au: aber wohl dem Künstler aus eigenem Antrieb oder auf Verlangen anderer hin und wieder kleine Änderungen angebracht erschienen sein, die er vernahm, ohne dies im Formenbuch mit zu bemerken. So fehlen in den abgebildeten Stücken zum Beispiel Hirsche und Rehe, die Kaendler aus- drücklich erwähnt, statt dessen sind ein Löwe und eine Schlange außer den Schafen und Fasanen mit am Sockel angebracht worden. Wo der von I-Iennicke bestellte Tafelaufsatz hingekommen ist, ver- mochte ich nicht festzustellen. In Wiederau, seiner einstigen Besitzung, war davon nichts mehr zu entdecken, und schon 1753 ist mit seinem Sohne Friedrich August sein Geschlecht wieder erloschen. Daß man in dem Exemplar des Berliner Sammlers, das mit der Beschrei- bung im Formenbuch noch am meisten übereinstimmt, ein Überbleibsel davon zu erblicken habe, möchte ich nicht annehmen, und zwar deshalb nicht, weil es unbemalt gelassen wurde, ich aber glaube, daß das an Hennicke ab- gelieferte Original farbig behandelt gewesen ist. Das Lemberger Exemplar dürfte nun wohl als eine spätere Bestellung anzusehen sein, bei der, um den Besteller gewissermaßen im alleinigen Besitz des Originals zu lassen, eine wesentliche Änderung vorgenommen wurde. Das war hier insofern geschehen, daß man statt des Reliefbildnisses Augusts III. eine mit dessen Wappen bemalte Kartusche angebracht hatte. Der Hennickesche Tafelaufsatz verdient nach mehreren Seiten hin unser besonderes Interesse. Er zeigt uns nicht nur ein bis dahin unbekanntes Werk Kaendlers, sondern zugleich ein vortreffliches Beispiel dafür, wie sich dieser große Künstler mit solchen eigentlich recht unkünstlerischen, aus schmeichlerischen Absichten heraus geborenen Gedanken seiner Besteller abzufinden vermochte. Denn Hennicke, der aus einem Nichts zu den höchsten Ehrenstellen emporgestiegen und erst kurz zuvor durch seinen das Reichs- vikariat führenden Herrn zum Grafen erhoben worden war, wollte mit einer solchen Bestellung doch vor allem seiner Dankbarkeit, seinen devoten Empfin- dungen diesem gegenüber Ausdruck verleihen. Sie sollte seinem Kurfürsten König August III. geheiligt sein, ihm damit ein Ehrendenkmal errichtet werden. In Ausführung dieses Planes griff er auf das Vorbild der alten Ägypter zurück, denn er wählte, wie diese es so häufig getan hatten, hierzu die Form eines mit Hieroglyphen geschmückten Obelisken, wobei indessen die Bilderschrift wohl nicht mehr inhaltlich, sondern rein dekorativ verwendet wurde. Dieser Gedanke erhielt nun aber nicht mehr im dauerhaften Stein und in riesigen Ausmessungen, sondern, entsprechend der ganz anders gearteten Zeit, in dem auf kleine Verhältnisse hindrängenden, zierlichen, aber zerbrech- lichen Porzellan Gestaltung. Aus dem mächtigen, einen Tempelbezirk beherrschenden Denkmal wurde ein niedliches Schmuckstück, das auf die Festtafel zu setzen bestimmt war. Mit der Ausführung dieser Aufgabe wurde nun Kaendler, Meißens größter Bildhauer, betraut, der ähnliche Gedanken seiner Besteller schon häufig und zur größten Zufriedenheit erledigt hatte.