeln. Man möchte es die „Fledermaus" nennen. I? Ik 10K Einige Tage nach der Schaustellung der Wiener Modellgesellschaft gab auch die Wiener Werkstätte eine Gastrolle. Der Einliuß des Krieges auf ihre Arbeit zeigt sich im Zurücktreten der festlich phantastischen Kompositionen zugunsten einer lebendigen täglichen Gebrauchskleidung, die bei aller Einfachheit im Griff des Entwurfs, in der Farbentönung, in der reizvollen Betonung durch kleines schmückendes organisch gefügtes Beiwerk den wählerischen Geschmack des kultivierten Hauses erweist. Auffallend erscheint diesmal das Versagen bei den wenigen Exemplaren des reich ausgestatteten gesteigerten Abendanzuges, den man wohl nicht ganz in dieser Schau aus- lassen wollte. Das schwarze, schwer und langschleppende Seidenkleid mit den aus lang- geschlitzter Vorbahn quellenden Spitzen und den priesterlichen Ärmeln atmet Wachs- kerzenduft vom „Pompe funebre"; man denkt an Königinwitwe und Fürstengruft. Und umgekehrt das Gewand im zackig gelappten, bauschig gewirbelten Überwurfstil aus weißem Tuch, handbedruckt mit schwarz blaugrauen Ranken wirkt mummenschanzhaft, ein Kleid der Laune für das Shakespearesche Lustspiel einer Sommernacht. Man möchte glauben, daß die Künstler der Wiener Werkstätte in ihrem stets untheoretischen und auf den regsamen Zusammenhang mit der Umwelt gerichteten Wirklichkeitssinn, diesmal aus gutem Grund nicht in Tanz- und Glanzstimmung waren und diese Aufgaben nur künstlich und ohne tiefere Beteiligung lösten. Viel freudiger und daher einfallsvoller nahmen sie sich jetzt, der Zeit hingegeben, des Alltagskleides an und pflegten es mit feiner, zurückhaltender, taktvoller l-Iand. Anmutige Spielarten sah man. S0 die lockere kurze Jacke, die im Rücken frei pendelnde unten ausgerundete Capeform zeigt. Sie erscheint mit und ohne Rückenfalte. Letzteres ist für die Figur vorteilhafter. Aus dem Capestil stammen auch die wie Miniaturpelerinen von der Achsel über die Ärmel fallenden kurzen Stoffbehänge. Mit den unauffälligen Grundstoffen, dem blauen Tuch, dem gelbbraunen Covercoat mischen sich besonders abgewogene dekorative Züge. Zum blauen Tuch graublau blumiger Damast von dumpf verschleierter Farbenfülle als Belag der breiten Aufschlagklappen und als Wickelgürtel; zum gelbbraunen Covercoat Besatz und Randstickerei aus rilliger schwarzer Wolle, dazu eine Weste aus grün-weiß-schwarzer Netzhäkelei. Lieblingsform scheint daneben das Mantelkleid, bei dem der lang herunterreichende Jackenteil mit dem weit ausfallenden Rock eine Einheit bildet. Gliederung gibt der reifen- artig herurngeführte Besatz, häufig aus Tresse, die schnürend zusammenfassend wirkt und den Übergang aus der modellierenden Enge zum faltigen Glockenspiel angibt. Die „Dauben" des Kleides könnte man sie nennen. Als Merkmal der Röcke fallt auch bei diesen Modellen die Kürze auf, und zwar so angelegt, daß sie vorn am kürzesten, an den Seiten aber, wo auch in Kniehöhe die ver- breitemden Dütenfalten einsetzen, etwas länger. Der untere Rand ist oft ausgezackt. Reizende ldyllen sind die ländlichen Sommerkleider: Kostümpastoralen mit leichtem und leisem Anklang an Volkstracht mit bauschig bäuerlicher l-Ierndbluse und Mieder, aber auch zierlich kokett in weiß Etamine mit Lochstickerei, und der darunter vorlugende Rand des mattblauen Ponge-Unterkleides zeigt Längsbahnenbesatz aus schmalen Spitzen- streifen. Die Wiener Werkstätte ergänzt ihre Toiletten selbst durch eigengeartete Hüte und Kappen, sowie durch sehr sonderliche Schirmchen mit Glocken- und Pagodendach.