105 KLEINBRONZEN AUS DER SAMMLUNG DES STADTRATES ZATZKA-WIEN 50' VON LEO PLANISCIG-WIEN 51b IE Bestimmung von Kleinbronzen, namentlich solcher oberitalienischen Ursprunges, bleibt, trotz aller einschlägigen großen und kleinen Veröffent- lichungen, eine der schwierigsten Aufgaben auf dem Gebiete der kunsthistorischen Material- forschung. Wir begnügen uns derzeit noch immer mit Schlagworten, die bestimmte, bereits zusam- mengestellte Gruppen charakterisieren sollen, stempeln einzelnen Stücken Bezeichnungen auf, denen nur eine approximative Bedeutung beizu- messen ist, und nur in den seltensten Fällen gelingt es, wie etwa bei Francesco da Sant'Agata und bei Maffeo Olivieri (durch Bode) oder bei Antico (durch Hermann), eine Künstlerindividualität klar und deutlich herauszuschälen. Nun wird - leider sehr häuiig- der als Schlagwort gewählte Künstler- name nur zu bald zu einer unbezweifelten Tatsache: das als „sicher" ange- nommene Stück bildet die Grundlage zu weiteren Bestimmungen und so entstehen labile Begriffe, verwirrend für den Sammler, wertlos für den Forscher. Doch Bronzestatuetten sind - namentlich in letzter Zeit - ein beliebtes Sammelobjekt geworden und bekanntlich verlangen die meisten Sammler vor allem „Namenü Der wissenschaftlichen Forschung gelingt es vielleicht noch im Laufe der Zeit, durch neues Material, durch Fleißiges Arbeiten in den Archiven und nicht zuletzt durch glückliche Funde diesen oder jenen Künstler als Bildner kleiner Bronzetiguren einwandfrei zu ermitteln. Trotzdem wird auf diesem Gebiete Manches unbekannt bleiben müssen, da die Schwierigkeiten in der Mehrzahl der Fälle unüberwindlich sind. Wir werden uns noch lange mit annähernden Bestimmungen begnügen müssen, die Zeit, Land und Schule definieren, dessen bewußt, daß ein eventuell genannter Künstler- name nur als Schlagwort für eine bestimmte Stilrichtung verwendet wurde. Unter dieser Voraussetzung schicke ich mich an, eine Reihe von Klein- werken der Metallplastik aus der Sammlung des Herrn Stadtrates Ludwig Zatzka-Wien zu veröffentlichen und an Hand einiger von ihnen Fragen zu erörtern, die in engerer Beziehung zur allgemeinen Kunstentwicklung stehen. „ t ßk Um möglichst chronologisch vorzugehen, führe ich als erstes Stück ein kleines Relief an (Abb. I): zwei nach links schreitende bärtige Männer, die eine übergroße, an einen Stab gebundene Traube auf den Schultern tragen, womit sicher die alttestamentarische Darstellung der aus dem gelobten 14