Zu den frühlingshaften Wiesenkleidem würden aber auch recht lieblich die artigen Strohhüte mit den von Franziska Bruck gebundenen Kränzen passen. Diese feine nach- schaffende Künstlerin des Stillebens rnit natürlichen Mitteln hat hier die bescheidenen „Kinder der Flur", Mimosen, Tausendschönchen, Strohblumen, rote und schwarze Beeren zu farbig schattierten Gewinden locker schwank geknüpft. Die Kränzlein schlingen sich um lustige stroherne „l-Iütel": in Topfform makkaronigelb, aus Fasergeilecht, zeltartig, gleich einer „indischen Hütte", an Paul und Virginie gernahnend. Dann gibt es „Kiepen" aus dickgrobem Gestängel sehr gemäß mit lila und stahlblau schimmernden Stacheldisteln umwunden für den Küstenpfad auf dem Ebbestreifen. Für die Früh zwischen den Garben am Rain aber bietet sich die Florentiner Wippe mit Margueriten und Bindebändern. Felix Poppenberg ERKBUND-ERNTE. Nun trat auch der Deutsche Werkbund auf den Plan. Unter seiner volkswirtschaftlichen und künstlerisch kritischen Vormundschaft stellten die ersten Berliner Modefirmen ihre zum erstenmal auf heimischem Boden im Eigenbau erwachsenen Modefrüchte aus. Die gesellschaftliche Abstempelung gab die Anwesenheit des Hofes und das Protektorat der Kronprinzessin bei dieser Schau. Der Ort der Tat war das Abgeordnetenhaus und dadurch sprach sich aus, was ja bei allen Besprechungen dieser Sache immer wieder ausdrücklich betont wurde, daß es sich mit diesen Bestrebungen nicht um Eitelkeitständelei in ernster Zeit handelt, sondern um einen Kampf für industrielle Unabhängigkeit, also um eine Vaterländische politische Angelegenheit. Daß über dem tieferen nationalökonomischen Kern das gefällige Wesen und der heitere Schein, die nun einmal zum Spiel der Mode untrennbar gehören, wenn sie siegen will, nicht vergessen wurde, dafür sorgte die geschmackvolle Regie der Veranstaltung durch Lilly Reich und Lucian Bernhardt. Von einem Rundpodium senkten sich links und rechts schmale niedrige Laufstege, die Ränder von Blüten eingefaßt und von großen Baldachin-Lichtschirmen überdacht - ein Blumenpfad. Auf ihm wandelten die zierlichen Figurinen vorüber, ein reizvoll lebendiges Bild, noch besonderer dadurch, daß sie die hübschesten Kinder an der Hand führten und damit ungezwungen und anmutig die Kleidung für unsere Kleinen zeigten, oft recht drollige putzige Kittelchen. Eine jede trug auch Blumen im Arm. Und diese Zier hatte - ein bestrickender Einfall - gleichzeitig die Geltung einer Blumensprache. Diese wechselnden Strauße dienten nämlich nach den deutenden Angaben des Verzeichnisses der Aussteller als Wahr- zeichen der Firmen. Also zum Beispiel Azalee für das Haus Alfred-Marie, Nelken für Mannheimer, Anemonen für Hermann Hoffmann, rote Rosen für Gerson und so weiter. Es wäre zu ermüdend, rückblickend auf die Einzelheiten dieses über zwei Stunden währenden Ausstattungsstückes einzugehen. Ich muß mich auf allgemeinere Züge und einige persönliche Eindrücke beschränken. Das Wichtigste bleibt, daß diese deutsche Arbeit zukunftsvoll und fruchtbar wirkt. Sie hält sich vom Spielligen ebenso fern wie von der Entartung ins grell Auffallende. Einige Gegenbeispiele, brettlhaft und von der geschminkten Phantastik verilossener Tausend und einer Nacht im „Palais de Danse", werden durch gesunde Auslese von selbst in die Versenkung gleiten. In Form und Schnitt zeigt sich manch guter Gedanke. Als ungünstig muß aber gleich ein hier häufiger vorkommendes Motiv abgelehnt werden. Aus der primitiven Rockauf- schürzung der Waschweiber und Bauernfrauen scheint der bauschige Wulstkranz entstanden, der entstellend den Unterkörper manchen Rockes umzieht. Trotz seiner Rundung kann er kaum als ein „Rettungsring" für das von ihm verschandelte Kostüm angesprochen werden. Sehr dankbar dagegen erweisen sich die neuen Formen der losen Jacken, auf dem Rücken capeartig locker faltig, abgerundet hängend, dann die welligen Sweaterformen, variiert durch seitliche Schnürung in der Taillengegend. Die Schöße pendeln häufig tütig.