durchzubilden und zu verbreiten. Heute arbeitet das Lichtbild mit lieber- hafter Eile. Dieselben Journale und Monatshefte, die einst ÃŒber Mode berichteten, brachten stets zugleich das Ganze des Lebens der großen Welt zur Dar- stellung. Im Textteil die Berichte ÃŒber Theater und Musik, ÃŒber Literatur und bildende Kunst, in den Abbildungen Möbel, Beleuchtungskörper, Wagen, Schmuck kurz alles, was heute so viele umfangreiche Spezial- publikationen fÃŒllt. Alles mit Sorgfalt und Liebe. Das veröffentlichte Material ist heute ins Unendliche gewachsen. Einst war es leichter, es zu ÃŒberblicken und zu beherrschen. Gutes und Schlechtes erschweren heute durch ihre leichte Erreichbarkeit die Wahl; leider ist dabei die seltenere QualitÀt von der hÀufigeren QualitÀtslosigkeit ernstlich bedrÀngt. So ist vor allem jenes GefÃŒhl fÃŒr das Ganze, jener Sinn fÃŒr die Zusammengehörigkeit des Teiles zum Ganzen schwer geschÀdigt worden. Die einheitliche FÃŒhrung, die einst in bestimmten Gesellschaftsschichten lag, ist abhanden gekommen; wenn der KÃŒnstler die FÃŒhrung erringen will, muß er vor allem fÃŒhrende Gesellschaftsschichten an seiner Seite wissen, die bereit sind, fÃŒr seine Ideen einzutreten. Paris hat noch heute solche Organisationen fÃŒr das Frauenkleid, wie England und Amerika sie fÃŒr die Herrenkleidung besitzen. Wir mÃŒssen sie schaffen lernen, sie heranziehen und festhalten. Solche Ziele werden durch die Modeausstellung klargestellt. Aber nicht nur die Vorbereitung und Verbreitung der Äußerungen des Modegeschmacks waren sorgfÀltig und vorbedacht in einer Zeit, wo auch im stÀdtischen Leben und in allen Schichten die Kleidung eine Tracht genannt werden konnte. Bis ins einzelne waren AusfÃŒhrung und DurchfÃŒhrung eine gute. Der Vorwand des raschen Wechsels galt noch nicht fÃŒr die FlÃŒchtigkeit und Sorglosigkeit der Herstellung. In diesem Belang möge die Betrachtung alter StÃŒcke mit zu den anregenden und belehrenden Teilen der Ausstellung zÀhlen. Freude am Material, Freude an der Arbeit spricht aus den flÃŒchtigsten Schöpfungen der vergÀnglichen Mode. Hier wenigstens war mehr als der Àußere Schein gewahrt. Die Verwendung von Surrogaten hat selbst die flÃŒchtige Mode verschmÀht, so lange das Handwerk Zeit genug und KrÀfte genug hatte, ihr zu folgen. Und als die Industrie das Handwerk zu ÃŒberbieten begann, war noch durch lange Zeit jene Achtung wirksam, die der Maschine nicht mehr zuwies, als der Maschine gebÃŒhrt, die dem Handwerk seine Ehre schÃŒtzte. Ein pessimistischer Philosoph aus der zweiten HÀlfte des XIX. Jahr- hunderts sagte noch voll Schrecken: „Das Interesse der Kultur und das Interesse des Schönen, wenn man darunter das unmittelbare Schöne im Leben versteht, sie liegen im Krieg miteinander und jeder Fortschritt der Kultur ist ein tötlicher Tritt auf Blumen, die im Boden des naiv Schönen erblÃŒht sind."