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ist also eine frühere Arbeit, die technisch und zeichnerisch noch nicht auf der
Höhe der Leistung steht, welche unsere Erwerbung aufweist. Eine Nach-
forschung bei den alten Familien von Wiener-Neustadt wird, wie zu hoffen
ist, wohl eine ganze Reihe von späteren Arbeiten Haberls zutage bringen,
die erweisen werden, ob Altmütter und Prechtl mit Recht der Erwartung
Ausdruck gaben, Haberl werde „bald mit unter die vorzüglichsten Künstler
der Art im Innlande gezählt werden" können.
IN WIEN AUSGESTELLTE GESTICKTE
WANDBESPANNUNGEN S0 VON M. DREGER-
WIEN Sie
US der Zeit von der Revolution bis zum Sturze
Napoleons I. waren uns bis vor wenigen Jahren
nur sehr wenig größere Gewebe und Stickereien
französischer Herkunft bekannt. Dadurch, daß die
meisten vom Kaiser und seiner Umgebung aus-
gestatteten Paläste und Schlösser in den folgenden
Jahren entweder zerstört oder wenigstens sehr
verändert worden sind, ist der größte Teil ver-
schleppt oder zugrunde gerichtet worden.
Seitdem aber die zahlreichen und prachtvollen
Wandbespannungen, Möbelüberzüge und so weiter aus jenen Tagen in
den Speichern des Garde-Meuble wieder aufgefunden und in einer wert-
vollen Veröffentlichung Dumonthiers besprochen und dargestellt worden
sind, können wir uns ein ganz anderes Bild von der Entwicklung und dem
hohen Stande der Weberei und Stickerei in jener Zeit machen?"
Mit Recht betont Frederic Masson in der Vorrede dieser Veröffentlichung
auch, daß der bei Tapezierern (aber auch in wissenschaftlich gründlichen
Kreisen) übliche Ausdruck „Directoire" als Stilbezeichnung eigentlich jeder
Begründung ermangle. Die vier Jahre des Direktoriums haben der Kunst
keineswegs ein eigenes Gepräge gegeben; damals herrschte eben noch der
Stil Ludwigs XVI. Wir wollen also auch bei unserem kurzen Berichte jede
gekünstelte Stilunterscheidung bei Seite lassen und nicht untersuchen, ob die
Werke, die wir zu betrachten uns vorgenommen haben, nun Louis XVI,
Directoire, Konsulat oder Empire zu nennen wären.
Wer wollte bei den hier (auf Seite 2453".) abgebildeten Arbeiten auch
zu behaupten wagen, sie könnten gerade nur zur Zeit des Direktoriums
oder des Konsulats oder des Kaiserreiches geschaffen worden sein?
Wollen wir also zunächst die Werke unvoreingenommen betrachten
und vor allem das hervorheben, was die Abbildungen an sich nicht so klar
' „Etoifes dhmeublemem de Pläpoque Napoleonienne, publiee par Emest Dumonihier, Lettre Preface de
Frederic Masson, Paris 1909.