bieten. Der allgemeine Eindruck verweist die Gemälde in die Netistift- Brixener Gruppe, die reiche Architektur könnte im besonderen an die Pacher- Schuleerinnern. Auffallen muß jedoch der Mangel einheitlicherkompositioneller Richtlinien; jedes der vier Bilder ist ohne Rücksicht auf die drei andern auf- gebaut, von einer Wahrung des Gleichgewichts der Gegenstücke kann keine Rede sein. Nicht nur daß die Architekturen in ihren ständig wechselnden Perspektiven die innere Korrespondenz beeinträchtigen, die Unsicherheit in den Größenverhältnissen der Figuren und bald mehr, bald weniger auftretende Mängel in ihrer Gruppierung stören die Einheitlichkeit der Szenen empfind- lich. Derartige Dissonanzen legen den Gedanken eklektischen Schaffens nahe. Als die abgerundetste und klarste Komposition fällt die Anbetung der Könige heraus, doch ist dies nicht dem Maler, sondern Albrecht Dürer zuzuschreiben, dessen Marienleben das Vorbild - B. 87 - entnommen ist. Alles Wesentliche, die Zweiteilung der Bühne - Halle und Hütte -- und die Hauptpersonen sind beibehalten; eine fremde Note wird in die Komposition nur durch die Gestalt des Mohrenkönigs hineingetragen: Bei Dürer tritt er mit seiner im Laufe zusammenknickenden Gestalt und auf dem Hintergrunde kompositionell etwas zurück, hier hat ihn der Maler in echt Pacherschem Sinne wie einen Pfeiler, den knienden König um fast zwei Haupteslängen überragend, hochaufgerichtet, an den Bildrand hingepflanzt und koloristisch kräftig vom Hintergrund los- gelöst. Auch der kniende greise König ist kostümlich bereichert. Auffallend verwandte Züge gewinnt dadurch die Gossensaßer Darstellung mit jener auf dem Thalheimer Altar in der Königlichen Staatssammlung vaterländischer Altertümer in Stuttgart, und vielleicht hat die gleiche Wahrnehmung Lübke veranlaßt, von schwäbischen Einflüssen zu reden." An unmittelbare Bezie- hungen zwischen dem oberschwäbischen und dem Tiroler Maler zu denken, erscheint deshalb aber keineswegs nötig, die Gossensaßer Darstellung legt vielmehr durch die reichere Architektur die engere Anlehnung an Dürers Holzschnitt dar. 4 Noch wichtiger für die Bewertung des Altars und seines Entstehungs- kreises sind die beiden Szenen des linken Flügels, die Beschneidung Christi und die Opferung im Tempel- darstellend. Auch hier verspürt man noch etwas von Dürerscher Kunst, aber sie bietet sich nicht mehr direkt wie bei dem Dreikönigsbilde, sondern wird durch ein Medium vermittelt, durch Wolf Huber. Der Maler entlehnt Huber die zwei hier einschlägigen Holzschnitte B. 3 und B. 4, die dieser selbst unter Nachwirkung der Dürerschen Blätter B. 86 und B. 88 wenigstens hinsichtlich der Hauptfiguren, die noch frei variiert wurden, entworfen hatte (Abb. 1 6 und 1 7). Huber verzichtet in seinen Schnitten auf das Menschengedränge, er löst die Einzelgestalten zu größerer Selb- ständigkeit heraus, und das mochte dem Maler des Barbara-Altars für eine klare Bildwirkung besonders willkommen erscheinen. Nicht minder aber bestachen ihn, den Abkömmling der Pacher-Schule, Hubers hochgewölbte " Hugo Kehrer, Die heiligen drei Könige in Literatur und Kunst. Leipzig, I1 (rgog), S. 295.