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KU DST-UDD ÜDDUSTRIE. '51.
vmmc von ARTAmA Ca. vlm. XlX.JAHRG.1916. HEFT 10-
KUNST UND KUNSTHANDWERK
111 JÄHRLICH 12 HEFTE um
PREIS 24 KRONEN OHNE POSTVERSENDUNG
Abonnements werden in allen Buch- und Kunsthandlungen,
im k.k. Osterreichischen Museum, sowie von der Verlags-
handlung Artaria Co., I., Kohlmarkt Nr. übernommen
Inhalt
Seite
Anmerkungen zu drei
napoleonischen Ge-
genständen in der
Wiener kaiserlichen
Schatzkammer von
Arpad Weixlgärtner 353
Über eine Figur Tullio
Lombardis und an-
dere Holzskulpturen
des frühen veneziani-
schen Cinquecento
von L. Planiscig 372
Aus dem WienerKunst-
leben von I-Iartwig
Fische .386
Kleine Nachrichten 388
Mitteilungen aus dem
k. k. Österreichischen
Museum .391
Literatur des Kunstge-
werbes 392
50-
,f.
25,25
1.31123 U4
353
ANMERKUNGEN ZU DREI NAPOLEONISCHEN
GEGENSTANDEN IN DER WIENER KAISER-
LICHEN SCHATZKAMMER Sie VON ARPAD
WEIXLGARTNER-WIEN 50'
NTER den Kostbarkeiten der Schatzkammer des
österreichischen Kaiserhauses schließen sich die
Gegenstände, die unmittelbar und mittelbar auf
Napoleon I. zurückgehen, zu einer Gruppe zu-
sammen, die den Freund der Geschichte und den
der Kunst gleicherweise anzieht. Diese Gruppe,
deren künstlerisches Hauptstück die Wiege des
Königs von Rom bildet, zu der aber auch die
etwas ans Theater erinnernden Insignien, die 180
in Mailand bei der Krönung Napoleons zum König
von Italien verwendet wurden, gehören, ist in der jüngsten Zeit erfreulicher-
weise um zwei wertvolle Gerätschaften aus dem ehemaligen Besitz der
Kaiserin Maria Luise vermehrt worden. Dieser Umstand und die Möglichkeit,
ein paar bisher unpublizierte Urkunden, die sich mit der Wiege des Königs
von Rom befassen, weiteren Kreisen mitzuteilen, gaben den Anlaß zu der
vorliegenden kleinen Veröffentlichung.
Die beiden neu hinzugekommenen Gegenstände, ein Waschgefäß in
Gestalt eines von einem Dreifuß getragenen Beckens und eine Kassette, sind,
jetzt in der Schatzkammer, nicht zum erstenmal der allgemeinen Besichtigung
zugänglich. Sie dienten schon der Wiener Kongreß-Ausstellung im Jahre 1896
zur Zierde und wurden auch in dem 1898 erschienenen Sammelwerke Der
Wiener Congress", das das auf jener Ausstellung angehäufte Material
wissenschaftlich verwertet, besprochen und abgebildet Seite x43, 145 und
146 und Tafel XXXVII. Beide Gegenstände gehörten damals dem Erzherzog
Leopold, der sie auf seinem von Theophil Hansen 1856 bis 1880 neu
erbauten Schloß Hernstein in Niederösterreich aufbewahrte. In dem großen
Werke über das Schloß sind der Dreifuß und die kleine Truhe nicht nur im
Text erwähnt, sondern auch bildlich dargestellt. Der Dreifuß, der im Rauch-
zimmer des Schlosses stand, wird in der Publikationl ein pompejanischew
genannt, und es heißt dort von ihm, daß ihn seinerzeit die Stadt Mailand
dem Kaiser Napoleon I. und dessen zweiter Gemahlin, der Kaiserin Maria
Luise, nach der Geburt des Königs von Rom zum Geschenke gemacht hat".
Über die Kassette wird gesagt Auch ruht hier" im Empfangssaal des
Schlosses auf einem Gestell die Schmuckkassette der Kaiserin Maria
Luise, mit grünem Samt überzogen und mit goldenen Bienen besetzt.
Hernstein in Niederösterreich. Mit Unterstützung des Herrn Erzherzogs Leopold herausgegeben von
M. A. Becker. Wien 1882 bis 1888. III. Teil, x. Halbband, Wien 1888 Wenzel Schaffer, Das neue Sehloß Hem-
stein, Baugeschichte und Beschreibung, Seite 75.
45
334
Dreifuß aus der Werkstatt der Brüder Manfredini
Sie bewahrt kostbare An-
denken an den Kaiser
Napoleon I. sowie an die
Kaiserin Maria Luiseßi
Auf den Farbendruck-
tafeln 16 und 17, die nach
Aquarellen von Franz Alt
das Rauchzimmer und den
Empfangssalon darstellen,
sind beide Gegenstände
deutlich zu erkennen.
Vorn Erzherzog Leo-
pold hatte die beiden
Geräte dessen jüngerer
Bruder,der1g15verewigte
Erzherzog Rainer, geerbt,
der sie wieder letztwillig
SeinerMajestätdemKaiser
vermachte.
Das Becken des Drei-
fußes zeigt an der Unten-
seite seines Randes fol-
gende bereits von Schaffer
a. a. O. und im Katalog
derWiener Kongreß-Aus-
stellung Nr. 391 wieder-
gegebene Inschrift
INVENTATO E0 ESE-
GUITO DAI FR?! MAN-
FREDINI NELLA R5 MA-
NIFEA DELLA FONTANA
NELIJ ANNO 1811."
Nagler teilt in seinem
Künstlerlexikon unter
dem Stichwort Manfredini
mit, daß die Brüder 1813
auf Befehl des Vizekönigs
von Italien daswardamals
noch Eugen Beauharnais; Erzherzog Rainer, der siebente Sohn Kaiser
Leopolds II. und der Vater der Erzherzoge Leopold und Rainer, wurde es
erst 1818 für die Kaiserin Maria Luise nach einem antiken, zu Herculaneum
aufgefundenen Vorbild einen Dreifuß aus vergoldetem Silber anfertigten.
A. a. 0.. Seite 76.
Band VIII, München 183g.
355
Die beiden Nachrichten über die Entstehung des klassischen Wasch-
gerätes decken sich nicht ganz das einemal bestellt die Stadt Mailand das
Geschenk, das anderemal der Vizekönig von Italien; das einemal wird das
Jahr 1811, in dem der Herzog von Reichstadt geboren wurde und von dem
Becken, von Luigi Manfredini modelliert
das Becken datiert ist, das anderemal das Jahr 1813 genannt. Vielleicht
aber beziehen sich die beiden Angaben trotz dieser Widersprüche dennoch
auf einen und denselben Gegenstand. Jedenfalls ist der Dreifuß eine genaue
Nachbildung nach einem, der in Herculaneum gefunden wurde und noch
heute im Neapler Museum aufbewahrt wird. Die Tierfüße mit den Satyr-
masken und den Sphingen, die fleischigen Voluten, die die Verspreizung
der drei Beine bilden, alles findet sich bereits an dem antiken Original, das
33x;
zum Beispiel in August Maus Buch über Pompeji abgebildet ist." Nebenbei
bemerkt, war Odiot der erste, der einer Waschgelegenheit die klassische
Form des Dreifußes gab, was 1806 auf der Pariser Gewerbeausstellung
allgemeinen Beifall fand."
Der eigentliche Dreifuß besteht aus vergoldeter Bronze, die von dem
satten Blau des am Sockel und am oberen Rand, der das Becken trägt, als
Belag verwendeten Lapislazuli kräftig absticht. Das sorgfältig profilierte
Postament aus fleckigem Marmor, worauf erst wieder der von einem Bronze-
gesims eingefaßte Lapislazulisockel des Dreifußes ruht, ist erst unter Erz-
herzog Leopold hinzugekommen.
Die kreisrunde Schüssel ist außen glatt und innen reich mit äußerst
sauber gearbeiteten Flachreliefs verziert. Sie besteht aus vergoldetem Silber-
blech über einem wahrscheinlich ehernen Kern. Der Dreifuß ist zirka
76 Zentimeter hoch, das Becken mißt zirka 37 Zentimeter im Durchmesser.
Mit der Werkstatt der Brüder Manfredini in Mailand, die als Verfertiger
von Dreifuß und Becken angegeben sind, bringt Eduard Leisching im
Kongreß-Werk Seite 221 vermutungsweise den sogenannten mailändischen
Tafelaufsatz im Besitze Seiner Majestät des Kaisers in Zusammenhang.
Luigi Manfredini, der eine der beiden Brüder, der als der Urheber des ebenso
reichen wie zarten Reliefschmuckes der Schüssel angesehen werden muß,
war einer der berühmtesten Medailleure seiner Zeit. Auf Bonaparte als
auf den REIP ITAL PRAESES" schuf er bereits im dritten ahre der
französischen Republik eine Medaille, 1797 eine andere aus Anlaß der
Gründung der zisalpinischen Republik. Eine dritte Denkmünze Manfredinis
gilt bereits dem Kaiser und König, als er 1805 Wien eroberte. Ihr Revers
zeigt die VINDOBONA CAPTA", ihr Avers einen Proülkopf des Kaisers
mit antikem Helm und der Umschrift NAPOLEO GALL IMP-
ITAL REX GERMANICVS RVTHENICVS". Dem Jahre 18m gehört
eine Medaille mit einer Büste der Kaiserin Maria Luise an. Zur Erinnerung
an den Einzug des Kaisers Franz in Mailand am Silvestertage des Jahres 1815
modelliert Manfredini dieses Ereignis auf antike Art für den Revers einer
Medaille, deren Avers, eine Büste des Kaisers Franz, von Vasalla herrührt. Den
Tod der Kaiserin Maria Ludovica verewigt er in einer Medaille des nächsten
jahres. Das Doppelbildnis des Kaisers Franz und seiner Gemahlin Carolina
Augusta zeigt eine Medaille, die Maria Luise zum Andenken an den im Beisein
ihrer Eltern gelegten Grundstein zu einer Brücke über die Trebia prägen ließ.
Luigi Manfredini wurde 1771 in Bologna geboren, war Professor der
Medaillenkunst an der Akademie der bildenden Künste in Mailand, kam
I7g8 an die Zecca dieser Stadt und war zuletzt Obergraveur des k. k. Münz-
amtes in Mailand, wo er auch 1840 starbfk"
Leipzig 1908, Figur 20g auf Seite 39x.
Vgl. Eduard Leisching, Ein Reise-Service des Königs von Rom". Vorliegende Zeitschrift 1904
Seite 260 f.
Vgl. über den Künstler auch Kvon Lützow im Kongreß-Werk, Seite 108 f., und L. ForrenBiographical
Dicuonary of Medallisls, Vol. III London 1907, Seite 552 B.
Die Kassette ist, wie schon gesagt, mit Samt überzogen, dessen Farbe
heute ein mattes Steingrün ist. Ursprünglich war sie wohl, wie die Stellen
beweisen, an denen der Stoß" geschossen ist, ein warmes Giftgrün. Von
dieser Folie heben sich, wirksam genug, die sorgfältigst gestanzten und
ziselierten Appliken aus Silberblech ab, das einst durchwegs vergoldet war.
Jetzt ist die Vergoldung vielfach abgenützt und das Silber dunkel oxydiert.
Die Streifen aus Silberblech, die die Ränder, besonders reich die des Deckels,
begleiten, zeigen außer Friesen von Palmetten und Lorbeerzweigen das
gekrönte und den einköptigen Adler Napoleons. Der Ornamentstreif eines
jeden der vier senkrechten Deckelränder ist in der Mitte durch ein äußerst
fein gearbeitetes Flachrelief, eine etwas gekürzte Nachbildung der aldo-
Kassette von Biennais für die Kaiserin Maria Luise
brandinischen Hochzeit, unterbrochen. Oben in der Mitte des Deckels
befindet sich, von einem kreisrunden Lorbeerkranz umgeben, das Mono-
gramm ML Maria Luise unter einer Krone. Die Mitte jeder der vier Wände
des Kästchens zeigt ein napoleonisches Emblem den einköpiigen Adler vor
dem Kaisermantel und zwei gekreuzten Legionszeichen und unter der Krone.
Das Trühlein ruht auf vier Löwenpranken. Ein Schlangenpaar, von zwei
I-Iundsköpfen in den Mäulern gehalten, bildet an jeder der beiden Seiten-
Wände den Henkel.
Die Bienen, die als Streumuster die Flächen des grünen Samtes beleben,
gehen auf die lebensgroßen Bienen aus Gold undZellenschmelz zurück, die man
1653 im Grabe Childerichs I. 481 an der Kirche St. Brice von Tournai als
mutmaßlicheMantelzier des Merovingerkönigs fand. Es waren deren ursprüng-
lieh mehr als 300, heute sind davon nur mehr zwei Stück im Cabinet des
Medailles et Antiques an der Pariser Nationalbibliothek vorhandenf" Nach
Abbe Cochet, Le Tcmbeau de Childeric, Paris 185g. Seite x76 tlZ, und E. Babelon, Guide illustre au
Cabinet des Mädailles et Antiques de la Bibliotheque Naiionale, Paris xgoo, Seite 300.
diesem aus dem alten Königsgrab emporgestiegenen Vorbild wurde 1804
der rotsamtene Krönungsmantel Napoleons mit goldenen Bienen besetzt,"
die dann überhaupt zu einem napoleonischen Symbol wurden. Außer an
der besprochenen Kassette der Kaiserin Maria Luise in der Schatzkammer
kommen sie zum Beispiel noch vor an einer anderen Kassette, die gleich-
falls aus dem Besitz Maria Luisens stammt und heute dem Fürsten Alfred
Montenuovo gehört, am Schreibzeug und am Papierkorb der Kaiserin, am
Prunkdegen von Biennais, den x808 am Fürstentagevon Erfurt Napoleon
dem Kaiser Alexander I. von Rußland zum Geschenk machte, an desselben
Künstlers Reiseservice für den König von Rom, vor allem aber an dessen
Wiege in der Wiener Schatzkammer. Im Stadtwappen von Paris, das
übrigens auf einer der beiden Reliefkompositionen dieser Wiege vorkommt,
ersetzten die Bienen während der Dauer des ersten Kaiserreiches über dem
Schiff der Isis die Lilien der Capetinger.
Am Schloß der Kassette, die 295 Zentimeter hoch, 547 Zentimeter
lang und 32-2 Zentimeter breit ist, findet sich graviert folgende Signatur
Biennais Orf? de SM.
L'Empereur et Roi".
Das Tischchen, auf dem die kleine Truhe steht, ist in einem etwas
steifen und nicht ganz logischen Empirestil gearbeitet und stammt aus der
Zeit des Neubaues von Schloß Hernstein. Das inmitten der Beinverspreizung
des Tischchens angebrachte unter einer Krone ist natürlich die Namens-
initiale des Erzherzogs Leopold unter der erzherzoglichen Krone.
Martin Guillaume Biennais, der Verfertiger der Kassette, wurde von
Napoleon wiederholt durch Aufträge ausgezeichnet. Vor allem ist er es, der
schon 1804 die Insignien für Napoleons Krönung zum Kaiser der Franzosen
herstellte. Als I-Iofgoldschmied arbeitete er besonders nach Entwürfen der
Architekten Percier und Fontaine, von deren einem möglicherweise auch
die Zeichnung zur Kassette in der Schatzkammer herrührt. Außer dieser
und der gleichfalls bereits erwähnten kleinen Truhe im Besitz des Fürsten
Montenuovo ist von ihm noch eine dritte bekannt, die er im Auftrag der
Kaiserin für deren erlauchten Vater in Wien ausgeführt hat und die heute
der Gräfin Lützow gehört. Für Maria Luisens Sohn, den Herzog von Reich-
stadt, schuf Biennais das schon erwähnte geschmackvolle Reiseservice aus
Vermeil." Für Napoleon und seinen Bruder schmiedete er Ehrendegen. Ein
solcher, von Napoleon dem Zaren gewidmet, wurde bereits genannt. Auch
für Napoleons erste Gemahlin, Josephine Beauharnais, arbeitete er zum
Beispiel eine silberne Deckelvase und eine Standuhr.
Im Jahre 180 machte die Stadt Paris anläßlich der Vermählung
Napoleons mit Maria Luise der jungen Kaiserin eine Toilette'""""' zum
Cochet, 1. c., Anmerkung auf Seite x77. Seite x80 f. und Anmerkung auf Seite x81.
Darüber Eduard Leisching in der vorliegenden Zeitschrift, 1904, Seite 253 ff. Über den Künstler 311;.
führlich Paul Mantz in seiner Studie L'Ori'evrerie Francuise, Gazette des Beaux-Arts, 1863, Seite 244 ff.
Dokumente über diese Toilette in Marc Rosenbergs Sammlung zur Geschichte der Goldschmiedekunst.
Hermann Flamm, Verzeichnis der Handschriften dieser Kollektion. Frankfurt a. M., xgrz, Nr. 98.
Die Wiege des Königs von Rom. Nach Prud'hons Entwurf ausgeführt von Odiot und Thomirc
Geschenk, die Thomire und Odiot nach den Entwürfen Pierre Prud'hons
ausführten und von der noch die Rede sein soll. Zu dieser Toilette gehörten
auch ein Waschgerät in Gestalt eines antiken Dreifußes lavabo" oder
vornehm athenienne" genannt en vermeil et lapis-lazuli" und des
coffrets", zu denen Reliefs mit spinnenden und gamwindenden Putten
bekannt sind. Mit Hilfe des zierlichen Trühleins und der monumentalen
Waschgelegenheit in der Schatzkammer kann man sich jedenfalls von jenen
beiden zugrunde gegangenen Stücken der Toilette der Kaiserin eine
Vorstellung machen, die der Wirklichkeit ziemlich entsprechen dürfte.
Weitaus bedeutender als Kassette und Dreifuß ist aber die Wiege für
Maria Luisens und Napoleons unglücklichen Sohn, le berceau du Roi de
Rome". Sie ist wahrscheinlich schon seit dem Jahre x832, in dem der
Herzog von Reichstadt starb, der Schatzkammer einverleibt, denn 1836
erwähnt sie Franz Tschischka bereits als dort befindlich." Im Schatzkammer-
inventar vom Jahre 1830 fehlt sie noch, im nächsten, dem vom Jahre 1842,
kommen sie und der Wagen des Herzogs von Reichstadt bereits vor. Trotz-
dem widerfuhr der Wiege in der Literatur bis in die jüngste Zeit das Miß-
geschick, entweder verwechselt oder übersehen zu werden. Paul Mantz in
seiner oben zitierten Abhandlung aus dem Jahre 1863 sagt, sie befinde sich im
Musee des Souverains zu Paris und sei 1820 auf so beklagenswerte Weise
umgestaltet worden, daß sie, mit den Entwürfen verglichen, kaum mehr zu
erkennen sei. Auch sei das kostbare Kinderbett, nachdem es zuerst den
König von Rom beherbergt hatte, späterhin zur ersten Liegerstatt des
Herzogs von Bordeaux, des Großnefifen von Ludwig XVIIL, geworden.
Charles Clement berichtet in seinem schönen Buch über Prud'hon,""" die
Wiege sei nach Wien gesandt worden, von da aber wieder nach Paris zurück-
gekommen und werde im Musee des Souverains aufbewahrt. L. Clement de
Ris gibt in seiner Abhandlung Les Dessins d'Ornements du Musee des Arts
decoratifsh" auf einer Heliogravüretafel einen Entwurf Prud'hons wieder, der
die Wiege darstellt, und sagt, sie sei noch im Mobilier National zu Paris vor-
handen. Henry Havardj- unterscheidet zwischen dem Berceau du Roi de
Rorne und dem Berceau du Duc de Bordeaux und bildet dieses auf Tafel 18
und jenes als Figur 210 auf Seite 294 ab. Aus der Abbildung der Wiege des
Königs von Rom, die sich in Paris befindet, geht hervor, daß diese eine
vereinfachte Form des Wiener Prunkstückes ist, das sich wahrscheinlich für
den täglichen Gebrauch als unverwendbar erwiesen hatte. Die Ruhmes-
göttin und die beiden Reliefs der Seitenwände scheinen, nach der schlechten
Autotypie geurteilt, an der Wiener und an der Pariser Wiege die gleichen
zu sein. xgoo zierte die in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien verwahrte
Kunst und Altenhum in dem Oesterreichischen Kaiserstaate, Seite 35. Allerdings kommen die
Wiege und die italienischen Krönungsinsignien Napoleons in Quirin Leitners großem Werk über die Schatz-
kammer Wien 1870 bis 1873 nicht vor. Dagegen sind sowohl die Krönungsinsignien als auch die Wiege im
offiziellen Katalog der Schatzkammer vom Jahre x88 verzeichnet.
Deuxieme Edition, Paris m72.
Gazette des Beaux-Ans, Paris xBBo. Seite H. und Seite 246 H.
Dictionnxire de PAmeubIement et de la Decoration, Tome Paris 1888.
Wiege die Pariser Weltausstellung und 1913 die in Breslau zur Erinnerung
an die Befreiungskriege veranstaltete Ausstellung. In dem Werk über diesem
ist sie auch ab-
gebildet.
Die Idee zur
Wiege ist Eigen-
tum eines Künst-
lers, dessen Na-
men das Werk
selbst ver-
schweigt oder doch
nichtausdrücklich
nennt. Pierre
Prud'h0n, der
Boucher seiner
Zeit" oder der
Canova der Ma-
lerei", wie ihn
Louis David spöt-
tisch nannte, hatte
es seinem alten
Gönner, dem Gra-
fen Nicolas The-
rese Benoist Fro-
chot, der Staatsrat
und 1800 bis 1812
Präfekt des Seine-
Departements
war, zu danken,
daß ihm der Ent-
wurf des kost-
baren Gerätes auf-
getragen wurde.
Prud'hon kannte
den Grafen, wenn
nicht schon von
Dijon, so von
Rigny bei Gray
in der Frauche-
Karl Masner und
Erwin Hinxze, Die histori-
sche Ausstellung zur jahr-
hundenfeier der Freiheits-
kriege, Breslau 19x3.Bres-
lau 1915. Seite 69 und
Tafel LXIX- Die Wiege des Königs von Rom
302
Comte her. Dort verbrachte er, 178g aus Rom nach Paris zurückgekehrt,
die zwei Jahre 1795 und 1796. Damals war Frochot Membre de PAdmini-
stration centrale de Gote-d'Or". Er hatte in den Etats-generaux eine hervor-
ragende Rolle gespielt, kannte alle einflußreichen Persönlichkeiten seiner
Zeit und war dem Künstler, der x796 oder zu Beginn des nächsten Jahres
Genius der Stärke. Detail von der Wiege des Königs von Rom
wieder nach Paris zog, besonders in den folgenden fünf, sechs Jahren, aber
auch fernerhin vom größten Nutzen.
Prud'hon hatte sich schon nach Bonapartes Siegen in Italien für ihn
begeistert. 1801 stellte er eine Zeichnung aus, die er Bonapartes Triumph
oder den Frieden benannte. Im Auftrag der Stadt Paris schuf er 1805
Gelegenheitsdekorationen für die Krönungsfeierlichkeiten, 1807 solche für die
aus Anlaß des Tilsiter Friedens stattfindenden Festlichkeiten. Im selben Jahre
393
entwarf er eine Medaille, die auf die Hochzeit Jeröme Bonapartes geprägt
wurde. Napoleon hatte Prud'hons, wenn er auch dessen Frieden" seiner-
zeit nicht hatte ausführen lassen, doch nicht vergessen. Er beauftragte ihn,
seine Gemahlin osephine zu malen. So entstand das Bild, das sie im Park
von Malmaison sitzend darstellt. Auch für die Schwestern des Kaisers war
Genius der Gerechtigkeit. Detail von 11er Wiege des Königs von Rom
Prud'hon tätig. 1808 stellte er im Salon neben der von Zephyr entführten
Psyche sein Hauptwerk aus La Justice et 1a Vengeance divines pour-
suivant le Crime", ein Bild, dessen Entstehung freilich schon um vier Jahre
zurückreicht. lm selben Jahre verlieh Napoleon dem Künstler das Zeichen
der Ehrenlegion. Um diese Zeit war Prud'hon, ohne einen offiziellen Titel
zu haben, doch der bevorzugteste Maler des Hofes. 1810 ließ sich Napoleon
von Josephine Beauharnais scheiden und vermählte sich mit Maria Luise.
der Tochter des Kaisers von Österreich. Am I0. Juni x81o gab die Stadt
Paris zu Ehren der Neuvermählten ein Nachtfest, dessen Dekorationen
Gemälde, Transparente und Statuen, abermals von Prud'hon entworfen
wurden. Auf Geheiß des Seinepräfekten, dessen Hand wohl bei all den
genannten städtischen Aufträgen im Spiele ist, schuf Prud'hon aber auch
die Zeichnungen zu der bereits erwähnten Toilette für die Kaiserin. Aus-
geführt wurde das Ganze von Odiot und Thomire. Zur Toilette gehörten
folgende Gegenstände ein Spiegeltisch, Kassetten für Geschmeide, ein Steh-
spiegel oder ein Ofenschirm psyche ou e'cran",i ein Lehnstuhl, eine
Waschgelegenheit und ein Fußteppich. Vom Teppich abgesehen, waren all
diese Dinge mit Ausnahme der Kassetten aus vergoldetem Silber Vermeil
und Lapislazuli. Nichts davon ist mehr erhalten. Im Jahre 1815, als Napoleons
Stern erlosch, wurde die Toilette nach Parma geschafft, wo sie der Graf
von Bombelles unter dem Vorwand, sich auf diese Weise Geld für die von
der Cholera, die damals gerade in der Stadt wütete, Heimgesuchten zu
verschaffen, zerschlagen und einschmelzen ließ. Die Arbeiter, die das Werk
der Zerstörung verrichten mußten, vergossen dabei Tränen, und ein parme-
sanischer Regierungskommissär wachte persönlich darüber, daß bei der
Vernichtung nichts auf die Seite gebracht wurde. Erhalten haben sich nur
die schriftlichen Programme des Künstlers, Schilderungen von Zeitgenossen,
Zeichnungen Prud'hons vierzehn solche waren 1880 in Paris auf der Expo-
sition de Dessins d'Ornement ausgestellt, eine Lithographie und Abgüsse
nach ein paar plastischen Einzelheiten.
Prud'hons Entwurf zu einer Medaille, die auf den Empfang des Kaisers
im Pariser Rathaus hätte geprägt werden sollen, scheint nicht ausgeführt
worden zu sein. Ein Bleistiftbildnis Napoleons wurde von Tardieu gestochen.
Zweimal hat Prud'hon die Kaiserin gezeichnet einmal in ganzer Figur, das
anderemal als Büste im Profil nach links; nach diesem zweiten Porträt
gibt es einen Stich in Punktiermanier von Flameng. Auch die Züge des
kleinen Königs von Rom hat Prud'hon mit Stift und Pinsel festgehalten.
Eine Zeichnung stellt ihn im Profil nach rechts innerhalb eines Quadrates
dar, unter dem sich ein Medaillon mit der Wölfin, die Romulus und Remus
säugt, befindet. Ein lebensgroßes Bildnis, das 1812 im Salon ausgestellt war
und von der Kritik sehr gerühmt wurde, soll sich zu Wien im kaiserlichen
Privatbesitz befinden. Von diesem Bilde machte der Künstler um 1820 eine
kleine Wiederholung, die von Achille Lefevre gestochen wurde. Außerdem
haben sich zu diesem Bilde zwei Skizzen erhalten."
Mantz entscheidet sich a. a. O. nach der Zeichnung flir das letztere un ecran qui, par ses dimen-
sions et par sop cadre, aiTectait la forme d'une psyche".
So Clement in seinem schon zitierten Buche. Ob sich du größere Bild noch im Besitz Seiner Majestät
des Kaisers befindet, ob es sich da je befunden hat, ist hier leider nicht festzustellen. Dagegen befindet sich allem
Anschein nach die kleinere Wiederholung, die nach Clernent für M. de Chamhure gemalt wurde und x87
M. Raynaud zu Castres gehörte, jetzt in Wien, und zwar im Besitz Seiner Exzellenz des Herrn Geheimen Rates
Dr. Rudolf Sieghan. der das Bild aus der Sammlung des Herrn Hofrates Dr. Gustav urie' Edlen von Lavandal
erworben hat. Das Bild Öl auf Leinwand ist ebenso groß zirka 4656 Zentimeter wie der Stich, der im gleichen
Sinne gehalten ist, und ist am Saume des blauen Vorhanges rechts bezeichnet P-PJPRUDHON 181i".
Diese Datierung bedeutet wohl nicht die Entstehungszeit des kleineren Bildes, sondern die der lebensgroßen
ura
Aber von allen Arbeiten, die Prud'hon für den Kaiser und dessen
Familie schuf, kommt hier sein Anteil an der Wiege des Königs von Rom
am meisten in Betracht. Als die gesegneten Umstände der Kaiserin ruchbar
wurden, bestellte die Stadt bei Odiot und Thomire, die schon die Toilette
ausgeführt hatten, eine Prunkwiege, deren Entwurf abermals Prud'h0n
anvertraut wurde. Bereits am 5. März 1811 konnte sie dem Kaiser übergeben
werden. Am 18. März, also zwei Tage vor der Geburt des Königs von Rom,
berechnet Prud'hon in einem an den Grafen Frochot gerichteten Schreiben
die Höhe seines Honorars für die Entwürfe und die Überwachung der Aus-
führung auf mindestens 12.000 Franken. In diesem Briefe unterschreibt er
sich Prud'hon P2 Membre de la Legion d'honneur et de dessin de
Die Seine empfängt das neugeborene Kindlein. Detail von der Wiege des Königs von Rom
S. M. Imperatrice"? Clement, dem im vorstehenden fast durchwegs gefolgt
wird, schildert auf ergötzliche Weise eine Lektion, die Prud'hon Maria
Luisen gab L'imperiale eleve n'avait aucun goüt pour les arts. Elle bäillait,
s'ätirait et disait son professeur J'ai bien sommeil, monsieur Prud'hon.'
,Eh bien! dormez, Madame', repondait tranquillement Partiste, qui faisait
philosophiquement sa cordee."
Die Wiege aber, zu der nach dieser kleinen Abschweifung wieder
zurückgekehrt wird, ist im Gegensatz zu der von den gleichen drei Künstlern
ursprünglichen Fassung, das Geburtsjahr des Königs von Rom. Auch auf dem Stich, der 1825 gestochen wurde,
ist angegeben Prudhon pinx. 1811".
Das Kind schläft, ist nackt und nur halb mit einem roten Mantel, den ein goldgestickter Saum ziert,
zugedeckt. Es liegt auf einem weißen Kissen und auf weißem Linnen, das über die Erde gebreitet ist, inmitten
von Gebüsch, in dem neben allerlei Blumen zwei beziehungsreiche Kaiserkronen couronnes imperiales und
Lorbeersträucber zu unterscheiden sind. Rechts hängt zwischen Schilfhalmen ein blauer Vorhang herab.
Den freundlichen Hinweis auf das interessante Gemälde dankt der Verfasser seinen Kollegen Gustav
Glück und Heinrich Zimmermann.
Maria Luise hat bereits als jugendliche Erzherzogin gezeichnet. Einige ihre Zeichnungen aus den
Jahren 1804 bis 1807 finden sich in der k. und k. Familien-Fideikomrniß-Bibliothek aufbewahrt.
geschaffenen Toilette der Kaiserin heute noch im Original vorhanden und
zwar, wie schon gesagt, nicht nur in der ursprünglich geplanten prunkvollen,
sondern auch in einer einfacheren Fassung. Auch zur Wiege haben sich
Entwürfe vier Zeichnungen, deren eine bereits erwähnt wurde, waren 1880
in Paris ausgestellt und Urkunden erhalten, die zum Teil schon von Clement
veröffentlicht und verwertet wurden.
Diesen bereits bekannten Dokumenten reihen sich nunmehr die im
folgenden mitgeteilten an, die unser Wissen um das interessante Kunstwerk
nach mehr als einer Richtung hin aufs willkommenste bereichern.
Prud'hons Beschreibung und Erläuterung, zusammengehalten mit den
Abbildungen, geben nicht nur das Äußere des Kunstwerkes wieder, sondern
decken auch in dasselbe hineingelegte Gedanken auf, die sich der bloßen
Betrachtung wohl nie und nimmer erschlössen. Daß der kleine Adler am
Fußende des Bettchens das Adleijunge, so lange vor Rostand l'Aiglon" ist
und ungeduldig die Fittiche prüft, um sich bald im kühnen Fluge bis zum
ewigen Stern seines Erzeugers emporzuschwingen, das wäre dem Kunst-
werk wohl ebensowenig abzulesen wie der Sinn, der den als Kindern
gebildeten Genien der Gerechtigkeit und der Stärke unterlegt ist sie werden
zusammen mit dem königlichen Knäblein wachsen. Auch die beiden schönen
Reliefs mit dem Tiber und mit der Seine, die übrigens aus naheliegenden
Gründen den Stil Prud'hons am reinsten zeigen, wären ohne Erklärung
kaum ganz verständlich.
Odiots und Thomires Denkschrift wieder liefert eine ausführliche
Beschreibung der Wiege nach der technischen und handwerklichen Seite
hin und ist nicht nur dadurch lehrreich und wertvoll, sondern auch durch
die Angabe der einzelnen Preise und schließlich der Gesamtsumme von
172.031 francs 47 centimes, die von Frochot, dem verantwortlichen Leiter
des bestellenden und bezahlenden Amtes, auf 152.289 francs 49 centirnes
herabgemindert wird. Die Summe von 152.289 francs wurde, wie aus einem
dritten Dokumentif hervorgeht, den beiden Künstlern in fünf Raten aus-
bezahlt, von denen sie die erste am 7. Februar und die letzte am 30. August
1811 erhielten.
Aus dem Memoire erfährt man auch, daß die Wiege auf ein Podium
und unter einen Baldachin gestellt wurde, die beide ebenso monumental
erdacht und reich und vornehm geschmückt waren wie das Berceau selbstf"
Handschriftlich ausgefülltes vorgedrucktes Aktenformular der Prefecture du Departement de la Seine,
Secrerariat, 3'111 Bureau", Zahl 2072 vorn 30. August 1811. Die Summe wurde unter den außerordentlichen
Gemeindeauslagen verrechnet. Zahlbar war sie entweder an Odiot oder an Thomire. Ersterer bestätigte ihren
Empfang. Für das Amt unterschrieb Le Conseiller d'Etat Prefet de la Seine, Comte de l'Empire" Frochgt,
Baldachin und Podium sind auf einem schwachen Blatt wiedergegeben, das ein gewisser Schule 1811
nach dem französischen Original frei radin" hat und das darstellt Ihr. Maj. die Kaiserin von Frankreich
Marie Louise besucht Ihren erlauchten Sohn den König von Rom, den ihr die Amme in der prächtigen Wiege
zeigt, welche die Stadt Paris zum Geschenk gemacht hat." Die Wiege auf dieser Radierung gleicht dem
Original nur sehr beiläufig. Vielleicht darf aber dem Blatte doch das eine entnommen werden, daß sowohl der
Teppich über dem Podium als auch der Vorhang des Baldachins das Bienenmuster gezeigt haben. Genauer,
aber nur teilweise ist die Wiege abgebildet auf Benoist jeunes Stich, der eine im juni 1812 nach der Natur
angefertigte Zeichnung von j. Goubaud reproduziert und den König von Rom in der Wiege liegend darstellt.
JVI
Zur Beschreibung der Wiege sei nur noch folgendes nachgetragen In
die Kugel vor den Knien der Ruhmesgöttin sind die Worte OiTert par
la ville de Paris" eingraviert. Die Farbe des verwendeten Samtes war
ursprünglich ein helles, scharfes Neurot, das im Laufe der Zeit das Sonnen-
licht in Lachsrot verwandelt hat. Gerade dieses aber stimmt mit dem matten
Gold, durch das man den bleichen Silbergrund förmlich hindurchschimmern
fühlt, mit dem milden Irisglanz der Perlmutter und mit dem Elfenbeinweiß
der seidenen Vorhänge besonders vornehm zusammen. Von den 138 Bienen
fehlen drei Stück, und an der Kalotte, deren Mitte das strahlende ein-
nimmt, sind zwei Palmzweiglein abgebrochen.
h.
In der Denkschrift ist Odiot als Marchand Orfevre und Thomire als
Fabricant de Bronzes et Doreur bezeichnet. Beide Künstler haben sich an
der Wiege durch Signaturen verewigt, die Odiot et Thomire" und Thomire
et Odiot" lauten und oben in die beiden Querbalken eingraviert sind, auf
denen die zwei Füllhornpaare stehen, die den eigentlichen Wiegenkörper
tragen. Jean Baptiste Claude Odiot 1763 bis 1850 ist neben Biennais der
hervorragendste Goldschmied des ersten Kaiserreiches und der Restauration,
Pierre Philippe Thomire 1751 bis 1843, als Bildhauer ein Schüler Pajous
und Houdons, der geschickteste Bronzegießer und Ziseleur dieser und einer
etwas früheren Zeit, da er bereits für Ludwig XVI. einen Tafelaufsatz zur
Erinnerung an die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von
Nordamerika geschaffen hat. Einen anderen Tafelaufsatz fertigte er im
Auftrag Napoleons für den Fürsten Metternich an." 1810 stellte er nach
Bochot eine Bronzegruppe aus, die den Kaiser zwischen Minerva und Fama
Vgl. das Kongreß -Werk, Seite 2x4 f. und Tafel XXXVIII.
zeigte. Nebenher darf hier vielleicht bemerkt werden, daß das Österreichische
Museum von Thomire eine Standuhr mit einem Apollo und ein paar Leuchter
besitzt, daß etliche über die Grenzen Frankreichs gedrungene Arbeiten Odiots
auf der Breslauer Ausstellung zu sehen waren und daß dieser ein großer
Verehrer Prud'hons war und selbst zwei Gemälde von dessen Hand sein
eigen nannte.
Das von den drei Künstlern geschaffene Werk, und zwar in seiner
Gesamtheit, nämlich die Wiege, die an und für sich schon mehr ein Denk-
mal als ein für den intimen täglichen Gebrauch bestimmtes Gerät ist, noch
überdies auf Thronstufen und unter einem Thronhimmel, erhärtet wohl wie-
kaum ein anderes Beispiel die Richtigkeit von Alois Riegls geistvollen Sätzen
im Kongreß-Werk Seite 192 f., die ausführen, daß die Empirekunst bei der
Dekoration von Innenräumen und bei der Gestaltung von Möbeln vor allem
darauf ausging, den profanen Zweck der Gegenstände zu verhüllen, diese
gewissermaßen in eine bessere, höhere Sphäre zu erheben, sie sozusagen
mit dem Schein von Ewigkeitswerten zu umkleiden. Die mit dem Gebrauchs-
zweck nicht immer leicht zu vereinende edle Form, die häufigen inneren
und äußeren Entlehnungen aus einer einseitig groß gesehenen Vergangen-
heit, "die strenge Sauberkeit der Arbeit, die Verwendung des unverrückbaren
und unzerstörbaren Metalles und die reiche Vergoldung verdeutlichen sinn-
fällig dieses Kunstwollen. Prud'hon, ein ungemein malerisch veranlagter
Künstler, auf den von allen großen Werken der alten und neueren klassischen
Kunst die Bilder Correggios den nachhaltigsten Eindruck machten, zollt
doch in seinem Entwurf zur Wiege, was das Streben nach statuarischer
Monumentalität und die Anwendung von Allegorien, die in der späten
römischen Kunst wurzeln, anbelangt, seiner Zeit den Zoll. Daß in einer
Epoche, deren größter Maler, David, den Figuren seiner Bilder Stellungen
von berühmten Statuen des klassischen Altertums gab, sowohl der Dreifuß
als auch das Kästchen aus dem Besitz der Kaiserin Maria Luise zur Gänze
oder in Einzelheiten antike Vorbilder nachahmen, kann nicht wundernehmen.
Nimmt man all das zusammen, so läßt sich sagen, daß die drei besprochenen
Gegenstände aus der kaiserlichen Schatzkammer, samt und sonders von
ausgezeichneten, ja führenden Meistern ihrer Zeit geschaffen, ein zwar eng
umgrenztes, aber überraschend anschauliches und aufschlußreiches Bild der
Empirekunst geben.
Zum Schlusse werden hier die genannten Urkunden mitgeteilt"
Zu Beginn des Jahres 1914 wurden zuerst Herrn Dr. Albert Figdor und dann dem Oberstltämmereramt
Seiner Majestät des Kaisers drei Dokumente zum Kauf angeboten, die sich auf die Wiege des Herzogs von
Reichstadt in der Wiener Schatzkammer beziehen Prud'hons Programm, die Denkschrift Thomires und Odiots
und des letzteren Zahlungsbestätigung. Wegen des allzu hohen Preises kam ein Ankauf nicht zustande, aber
der Händler gestattete, daß die Urkunden photographiert wurden. Gegen eine Veröffentlichung, die hier im
Einverständnis mit dern Oherstkämmererarnt erfolgt, erhob er gleichfalls keinen Einspruch. Die ersten beiden
Akten sind vollinhaltlich mitgeteilt, vom dritten wurde bereits oben ein Auszug gegeben, Die Orthographie der
Originale ist beibehalten.
Die drei Dokumente befanden sich 1911 in der Sammlung Marc Rosenbergs. Vgl. Nr. gg bis 101 in
Hermann Flamms bereits zitiertem Verzeichnis der Handschriften dieser Sammlung. 1915 sind nach der Angabe
des Werkes über die Breslauer Ausstellung Seite 69 alle drei Urkunden verbrannt.
DESCRIPTION DU BERCEAU DE SA MAjESTlil LE ROY DE ROME' DONNE PAR
LA VILLE DE PARIS.
Cette couchette portee par quatre cornes d'abondance, entre lesquelles sont places
les genies de 1a Force et de la Justiee, est paree de fleurs et parsemee d'abeilles.
En täte brille le Chiffre de Sa Majeste FErnpereur entoure de palmes et de lauriers.
Ces palmes, auxquelles se ratache un jeune lierre gravissant sur le cintre, sont surrnontees
d'un globe celeste, sur lequel plane la iigure de la Gloire. Elle tient une couronne de lauriers
et audesus pose une couronne d'etoiles, parmi lesquelles etincele l'astre Napoleon.
Aux pieds du berceau un jeune aiglon dans le mouvement d'essayer son vol fixe
l'etoile la plus eclatante de 1a couronne immortelle.
Sur les cotes sont deux bas-reliefs, dont l'un represente 1a Seine recevant des mains
de Mercure un enfant, qu'elle regarde affectueusement, et l'autre fait voir le Tibre admirant
un astre, qui se leve sur ses bords.
EXPLICATION DES ALLEGORIES SIMBOLES ET ALLUSIONS QUI COMPOSENT
LENSEMBLE DU BERCEAU.
Couchä au milien d'un peuple cfabeilles empressees autour de lui le" jeune Prince
repose sous les palrnes et les lauriers moissonnes par son Auguste Pere. Il est tout entier
investi de la gloire de ee heros; de eette gloire eclatante qui s'elevant jusques aux regions
etoilees plane dans l'espace indeiini des sieeles.
Deja ce jeune aiglon fixe Yastre immortel de celui, qui lui donna le jour, impatient
dans l'essor, qu'il essaye, de s'elancer jusqu'a lui.
La Seine reeoit avec amour et respect cet enfant desire present des dieux.
Le Tibre voit avec ravissement se lever sur son horison l'astre nouveau, sous l'in-
iiuence duquel ses eaux couleront dans Pabondance et dans 1a paix.
Le genies de 1a Force et de 1a Justice, qui font la gloire des empires, croitront avec
son enfance et seront dans son age rnür la felicite de nos arriere-neveux.
Prud'hon, PKW d'histoire,
Mbrß de 1a Legion d'honneur.
II.
MILIMOIRE DU BERCEAU EN VERMEIL OFFERT SA MAJESTE IJIMPERATRICE
PAR MONSIEUR LE COMTE FROCHOT POUR LA VILLE DE PARIS.
Le dit berceau execute sur les dessins de M. Prudhom par Thomire, fabrieant de
bronzes et doreur, rue Taitbout N0. 15, atelier, rue Boucherat N0. et par Odiot,
marehand orfevre, rue St. I-Ionore.
Savoir.
Un bereeau de pi pe de long sur 22 V2 de large les bouts arrondis.
Compose de deux patins consoles en champs renfonces, dans lesquels sont des
ornements losanges avec rosasses dans le milieu, et dans les consoles des feuilles double
rang. Sur les patins sont des ecoineons et rosasses decoupes jour sur fond nacre de
perles. Sur les dits patins sont posees quatre cornes zfabondance se croisant en les dittes
composees d'ornements tres riches et terminees par des gerbes de bles et couronnes de
barbeaux. Sur les dittes pose le berceau.
Audevant de chacune des sont deux genies representant l'un 1a Force l'autre la
Justice avec leurs attributs, au milieu des dittes est un balustre riche qui les lie toutes
les deux ensemble, les dits portant 14 pouees.
Le dessous.du dit berceau est compose de douze sangles se terminant en consoles
avec une traverse pour les lier, les dittes sont faites de pieces de raport champ renfonce
Die Worte Sa Majesle le Roy de Rome" im Original durchstrichen.
Das Wort le" später eingefügt, vorher die Worte la töte du" getilgt.
4-1
.11"
revetus de nacre de perles et branches de lierre ajustees dessus entre chaque console
sont ajustes 72 bouts de natte poses sur des Velours.
Sur les consoles cidessus designees pose le corp du berceau coxnpose d'une ceinture
haut et bas avec champ renfonce, proiiles, montures et rangs de perles, les champs
renfonces, revetus de nacre. Sur les dittes nacres sont posees des guirlandes de Heurettes et
rosasses. Les deux ceintures sont liees par quatre pilastres revetus en nacre et lyerre dessus.
De ehaque cöte du dit berceau sont deux cadres enrichis d'arabesques et rosasses
raportes, les dits cadres termines par des consoles, dontles dits cadres sont deux basreliefs
representant l'un 1a Seine et l'autre le Thibre.
la tete du berceau est place le blasen des armes de France pcrtant pouces en
haut, le pourtour du dit berceau garni de xoo balustres doubles en naere de perles garnis
tout au milieu que haut et bas.
La täte du dit berceau est composee d'un ceintre qui se lie avec les pilastres, le dit
ceintre en champ renfonce revetu de nacre de perles et lyerre pardessus. La fau du dit
ceintre enrichie deiieurons eniiles. La calotte est composee de trois cercles en charnp
renfonee revetu de perles et olives en burgos montes en or, Yentourage du premier cercle
est garni de deux grandes palmes qui viennent joindre une boulle, placee au rnilieu, qui
porte un cercle, sur lequel sont les douze lignes du Zodiaque, entre le grand et le rnoyen
cercle sont plaeees deux branches d'olivier, et entre le moyen et le petit cercle deux
branches de laurier, au milieu du petit cercle sont places une gloire et une N.
Sur 1a boulle cidessus designee est placee une iigure representant la Victoire de
26 pouces de proportion, tenant une couronne de laurier faite en feuilles de raport et
surmontee d'une couronne d'etoiles.
Aupres du lit et sur le ceintre du haut est placee une volute sur laquelle pose un
aiglon.
Le tout en vermeil, cornpris fagon, frais de fonte, ciselure,
42,058 monture, orfevrerie et dechet '54,000f--
4,5oof7 Nacredeperlesetburgos. .. 4,800f7
Suplement de nacre de perles pourles douze sangles et la
traverse de dessous, le berceau et les patins, addition faite par
M. Prudhom
2,400 d'apres 1a decision de Yestrade 2,700 er
8000 Esquisse en cire Zßßüf-
Modeles en cire, bois seulpte et platre 8,000
1,12o x60 eertissures en or pour les burgos 1,4401"
42,328 8x4 marcs d'argent 52 le marc 42ß28f
Dorure des dits 8x4 marcs raison de 54 le marc
40,700 ainsi qu'il ete regle pour 1a toilette 43,956
2,xgx 80 Pour autant paye pour le contröle 2,191 f80
80 Idem pour Pessay 80f
143.377 80 161,495f80
Suplement demaude pour Pimperial.
Un imperial de lit pd de long sur de large, sculpte
de gaudrous tout au pourtour et de 15 lig. de haut, le dit ajuste
et pose sur un chassis lequel est garni de tringles de fer pour
recevoir les rideaux, le dessus ome de quatre vingt quatre
palmettes en bronze de de haut sur pd V2 de large,
montees chacune avec deux vis, les dittes palmettes ciselees et
Die hier kursiv gedruckten Summen sind die von Thomire und Odiot begehrten. Sie sind irn Original
durchstrichen und durch die reduzierten am linken Rand ersetzt.
54 im Original durehstrichen. Über der Zeile steht 50 en egard du poids des Hgures".
.314
dorees au mat; les gaudrous apretes de douze couches de blanc
repares et dores en plein or mat et or bruin, le tout sxe au
plafond par quatre boulons en fer täte ronde et vis garnis
1,1oof- cfunecrouaudessus .. I,300f-
Suplement demande pour Pestrade.
56 pieds de monture feuilles de laurier antique en
bronze, compris fonte ciselure monture et dorure au mat 01- et
r,7g2f- ajustage sur place a4 f"le pied 2,352f-"
146,269 80 l65,147f80
Le montant d'un mernoire de fournitures faites par M.
Darrac tapissier pour 1a garniture du berceau en vermeil
comprenant le ret et les etoifes, broderies, franges, glands en
1,963 25 or in et fagron, ainsi qu'il est detaille en son memoire ci jouie 2,346f55
Le rnontant d'un memoire de foumitures faites par M.
Darrac, tapissier, pour un tröne place sur 1e berceau en verrneil,
comprenantles plumes, franges, glands en or iin, embrasses et
3,920 14 accessoires ainsi qu'il est detaille en son memoire ci jouie 4,384
Le montant d'un mernoire de fournitures faites par M.
Darrac tapissier pour une estrade sur laquelle pose le berceau
136 30 en vermeil, ainsi qu'il est detaille en son memoire ci jouie 153f
152,289 '49 Reglement 152,289 49. Total l72,03If47
Certiiie le present memoire 1a somme de cent soixante douze mille trente un francs
quarante sept centrmes. Pans le 15 Mars 181 r. Thomire. Odiotlkxk
Veriiication faite du präsent mernoire. Les Cornrnissaires soussignes l'ont regle et
modere 1a somme de cent cinquante deux mille deux cent quatre vingt neuf francs
quarante neuf centimes.
Paris le 31 juillet r81r.1- LemoyneH-i
Centrice.
Roland.
Davillier.
Nous approuvons le reglement cidessus s'elevant la somme de cent cinquante
deux mille deux cent quatre vingt neuf francs quarante neuf centimes.
Paris, le Aoüt 181.
Thomire Duterme et Comp. Odiotf
Le Conseiller d'Etat Prefet de 1a Seine, arrete le präsent rnemoire la somme de
cent cinquante deux mille deux cent quatre vingt neuf francs.
Paris, le 28 Aoüt 1811." Frochotfxx
42" durchstrichen und 32" darüber geschrieben.
Von derselben Hand geschrieben, die alle Detailsumrnen erniedrigt hat.
Eigenhändige Unterschriften. Das Wort Thomire rilhrt von derselben Hand her, die das ganze
Mernoire geschrieben hat. Thornire hat dieses also eigenhändig niedergeschrieben.
Dieser Absatz ist von derselben Hand geschrieben, die die Summen herabgesetzt hat.
11' Der Maler jacques Antoine Marie Lernoyne oder Lemoine 1752 bis 1824?
"H1 Die Lesung unsicher.
Wahrscheinlich der Bildhauer Philippe Laurent Roland 1746 bis 1816.
Alle vier Namen eigenhändige Unterschriften.
Dieser Abschnitt ist bis hierher von Thomire geschrieben.
Eigenhändige Unterschrift.
XX Von der Hand, die korrigiert hat.
xxx Eigenhändige Unterschrift.
ÜBER EINE FIGUR TULLIO LOMBARDIS UND
ANDERE HOLZSKULPTUREN DES FRUHEN
VENEZIANISCHEN CINQUECENTO 50' VON
L. PLANISCIG-WIEN St.
Qäifcfy der Sammlung des Herrn Stefan von Anspitz-
MV.
Wien befindet sich eine etwas unterlebensgroße
ßf; Holzfigur eine thronende jugendliche Frauen-
gestalt in weiten Gewändern, mit leicht nach
rechts geneigtem Kopfe und welligem Haar, von
dem je drei Strähne die beiden Schultern herab-
gXQ fallen. Der linke Unterarm, dessen Hand jetzt
jefy einen Spiegel hält, ist, sowie auch die auf einem
Buch ruhende Rechte und die aus dem Gewande
hervorragenden Zehen, modern ergänzt. Dadurch
kann die Deutung der Figur als Prudentia" nicht für gesichert angenommen
werden, obwohl man nicht fehlgehen dürfte, in dieser anmutigen Frauen-
gestalt die Personiiikation einer Tugend zu erblickenß" Abgesehen von den
angeführten Ergänzungen, ist die Figur selbst, wie auch das Postament die
Hälfte einer hexagonalen Kiste, deren Vorderseite mit einem konvexen,
durch Doppelband und Hohlkehle gerahmten Medaillen verziert ist und der
bankartige Thron, auf dem sie sitzt, in Fassung, Polychromierung und
Ornamentik vorzüglich erhalten. Eine hoch um die Brust geschnürte, fein
gefältelte Tunika und ein über die Schultern geworfener, durch breite Falten
belebter Mantel bilden ihre Bekleidung Abb. und 2.
Die Frage nach der künstlerischen Provenienz dieser in ihrer Art
seltenen vielleicht einzigen Skulptur scheint mir nicht schwer zu
beantworten?" Alles deutet auf das venezianische frühe Cinquecento hin.
Gesichtsausdruck und Faltengebung der Gewänder sind so charakteristisch,
daß ihre Einordnung in den engeren Kreis der zweiten Lombardi-Generation,
die Tullio beherrscht, nicht allzu schwer fallen dürfte.
Man vergegenwärtige sich jene zwei Marmorreliefs, welche Tullio in
der Cappella del Santo zu Padua mit seinem vollen Namen bezeichnete und
die ihm 1501, respektive 1505 in Auftrag gegeben wurden, die er jedoch
erst 1525 vollendet ablieferte Antonius heilt das Bein eines jünglings
TVLLII LOMBARDI OPUS signiert und der Heilige findet in der Leiche
des Geizhalses einen Stein an Stelle des Herzens OPUS TVLLII LOM-
BARDI PETRI signiert und unten mit der Jahreszahl M. D. XXV.
datiert. Der Vergleich der Frontalaufnahme unserer Figur Abb. mit jener
Höhe samt Sockel x'35 Meter, Höhe ohne Sockel Meter, Breite 0-77 Meter.
Eine Holzgruppe Der Engel mit dem kleinen Tobias" in der Kirche zu Cascia Provinz Perugia
erinnert an unsere Figur und ist sicher auch eine venezianische Arbeit um 1500 Rassegna d'Arte rgu, Seite 7x,
ebenso ein Holz-Sebastian aus Sangemini bei Temi, der auf der Ausstellung alturnbrischer Kunst in Perugia
1908 zu sehen war Zeitschrift für bild. Kunst, N. F. rg, rgoB, Seite 13x.
weiblichen Gestalt, die auf dem Relief des Wunders an dem Geizhalse Abb.
zu äußerst rechts ein Kind bei der Hand führt und den Kopf von der Haupt-
handlung wendet, um das Geschehene einer angekommenen Gefährtin mit-
zuteilen, ferner der Vergleich unserer Proülaufnahme Abb. mit der Frau
rechts am Relief des Fußwunders Abb. die, den Kopf etwas geneigt
haltend, die Hände zum Heiligen adorierend emporhebt, wird uns derartige
Übereinstimmungen in der Behandlung des Kopfes und in jener der Gewand-
falten zeigen, daß dadurch nicht nur die allgemeine Bestimmung Lombardi
erhärtet, sondern der Name Tullio für sie große Wahrscheinlichkeit
gewinnt. Der ovale Gesichtsschnitt mit dem rundlichen Kinn, die klassisch"
gerade Nase, das Grübchen der Oberlippe, die leicht geteilte Unterlippe,
der halboffene Mund, der regelmäßig gewölbte Bogen der Augenbrauen,
die hohe, durch die Haartracht in einem Dreieck gerahmte Stirne, die
welligen, am Scheitel geteilten Locken, welche zopfartig vereinigt die Ohren
bedeckend, in den Nacken fließen, dann der etwas dicke, angeschwollene,
lange und weiche Hals, den leicht angedeutete Schönheitsfalten" zieren,
dies alles sind Merkmale der Santo-Gestalten wie auch unserer thronenden
Figur.
Der Vergleich kann mit gleichem Erfolg an anderen Werken Tullios
fortgesetzt werden. Die Nebeneinanderstellung einer Seitenaufnahme des
Estensischen Bacchus und Ariadne-Reliefs Abb. SV und unserer Profil-
ansicht Abb. läßt die eben hervorgehobenen Charakteristika aufs neue
feststellen. Man betrachte die Form der Nase und der Mundpartie, vor allem
den etwas angeschwollenen Hals, dessen typische Bildung an einer von
Paoletti als Spätwerk Tullios angenommenen Frauenbüste aus Marmor in
der Sakristei von Sto. Stefano zu Venedig wiederkehrt, und die welligen,
in Einzellocken behandelten Haare, die die Gesichter der Figuren umrahmen
und bei der Estensischen Ariadne rückwärts von einer ornamentierten
Haube zusammengehalten werden. Nicht uninteressant ist die Verzierung
dieser Haube dem Dekor an den Wangen des Thrones unserer Tugend-
figur ähnlich, ähnlich auch den Ornamenten an dem reichverzierten Dogen-
stuhl aus Holz im Tesoro di S. Marco zu Venedig, einem Werke, das zu
Anfang des Cinquecento entstanden ist.
Das Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin besitzt eine 17 Zentimeter
hohe Bronzebüste eines Mädchens Abb. die mit vollem Recht dem
Tullio Lombardi zugeschrieben wird, so sehr ist sie mit gesicherten
Werken des Meisters man vergleiche sie mit den signierten, den Esten-
Frontalaufnahme in dem Aufsatze von H. J. Hermann Aus den Kunstsammlungen des Hauses Este
in Wien" in Zeitschrift für bildende Kunst. N. F. XVII, Abb. rq.
Paoletti di Osvaldo, L'Architettura la scultura del Rinascimento Venezia, Venedig, x893,
Seite 254.
Beschreibung der Bildwerke der christlichen Epochen, Band II. Fritz Goldschmidt, Die italienischen
Bronzen der Renaissance und des Barock, Berlin, 1914, Nr. ro. Bude, Die italienischen Bronzestatuetten der
Renaissance, Band Tafel LXXVI. Eine Replik und ein Gegenstück dieser Figur in der Galleria Estense
zu Modena. Siehe A. Venturi, La R. Galleria Estense in Modena, 1882, Seite gg, hier merkwürdigerweise in den
Anfang des XV. Jahrhunderts gesetzt.
sischen äußerst ähnlichen Reliefbüsten im Museo archeologico des Dogen-
palastes zu Venedig Abb. verwandt. Die Ahnlichkeit des Berliner
Stückes mit unserer Figur vgl. Frontalansicht ist äußerst frappant. Nicht
nur die liebliche Neigung des Kopfes nach rechts, auch die Einzelheiten
stimmen, trotz Materialverschiedenheit, völlig überein der halboffene Mund,
das Grübchen der Oberlippe, der leicht angeschwollene Hals mit der
Schönheitsfaltdß die Wölbung der Stirne, Augen und" Augenlider. Der
Katalog des Kaiser Friedrich-Museums weist auf die Ahnlichkeit dieser
Bronzebüste mit einer in derselben Sammlung aufgestellten Statuette Die
Allegorie der Liebe" hinf" die ich bei der Besprechung einer kleinen
Tugendligur in der Sammlung Zatzka-Wien zum Vergleich herangezogen
habe.""" Beide Statuetten
gehören in den Kunstbe-
reich des Tullio Lombardi,
letztere hat die Haare, wel-
che die Schultern herab-
fließen, in Zöpfe geflochten,
unserer Prudentia" ähn-
lich, eine am Anfang des
XVI. Jahrhunderts übliche
Haartracht, die wir in
Venedig an Rizzos Eva
des Arco Foscari im Hofe
des Dogenpalastes, mit der
unserer Holzfigur überein-
stimmend, wiederfinden.
Hier könnte schließlich die
weibliche, bis zur Brust
nackte Reliefbüste der
Sammlung Huldschinsky
in Berlin Abb. zum
Vergleiche herangezogen
werdenj obwohl ich glau-
ben darf, meine Zuschrei-
bung auf reichliches und
an Überzeugungskraft nicht
mangelndes Material ge-
stützt zu haben. Ich möchte
Gallerie nazionali ilaliane,
1896, Band II, Seite 60.
Katalog Goldschmidt, a.
0., Nr. 95.
Kunst und Kunsthandwerk,
196, Seite m7.
Abb. x. Tullio Lombardi, Prudentir Wien, Sammlung Stefan von Bude, Die Sammlung Oscar
Auspitz Huldschinsky, Berlin, 1908, Seite 14.
375
aber noch auf das polychromierte Medaillon der Postamentvorderseite
hinweisen, ein Motiv, das in der von den Lombardi gepflegten Fassaden-
architektur mit den bekannten Inkrustationen recht häufig vorkommt, wofür
mehrere Paläste am Canal Grande, die Miracoli-Kirche oder S. Zaccaria
zeugen.
das römische Grabsteinmotiv
Man begnügt sich, Tullio Lombardis Kunst als eine von der Antike
beeinHußte zu bezeichnen. Ohne Genaueres anzugeben, ist bereits auf
griechische Werke hingewiesen worden, als von seinen zwei Reliefs an der
Fassade der Scuola di S. Marco zu Venedig zwei Darstellungen aus dem
Leben des gleichnamigen Heiligen die Rede warf Eine große Rolle spielt
sicher die Antike bei diesem
eigentümlichen Renaissance-
künstler, aber sein Verhältnis
zur Antike ist ein anderes, als
etwa das Donatellos gewesen
war. Unter einem ganz be-
stimmten Gesichtswinkel hat
die Antike auf Tullio gewirkt.
Es braucht nur an das Esten-
sische Doppeiporträt und an
jenes verwandte des Museo
archeologico zu Venedig er-
innert zu werden, um deutlich
irnago clipeata mit den ge-
paarten Büsten der Verstor-
benen gewöhnlich Mann und
Frau zu erblicken. Seine Wer-
ke sind aber doch derartig
individuell, daß auch hier, wie
bei Donatello, eine Verarbei-
tung der antiken Muster an-
genommen werden muß. Die
Art dieser Verarbeitung und
die entwicklungsgeschichtli-
chen Prämissen zu dieserVer-
arbeitung sind im Vergleich
mit Donatello verschieden.
Tullios Kunst erwächst aus
demvondiesemgroßenFloren-
tiner hinterlassenen Stadium
Siehe Cicercne X. Auflage, Abb. 2. Tullio Lombardi, Prudemiw Wien, Sammlung Stefan
Seite 544. von Auspitz
Abb. 3. Tullio Lombardi, Wunder an dem Geizbalse Padua, Same
in der Assimilierung und Wiedergabe der Antike und nähert sich selb-
ständig der Antike, so daß man bei ihm von einem primären, ver-
mittelten und einem direkten antiken Einfluß sprechen kann. Dieser ist die
Konsequenz des ersteren, die Folge des eng mit Donatello verbundenen
toskanischen Einflusses in Oberitalien, ein Weiterbauen auf gegebenen
Prämissen, dessen Endprodukte von der Künstlerindividualität abhängig sind.
Die thronende Madonna, welche Donatello am Ende der Vierzigerjahre
des Quattrocento in Bronze für den Hauptaltar des Santo zu Padua schuf,
ist eine Vorläuferin unserer weiblichen Holzfigur. Der antikisch verarbeitete
Kopf mit den am Scheitel geteilten Haaren und den in symmetrischen
Bündeln auf die Schultern fallenden Locken kündigt einen Typus an, den
wir über Andrea Briosco und Tullio Lombardi bis hinauf in die erste
Cinquecentohälfte verfolgen können ein Urbild für den Kopf unserer
Prudentia" und der ihr verwandten Gestalten, dessen Weiterbildung wir
auch 1antikisch-donatellesker bei Riccios Figuren wiederfinden. Die Sphingen
des großen Osterleuchters 1507 bis 1516 im Santo zu Padua und besser noch
die in Himatien gehüllten Frauengestalten an dessen Fuße zeugen sowohl
für Donatellos Einfluß, wie auch für eine neue und direkte Annäherung
JII
Abb. 4. Tullio Lombardi, Fußwunder Padua, Santa
an die Antike, den Bestrebungen Tullios wenn auch bei verschiedenen
Endresultaten gleichwertig. Riccios Bronzebüste einer Frau mit leicht
erhobenem I-Iaupte in der Sammlung W. H. Newall-Croxley Greeni ist eine
Parallelerscheinung zu der hier angeführtemTullio zugeschriebenenMädchen-
büste des Berliner Kaiser Friedrich-Museums. Die Ausdrucksmittel sind die-
selben; und würden nicht ganz spezielle, mit den gesicherten Werken Riccios
übereinstimmende Eigentümlichkeiten Bodes Zuschreibung rechtfertigen,
leicht könnte man auch für dieses Stück die Urheberschaft Tullios in Anspruch
nehmen. Und ist jene sitzende Kybele-Gestalt in der Sammlung Carrand des
Museo Nazionale zu Florenz, die Bode als Antico veröffentlichte, aber
von Hermann?" mit Recht Riccio zugeschrieben wurde, nicht vielleicht eine
aus demselben Urbild abzuleitende Erscheinung? Doch die Wege der zwei
Künstler gehen auseinander Riccio und seine langlebige Werkstatt verirren
sich im antikischen, gotisch-phantastisch umgewandelten Ornament, Tullio
erkaltet in einer antikischen Formel, die nicht Antike ist, gleichwie die retro-
Bode, Bronzestatuetten, Tafel LXXVI.
Bode, Bronzestametten, IIL, Tafel CCXLIV.
H. j. Hermann, Pier Jacopo Alari-Bonzcolsi, genannt Andco, jahrbuch der kunsthislorischen Samm-
lungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Wien, xgogigzo.
48
spektiven Tendenzen des Zeitalters Napoleons nicht Antike gewesen sind.
Im Todesjahre Tullios, 1532, sah der venezianische Periegete Marcantonio
Michiel, bekannt als der Anonymus des Morellif in der Casa A. Odoni"
zu Venedig eine aus Tullios Atelier stammende antike Gewandstatue, die
der Künstler des öfteren und in vielen seiner Werke wiedergegeben haben
Abb. 5. Tullio Lombardi Bacchus und Ariadne", Seitenaufnahme Wien,
Estensische Kunstsammlung
forschungen nach der in Frage stehenden Antike unmöglich zu machen.
soll .La figura mar-
morea di donna vestita
intiera, senza la testa
mani, antica; solea
essere in bottega de
Tullio Lombardo, ri-
tratta da lui piii volte
in piu sue opere." Si-
cher sind die Frauen-
gestalten an beiden
Paduanischen Reliefs
unseres Künstlers von
antiken Werken in-
spiriert worden; eine
bestimmte Antike an-
geben zu können, fällt
uns heute schwer, da
uns alle näheren An-
gaben fehlen, sie unter
den unzähligen uns
erhaltenen antiken Ge-
wandfiguren mit Erfolg
zu suchen. Die Samm-
lung Odoni ist trotzt
testamentarischer Be-
stimmungihresBegrün-
ders, wonach sie un-
geteilt im Besitze der
Familie bleiben sollte,
frühzeitig genug in
Rom veräußert wor-
den, um uns Nach-
Zwar könnte man einen indirekten Weg einschlagen und, von den Reliefs
Tullios ausgehend, nach dieser Gewandiigur forschen. Ich glaube aber nicht,
annehmen zu können, daß dieser Künstler die Vorlage sklavisch kopiert,
G. Frizzoni, Notizia dänpere di disegno zum, Bologna, X884, Seite x55.
Im Nachlaflinventar des Alvise Odoni aus dem ahre 1555 Ludwig, Archivalische Beiträge,
Berlin x91 Seite 64 isx diese Figur nicht mehr festzustellen. Vielleicht ist die als una Ggura de donna senza
tcsta" angeführte gemeint.
sondern von ihr
man betrachte den
Faltenwurf der Ge-
wänder auf den Santo-
Reliefs nur Anre-
gungenempfangenhat.
Aus der Betrach-
tung der Werke Tul-
lios, namentlich aus
der seiner paduani-
schen Reliefs und sei-
ner Krönung Mariä in
S. Giov anni Crisostomo
zu Venedig, kann man
dennoch mit einer ge-
wissen Sicherheit eine
bestimmte Phase der
antiken Skulptur als
jene bezeichnen, die
für sein künstlerisches
Schaffen maßgebend
Abb. 5. Tullio Lombardi, Bronzebüste Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum
gewesen ist. Die Kunst der früheren Kaiserzeit, der Empire-Stil des Augustus.
wie ihn etwa die Ara pacis vertritt, spiegelt sich in den Werken des
Abb. 7. Tullio Lombardi, Doppelponrät Venedig, Dogenpalast
venezianischenRenais-
sancekünstlers wider.
Mögen ihm nun Wer-
ke der Monumental-
skulptur zu Gebote
gestanden sein, was
durch die Gewandf-igur
in seiner Werkstatt die
wir uns wohl als eine
jener mit feingefältelten
Gewändern gehüllten
Frauengestalten, wie
wir sie an den Reliefs
der Ara pacis und in
unzähligen Beispielen
der Freiskulptur vor-
finden, vorstellen müs-
sen und durch die vie-
len Antiken, von denen
Michiel in den venezia-
nischen Privatsamm-
lungen zu berichten weißf" sichergestellt ist; mögen ihm die Darstellungen
an spätantiken Sarkophagen für Komposition und Einzeliigur, Gemmen und
Kameen die besonders eifrig gesammelt wurden für die Behandlung der
Köpfe seiner Gestalten gedient haben, eines steht fest es ist das hellenistische
Barock und die daraus erwachsene, kühle und nüchterne, bereits retrospektive
Phase der römischen Skulptur, die unserem Künstler wie auch den Klassi-
zisten der Empirezeit als Vorstellung höchster antiker Leistung am nächsten
gelegen ist. Nicht der antike
Akt, der bei Donatello und
dann bei Michelangelo die
Hauptrolle spielt, sondern die
Gewandfigur mit den vie-
len eng aneinanderlaufenden
nassen" Falten; in den
Köpfen noch der leer-süß-
liche Ausdruck des Barocks
von Alexandrien.
Ein spätantikes Werk,
das bekannte Brunnenrelief
aus dem Lateranensischen
Museum," auf dem eine
Nymphe dargestellt ist, wel-
che einem vor ihr auf einem
Felsen sitzenden Satyrknaben
aus einem großen Horn zu
trinken reicht Abb. möchte
ich hier als ein aus einer
Fülle gleichwertiger Beispiele
besonders einleuchtendes
den Skulpturen Tullios an die
Am Seite stellen. Man vergleiche
Tullio DombardLReliefbilste Berlin, Sammlung Oliuldschinsky die in ein langes feinge"
fälteltes Gewand gehüllte
Nymphe mit den Gestalten der Santo-Reliefs. Hier und dort dasselbe Falten-
system. Aber und für uns wohl wichtiger auch die Analogie in der
Wiedergabe der Köpfe ist evident. Etwas härter der Renaissancekünstler,
aber diese Härte ist eine ihm anhaftende, aus der noch stark lombardi-
sierenden väterlichen Werkstatt ererbte Eigentümlichkeit. Stellen wir aber
neben den Kopf der lateranensischen Nymphe den der Estensischen Ariadne
oder den unserer Holzfigur, so wird es uns ein Leichtes sein, die antike
Quelle für derartige Gestalten die in der gleichzeitigen Malerei ihr
Über die Antiken in Venedig siehe auch Temanza in der Vila des Alessandro Vittoria. Tommaso
Temanza, Vite dei piii eecellenü Architetti Scultori Veneziani, Venedig, 1778, Seite 476.
Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder, Tafel XXI. Helbig, Führer etc., I., Seite 440, Nr. 648 26.
Römische Kopie nach einem hellenistischen Vorbild.
Korrelat in Giovanni Bellini und Cima da Conegliano haben zu bezeichnen.
Das antike Moment reicht aber nicht allein aus, um Tullios Kunst völlig
Abb. g. Spätanlikes Brunnenrelief Rom, Laleranensisches Museum
zu charakterisieren. Werke wie das estensische und das venezianische
Doppelportrait, wie die Mädchenbüsten in Berlin und Modena, das Brustbild
bei O. I-Iuldschinsky und schließlich unsere Prudentiai sind durch den
Jahrhunderts. Grablegung Wien, Estensische Kunstsammlung
Au
k.
w.
b.
erbrachten Beweis einer Anlehnung an die Antike und sei es auch an eine.
ganz bestimmte Phase der Antike noch nicht erschöpft. Etwas Neues steckt
in diesen Figuren, was die Antike nicht in dem Maße gekannt hat und was
als spezifisch venezianisch aufgefaßt werden muß. Waren Tullios Vor-
bedingungen zum Erfassen der Antike in jener Phase der oberitalienischen
Kunst, die unter dem tiefgreifenden Einf-luß Donatellos stand, gegeben, so
waren es gleichzeitig andere Elemente der Kunst dieses Florentiners, die
ihm ein Hinausarbeiten nach einer anderen Richtung ermöglichten. Wie
der durch Mantegna und die Bellini inaugurierte Stil seine Grundlagen in
den paduanischen Schöpfungen Donatellos hat und erst allmählich sich in
den Werken des alten Giambellin, des Giorgione und des jungen Tizian
zu jener Ausdrucksform emporarbeitet, die der venezianischen Renaissance-
malerei ihr markantes Gepräge verleiht, so bildet sich, von der gleichen
Prämisse ausgehend, auch in der Skulptur eine Stilsprache ganz bestimmten
Charakters, die im Laufe der Entwicklung sich augenfällig der Malerei
nähert und dadurch den Beweis für den gemeinschaftlichen Ausgangspunkt
und für die gemeinschaftlichen Entwicklungsfaktoren liefert. Es ist kein
Zufall, daß die Frauentypen des späten Giovanni Bellini, des Cima da
Conegliano, des Giorgione und des frühen Tizian so sehr an Werke Tullio
Lombardis erinnern. Die Entwicklung der Skulptur ist parallel mit jener
der Malerei aus gemeinsamem Nährboden hervorgegangen. Diese Paral-
lelität und den Fortschritt in der Formgebung zeigt uns ein Vergleich der
unter der Leitung Pietro Lombardis geschaffenen Werke der Skulptur mit
Gemälden Mantegnas oder den frühen Bildern Giambellins eine langsame
Überwindung Donatellos in bezug auf die Antike, das Vorherrschen des
Naturalismus, der in der Nachfolgezeit die krasse Form von Donatellos
letzter Schaffensperiode verliert, durch nicht erloschenen antikischen Geist
in den Schranken des Dekorum" gehalten, einen abgewogenen Charakter
gewinnt, wie ihn für Florenz und Mailand Leonardo zu gestalten verstand.
Doch die Überwindung der donatellesken Antike führte durch den Natura-
lismus wiederum zur Antike. Bei Giorgione wie beim jüngeren Lombardi.
Finden wir denn vielleicht nicht für den so oft gerühmten und nicht minder
oft falsch gedeuteten romantischen" Gehalt der Bilder Giorgiones ein
Analogon in jenen Werken der späten Antike, zu denen die hier angeführte
Lateranensische Nymphe gehört? Hier und dort dasselbe bukkolische
Sein, so daß neben den erwiesenen antiken literarischen Stoffen auch der
Niederschlag antiker Formensprache bei dem Frühmeister venezianischer
Großkunst dargetan werden kann. Der Weg von Donatellos Antike war
bei Malerei und Skulptur ein gemeinschaftlicher; der belebende Natura-
lismus, der als
neuerFaktor beider
Kunstgattungen
angesehen werden
muß, war aber
wiederum von der
Antike bedingt.
Daß Tullio
Lombardis Skulp-
turen in Stein über-
tragene Gemälde
sind, wurde des
öfteren erwähnt.
Der Hinweis auf
jenes unfertige Re-
lief im Gang zur
Sakristei der Mira-
coli-Kirche in Ve-
nedig, wo -höchst-
wahrscheinlich
Tullio selbst das
Abendmahl Leo-
nardos in Stein
übersetzte, genügt,
um sein künstleri- Am
Paduanisch-venezianisch, um x5oo, Christus als Schmerzensmann
sches Wollen zu Wien, Sammlung Stefan von Auspitz
charakterisieren. Darin aber Gründe des Tadels zu finden wie dies
gewöhnlich geschieht entspricht nur einer auf florentinischer Renaissance-
auffassung beruhenden Kritik, die wohl überholt sein dürfte. Die malerischen
Tendenzen Tullios sind durch die Entwicklung der venezianischen Kunst
zu Anfang des Cinquecento bedingt Skulptur und Malerei hatten einen
gemeinschaftlichen Ausgangspunkt, gemeinschaftliche Wege und Ziele. Und
eben aus der Betonung dieser malerischen Note kann die Annäherung an
jene Phase der antiken Kunst erklärt werden, die ebenfalls ihr Streben dahin
setzte, malerisch zu wirken.
In der Rumpelkammer der Estensischen Kunstsammlung befand sich
ein I-Iolzrelief ohne Grund, auf einer gerahmten I-Iolzplatte befestigt, das,
befreit von einem dicken, nachträglichen Goldanstrich, jetzt einen Ehren-
platz unter den venezianischen Holzskulpturen der Sammlung einnimmt.
Es stellt die Pietät-Gruppe mit Oranten dar und gehört allen Anzeichen nach
in den Anfang des Cinquecento, stilistisch zu den Werken der Lombardi-
Werkstatt, entbehrt aber jene prägnanten Charakteristika, die ermöglichen
könnten, es einem bestimmten Meister zuzuschreiben Abb. I0.
Maria sitzt in der Mitte, den Leichnam Christi, der links vom heiligen
Johannes unter den Achseln gestützt wird, auf dem Schoße haltend; von
rechts her nähert sich die heilige Magdalena, gebeugt, die Rechte an die
Brust legend; zu äußerst links ein heiliger Franziskaner mit über der Brust
gekreuzten Händen, rechts eine heilige Nonne, ein Skapulier tragend.
Komposition und einzelne Figuren erinnern an die Reliefs Tullios im
Santo." Die schreitende Bewegung des Johannes kehrt an der Gestalt des
Thaumaturgs wieder. Auch die kulissenartigen Figuren, welche rechts und
links die eigentliche Handlung flankieren, haben ein Analogon in den
Paduanischen Reliefs. Unser heiliger Franziskaner entspricht dem Begleiter
des Antonius auf der Darstellung des Wunders an dem Geizhals. Auch die
Typen der Frauen stimmen miteinander überein die jugendlichen mit der
Magdalena, die, gleich den Gestalten Tullios, den Mund halboffen hält,
wogegen Maria und die heilige Nonne zu jener älteren Frauw" gereiht werden
können, die Tullio ganz im Flachrelief an der Szene mit dem Wunder an
dem Jüngling neben dem Wundertäter angebracht hat.
Der Stil Tullios hat hier auf einen Holzschnitzer gewirkt, der sich aber
in vielen Einzelheiten von dem quattrocentesken Naturalismus man
betrachte die noch gotisch gebogenen Falten an dem Gewande Mariä
nicht ganz befreit hat. Tullios Christus und Apostel an dem Relief der
Krönung Mariä in S. Giovanni Crisostomo sind durch die Antike
Höhe 018 Meter, Breite 0-44 Meter.
Vgl. auch mit dem Relief der Grablegung in der Sakristei der Salute-Kirche zu Venedig, ebenfalls der
Werkstatt Tullios zugehörig. Paoletti, a. a. 0., 11., Seite x46 und Seite x94.
Der Einliuß spätantiker Sarkophage ist evident und die Parallelerscheinung zu jener Frauengestalt
Nicolö Pisanos, die auch Sansovino in einem späteren Santa-Relief von demselben Dugento-Meister bewußt
entlehnte, höchst bemerkenswert.
385
verklärte Gestalten. Zwar ist auch an unserem Christus der gotische,
krasse Ausdruck des Schmerzes gewichen, aber die Spuren des paduani-
schen Naturalismus der unmittelbar nachdonatellesken Generation haften
an ihm noch deutlich. Es ist zwar nicht mehr Donatellos stark bewegte
Grablegung hinter dem Santo-Altar, aber Reminiszenzen dieser Darstellung
sind darin unverkennbar. Ein Mittelding zwischen dem wilden Schmerze
der Gestalten des Toskaners und den in der Geste klassizistisch-ruhig abge-
wogenen Figuren Tullios.
Die Figur Christi erinnert mich an ein anderes Werk der Holzskulptur,
einen Christus als Schmerzensmann in der Sammlung des Herrn Stefan von
Abb. 12. Bernurdino da Bissone, Christus als Schmerzensmann Äquileja, Basilika
Auspitz, der als deutsch erworben wurde, sicher aber venezianischen oder
paduanischen Ursprunges ist Abb. 11." Abgesehen von der bei Mantegna
und Giambellin so gerne wiederholten, auf Donatello zurückgehenden
Darstellung des von zwei oder mehreren Engeln gestützten I-Ieilands, ist
dessen Kopf in der Behandlung derart mit jenem des Christus auf dem
Estensischen Relief verwandt, daß dadurch allein die oberitalienische Her-
kunft dieses Stückes gesichert erscheint. Auch die beiden Engel mit den
runden Gesichtern und den um die Hüften aufgerafften Röcken sind typisch
paduanisch-venezianische Gestalten, wie sie auf dem Sportello im Santo vor-
Hübe 1x46 Meter, Breite 0x17 Meter.
Man vergleiche unsere Holzgruppe mit dem Sportello vom Santo-Altar, das, wenn auch nicht direkt
von Donatello selbst, sicher von seinem engeren Schulkreis herstammt, oder mit dem Relief an der Außenseite
der Gesuatikirche zu Venedig, das ebenfalls Christus als Schmerzensmann darstellt. Paoletti, a. a. 0., 11..
Seite x96.
49
kommen und wie sie auf den Gemälden Giambellins, Cimas und Carpaccios
nicht fehlen dürfen. Von der Kunst Tullios jedoch ist diese im Grunde
noch gotisierende Holzgruppe nicht zeitlich, wohl aber stilistisch weit
entfernt"
Als ein besonders geeignetes Vergleichsobjekt sowohl für das Estensi-
sche Relief wie auch für die zuletzt erwähnte Gruppe in der Sammlung
von Auspitz möchte ich zum Schluß ein Marmorrelief unter dem rechten
Ziborium der Basilika von Aquileja anführen, ein Werk des Bernardino di
Antonio da Bissone, das in der Formensprache der Lombardi und vor allem
in der Antonio Rizzos Christus als Schmerzensmann, von Maria und
ohannes betrauert, und zwei an den Seiten stehende, Spruchbänder haltende
Engel darstellt Abb. 123'"" Bernardino da Bissone, ein Maestro Comacino"
von Geburt, hat, wie so viele seiner Landsleute, seine künstlerische
Erziehung in Venedig erhalten, wo er unter der Leitung Rizzos an der
Ausschmückung der Scala dei Giganti im Dogenpalast zusammen mit jenem
Domenico de Maffeis sich betätigte, mit dem er auch die Arbeiten am
Presbyterium der Basilika von Aquileja ausführte. Die Ähnlichkeit mit
dem Estensischen Relief braucht kaum besonders betont zu werden die
Nebeneinanderstellung dieser Stücke wird völlig genügen, um bei beiden
den Abklatsch der Kunst Rizzos und der Lombardi feststellen zu können.
Aber auch die beiden Engel sind in ihrer Art typische Gestalten der vene-
zianischen Renaissance und der Vergleich mit den zwei den Leichnam
Christi stützenden Engeln der Sammlung von Auspitz wird meine Bestim-
mung bekräftigen.
AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN S0 VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN 50'
KÜNSTLERHAUS. Eine Gruppe von Gedächtnisausstellungen Jüngstverstorbener
und eine gedrängte Übersicht über das Schaffen eines fast Vergessenen bringt die
Wiener Künstlergenossenschaft. Es mag gleich hervorgehoben werden, daß es die wenig
bekannte Persönlichkeit Eduard Swobodas ist, die am meisten Anziehungskraft besitzt.
Der Künstler geb. x8x4, gest. xgoz wirkte in der guten Zeit der vormärzlichen Wiener
Kunst, stand mit Danhauser und Amerling in regem Verkehr und arbeitete noch in einer
Zeit, die alle starken Erschütterungen der Jahrhundertwende verspürte. Er repräsentiert
in den wenigen seiner zur Schau gestellten Arbeiten noch ganz den Geist jener Wiener
Schule, die soviel vertieftes neben spielender Leichtigkeit, soviel Tüchtiges neben einer
zeitgemäßen Beschränkung aufweist. Seine frühen Skizzen zu religiösen Fresken lassen
fast noch die Traditionen der Kremser Schmidt-Periode erkennen; in seinen Hauptbildem,
die leider nur ganz spärlich vorhanden sind, zeigt sich die liebenswürdige, tüchtige Kunst
der Wiener Genremalerei, die bitter-süß, satyrisch und intim zugleich ist. Wie man nur in
einem populären Witz der Politik nahekommen durfte, so hat nur das leicht verständliche
Eine ähnliche, vielleicht etwas ältere Gruppe mit derselben Darstellung im Kaiser Friedrich-Museum
zu Berlin, Katalog Schottmilller, Nr. 288.
Vgl. Folnesics-Planiscig, Bau- und Kunstdenkmale des Küsxenlandes, Wien, 1916, Tafel 16.
satyrische Bild eine Kritik gesellschaftlicher Zustände bringen können. Die Porträtkunst
war die verbreitetste, und wie tüchtig Swoboda zeichnen und malen konnte, wird durch
Tuschköpfe, Miniaturen und lebensgroße Familienporträte gezeigt; die satte und warme
Farbe leuchtet prächtig; die korrekte Zeichnung wirkt wohltuend; diese Schulung Findet
im ligurenreichen Genrebild die richtige Fortsetzung; aber auch feine Landschaftsstudien
weisen auf Vielseitigkeit des Künstlers hin, der hier den Besten der Wiener Schule nahe-
kommt und in jedem Stück etwas von ihren Schwächen, aber auch von ihren Vorzügen
zeigt. Swoboda hat zweien seiner Kinder seine Traditionen als Erbe hinterlassen. Die
emsige Porträtmalerin I. Swoboda hat die Ausstellung gefördert, der Orientmaler Rudolf
Swoboda gehört leider schon zu denen, deren Nachlaß vorgeführt wird. Er war offenbar
wanderlustig und von besonderer Liebe für die südliche Sonne erfaßt, was ihm von seiner
Verwandtschaft mit Leopold Carl Müller im Blute gelegen haben mag. Die sonnigen
Studien und Bilder aus Indien sind auch sein Bestes, während er beim repräsentativen
Porträt nicht recht warm zu werden vermochte. Seine Hauptwerke sind teilweise in
englischem Besitz und darum für uns jetzt unzugänglich. Die Ausstellung gibt aber doch
einen guten Einblick in sein Schaffen, dem nur die Heranziehung einiger nicht vollwertiger
Stücke schadet.
Zweigeteilt ist auch der Nachlaß Rudolf Bernts, in dem derArchitekt ganz verschwindet
und nur der liebenswürdige und heitere Aquarellist in die Erscheinung tritt. Bernt war
unter dem Einüuß Rudolf Alts ein flotter und frisch zugreifender Schilderer südlicher
Architekturen aus unserer Monarchie. Er wurde später, als er Reißbrett und Zirkel beiseite
schob, ein sorgfältiger und präziser Beobachter, dem die Liebe für das Detail geblieben
war. Aus seiner letzten Reisezeit aus Japan ist ein großer Teil der Arbeit des Beißigen
Erzählers vertreten, in denen vor allem das Gegenständliche und Sauber-Korrekte der
Darstellung hervortritt.
Es war dem Künstler vergönnt, an der Seite Otto Wagners bei der Entstehung vieler
Bauten tätigen Anteil zu nehmen, die für die Baugeschichte Wiens von einschneidender
Bedeutung sind, die der modernen Entwicklung kräftig vorzubauen berufen waren. Als
die schroffere und bewußtere Betonung modernen Geistes zum Durchbruch kam, trennte
sich Bernt von dem langjährigen Arbeitsgenossen und Meister. Er huldigte nur mehr
der Muse des Aquarells und füllte die Muße mit emsigen und subtilen Schilderungen, in
denen doch immer das Bauwerk liebevoll mitspricht.
Von K. M. Schwerdtner, dessen Plaketten- und Kleinplastiken verbreitet sind, und
W. Wörnle, dessen Radiernadel vorwiegend den reproduzierenden Aufgaben mit großer
Gewissenhaftigkeit gewidmet war, ist ein Überblick geboten. In Schwerdtners Raum über-
raschen einige keramischeKleinplastiken, die offenbar in letzter Zeit entstanden und dabei
im modernen Sinne einen Fortschritt bedeuten.
Am reifsten wirkt unter allen Räumen doch nur der kleine Saal, in dem eine tüchtige
Schulung und warmblütiges Erfassen des Lebens aus alten Zeiten bis in die Gegenwart
reichen und den Namen eines Wieners und bodenständigen Künstlers aufleben lassen, den
man sich merken soll den Eduard Swobodas.
ALERIE ARNOT. Bei Arnot sind Kriegsbilder zu sehen. Stadler zeigt eine neue
Serie seiner charaktervollen Zeichnungen; Larsen bringt Ölstudien aus einem Winter-
feldzug.
Stadler ist ein Zeichner von ausgeprägter Eigenart, der den Stift voll beherrscht und
zum Ausdrucksmittel lakonischer, aber treffender Charakteristik macht. Er bringt nur das
für ihn Wesentliche und weiß damit zu fesseln und zu überzeugen.
Larsen ist Kolorist. Ihn beschäftigt nur der Ton, die Farbe. Eine Anzahl von Schnee-
Skizzen, welche die Schrecken des modernen Feldzuges im Winter fühlen lassen, sind
tonfein und lebensvoll. Sie stehen wohl eben weil sie Erlebtes schildern höher als
seine Kompositionen aus Friedenszeit, denen die innere Wahrheit oft abgeht.
In beiden Künstlern zeigt sich die wachsende Kraft, die aus starken Eindrücken
Nahrung holt. Beide wollen nicht Kriegsbilder malen, sondern nur Einzelnes, Geschautes
oder Gefühltes niederschreiben. Darum sind ihre Leistungen fesselnd und eindrucksvoll.
jeder gibt das, was von seinem Auge und von seiner Hand beherrscht wird. Darum sind
beide Auffassungen nach ihrem Wesen so verschieden.
OLLEKTIVAUSSTELLUNG LUDWIG HESSHAIMER. Der Kunst-
salon Halm Goldmann bietet eine zweite Übersicht der Arbeiten Ludwig Hess-
hairners. Diesmal sind es Kriegsbilder aus Mazedonien und Albanien, welche von dem
gewandten Stift des Majors niedergeschrieben wurden. Immer kräftiger wird seine Art,
die eigene Beobachtung mitzuteilen, immer breiter der Strich.
Ursprünglich waren es vorwiegend Kriegshandlungen, die er mit spitzigem Stift in
feinstem und doch oft so abgekürztem, Süchtig festhaltendern Notizencharakter aufzu-
zeichnen wußte. Nun bietet er auch durchgebildete, gründlich beobachtete Studien, die auf
den malerischen Orient, der an den Grenzen unserer Monarchie beginnt, mit Liebe ein-
gehen. Viele leichte, farbig getonte, mehr aber noch kräftige Bleistiftskizzen eindringlicher
Art schildern Land und Leute, die Baukunst und das Leben und Treiben, das der kriege-
rischen wie das der alltäglichen bürgerlichen Welt.
Der feine Beobachter und liebevolle Schilderer, der geübte Erzähler vermittelt dem
Hinterlande eine Welt voll Unruhe und Erregung, voll Zerstörung und doch wieder auch
einzelne friedvolle Raststunden. Er besitzt jenes Interesse für das Einzelne, für das
Gegenständliche, welches viel mitzuteilen weiß, ohne daß die Haltung des Ganzen, der
Zusammenschluß leidet.
KLEINE NACHRICHTEN
I-IJEHRBUCH DER GRAVIERKUNSW VON MAXIMILIAN HÜBENER.
In eleganter Ausstattung, mit gutem Druck und reichem Illustrationsmaterial hat der
Fachlehrer einer städtischen l-Iandwerkerschule in Berlin Maximilian Hübener ein Buch
über die Gravierkunst herausgegeben. Die gründlichen und ausführlichen Unterweisungen
erstrecken sich auch auf Nachbargebiete der Metalltechnik und der Schmuckbehandlung
und sind, soweit sie sich auf technische Angelegenheiten beziehen, auch von vielen nütz-
lichen und anschaulichen Abbildungen begleitet.
Leider hat der Verfasser über den Rahmen seines Gegenstandes weit hinausgegriHen
und ihm fremdere Gebiete einbezogen, wie Stilbetrachtungen, Ornamentik, Schriftkunde,
die eine gefestigte künstlerische Anschauung fordern. Hier versagt das Urteil und die
Leistung, welche sonst von einem Lehrbuch der Gravierkunst gar nicht zu fordern wären.
Werden aber Tafeln rnit Beispielen von ornamentalen und schriftkünstlerischen Lösungen
geboten, dann müßten diese heute wohl ganz anders aussehen; werden grundlegende
Fragen der künstlerischen Entwicklung unserer Zeit aufgeworfen, dann dürften sie wohl
kaum in einer so ungeklärten Form berührt werden. Das Festhalten an bestimmten
Stilformen, das Ausgehen vom historischen Ornament oder von einzelnen Buch-
stabenkonstruktionen sind wohl längst überwundene Standpunkte. Freut also einer-
seits die gründliche Erörterung einer Technik, eines Handwerks, seines Werkzeugs
und Materials, so muß anderseits die formale Unfreiheit bedauert werden, welche bei
der Anwendung des Werkgerätes und den Werkzielen hervortreten. Die vorzügliche
Ausstattung und das weitgesteckte Ziel fordern höheren Maßstab gegenüber dem Gehalt
des Gebotenen. H. F.
Verlag Wilhelm Diebener, Leipzig, 1916.
DER ZVVETTLER JÜBILÄÜMSKELCH. Es scheint nun doch mit der kirch-
lichen Kunst wiederbesser zu werden. Es gibt wieder Künstler und Kunsthand-
werker, die sich mit kirchlichen Aufgaben liebe- und verständnisvoll befassen. Es gibt
wieder Männer, die
solche Aufgaben
stellen. Und es gibt
noch immer, oder
wieder, geistliche
Kreise, von denen
manweiß, daßihnen
nur wirkliche Kunst
wahre Freude be-
reitet und des Got-
tesdienstes würdig
erscheint.
Als im alt-
ehrwürdigen Zister-
zienserstifte Zwettl
das fünfzigjährige
Priesterjubiläum
des allverehrten
Herrn Prälaten und
infulierten Abtes
Stephan Rößler be-
vorstand, da wuß-
ten seine Freunde
und Verehrer gar
wohl, daß eine durch
Kunst veredelte Ga-
be im Dienste des
Allerhöchsten dem
Verehrten eine ganz
besondere Freude
machenwerde. Man
ging auch den rech-
ten Weg. Auf eine
AnregungclesI-Ierrn
I-Iofrates Professors
Dr. Neuwirth, der
mit den Herren des
Stiftes seit Jahren
bekannt ist und vor
jahrenschonAndris
Kapitelkreuz dem
Stifte vermittelt hat-
te, wandte sich der
Herr Stiftsprior und
Kämmerer P. Alex-
ander Lipp an den
Der Zwettler jubiläumskelch
Architekten Professor Dr. Karl Holey und den Goldschmied und uwelier Franz Halder,
die von ihrer Tüchtigkeit und Erfahrenheit auch auf dem Gebiete kirchlicher Kunst
schon wiederholt Proben abgelegt haben. Wir erinnern nur an die ausgezeichneten
dann an die schöne von l-Ialder ausgeführte Monstranz in Mariazell, die auch beim
Eucharistischen Kongreß in Wien in besonderer Verwendung stand, von anderen Werken
hier zu schweigen. Professor l-loley und Juwelier Halder hatten bei der kirchlichen
Ausstellung in Wien im Jahre 1912 durch Mitarbeit verschiedener Art besonders Gelegen-
heit, ihre Erfahrungen zu bereichern.
Wie glücklich der ganze Aufbau des neuen Werkes gelungen ist, zeigt die beigegebene
Abbildung. Sehr eindrucksvoll und zugleich zweckmäßig ist der sichere Stand auf breiter
Basis, wirkungsvoll das kräftige Emporschießen des Fußes, der seine Kraft unter dem
Nodus noch einmal zusammenfaßt, um hier in reicheres Leben überzugehen. Von hier
quellen dann die lebendigen Kräfte empor und umschließen hütend und tragend zugleich
die wohlgeformte Cuppa.
Überraschend ist das Nebeneinanderstellen schlichter und reicher Formen, plastischer
und malerischer Lösungen. Aber es ist kein rohes Neben- oder Gegeneinandersetzen;
sondern immer hat man das Gefühl, daß das Ganze von Geist beherrscht wird, und überall
findet man einen Übergang, wenn oft auch in ungewohnter Weise.
I-Ialder hat aus dem Entwurfe, der ihm in Zeichnungen und zum Teil in einem
Modell Holeys vorlag, eine wahre Meisterleistung geschaffen, doppelt anerkennenswert
in Anbetracht der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit und der Schwierigkeiten, die sich
heute wohl überall zeigen. Jeder, der nur einmal mit solchen Arbeiten zu tun gehabt hat,
weiß, wie weit der Weg auch vom besten und genauesten Entwürfe bis zum ausgeführten
Werke noch ist. Da helfen nur wirkliche Erfahrungen und Fachkenntnisse, und wie oft
muß noch im letzten Augenblick dies und das geändert werden; denn man hat eben auch
hier überall mit der Tücke des Objektes zu kämpfen. Bei dem getriebenen und ziselierten
Laubwerke kann schon eine Kleinigkeit zu viel oder zu wenig erheblich schaden und wie
oft ist hier und dort eine kleine Verschiebung nötig. Die Steine Rubine, Amethyste, Opale,
Topase kann nur ein geübter Kenner in ihrer Wirkung gegeneinander bemessen und durch
Folien und andere Kunstgriffe zur vollen Geltung bringen.
Eine besonders schwierige Sache mochten die drei Schmelzbilder sein Der gute
Hirte" als Sinnbild des Priestertums, Der heilige Bernhard" als der Ordensheilige und
die verbundenen Wappen des Stiftes Zwettl und des jubilierenden Abtes. In diesen
Malereien, die in der Werkstätte von J. Souval gebrannt wurden, hat sich Dr. Holey im
Verein mit Dr. Robert Eigenberger auch als Maler versucht. Es war ein kühnes Unter-
nehmen, diese kräftigen Töne zu wagen; es ist aber nötig, sich auch hier wieder an
gesunde Kraft zu gewöhnen.
Alles in allem dürfen wir wohl sagen, daß die Arbeit allen Mitschaffenden zur Ehre
gereicht, zum wenigsten nicht dem Empfänger; denn seine Freude an wahrer Kunst ist
doch zu guterletzt die Veranlassung des Ganzen gewesen. Dreger
ARIE ELLENRIEDER" VON KLARA SIEBERT. Im Rahmen der
Sammlung von Frauenbildern, welche vorwiegend der Lebensschilderung katholi-
scher Frauen gerecht werden soll, ist die Erinnerung an Marie Ellenrieder durch ein
Lebensbild ihres Wirkens als Künstlerin und Frau neu belebt worden. Das handliche Buch
ist mit Bildern versehen, die Reproduktionen der schwer zugänglichen Arbeiten der
Malerin bilden. Sie ist X19! geboren und gehört nach ihren Lebensanschauungen und
ihrem künstlerischen Wirken ganz in den Kreis der Nazarener, unter deren Einiiuß
viele ihrer Arbeiten entstanden. Wenn man von den Überschwenglichkeiten der Biographin
absieht, die Frömmigkeit und Kunst, religiöse und künstlerische Absichten und Wirkungen
vermengt, so bleibt doch auch bei kühlerer Betrachtung das Bild einer selteneren
Herdersche Verlagshandlung Freiburg i. Br.
Erscheinung bestehen. Sie verband Reinheit der Gesinnung mit einer Begeisterung, die
auch innerhalb der engen Grenzen einer von überragenden Vorbildern abhängigen Arbeits-
weise sympathisch bleibt. Die Porträtarbeiten ihrer ersten Zeit lassen fast bedauern, daß
die Künstlerin ihre feine Beobachtung und subtile Darstellungsweise schließlich ganz in den
Dienst der religiösen Kunst stellte, für die ihr Talent wohl nicht bedeutend genug war, um
wirklich Größeres und Selbständiges hervorzubringen. Der Text legt das Hauptgewicht auf
das Seelenleben der Künstlerin, das aus Tagebuchblättern und ihren Werken deutlich spricht.
IE ABTEIKIRCHE ZU SEITENSTETTEN. In einer handlichen Broschüre
hat Pater Martin Riesenhuber O. S. B. eine Baugeschichte und Baubeschreibung
jener Kirche gegeben, welche der Benediktinerabtei zu Seitenstetten in Niederösterreich
von xxrö bis 1916 als Abteikirche zugehört. Es ist eine jubiläumsschrift, welche 800 Ent-
wicklungsjahre überschaut und anläßlich der letzten Kirchweihe des renovierten Gottes-
hauses 1916 für dieses und für den Bestand der Abtei während eines ungefähr gleichen
Zeitraumes seit um als bleibende Erinnerung dienen soll. Sie ist durch Baupläne und
photographische Aufnahmen illustriert und bietet zahlreiche urkundliche Beiträge, welche
die einzelnen Phasen der Entwicklung des Baues beleuchten. Weder bedeutende Raum-
verhältnisse noch einen erhebenden, wahrhaft schönen Gesamteindruck, noch kostbare
Einrichtungen darf man ihr eigen nennen" sagt der Verfasser von der Kirche. Wer das
Liebfrauenmünster im Trefflingtale durchschreitet, dringt ein in dessen kunstgeschichtliche
Entwicklung, die so viele Jahrhunderte umfaßt, und liest aus der Gestaltung der Bauteile
und aus den Formen der verschiedenartigen Einrichtungsstücke wie in einer uralten Hand-
schrift, in der an vergilbte Blätter neuere gereiht wurden." Es ist also vorwiegend kunst-
und kulturhistorisches Interesse, das der Bau erweckt und die Besprechung in mannig-
faltigen Nachweisungen befriedigt. Sie verfolgt die frühe mittelalterliche Entstehungszeit
und den späteren Ausbau, die Renovierungsabsichten späterer Zeiten und die Eingriffe
und Veränderungen, welche Baukörper und Innenraum erlitten. Damit sind Zeitdokumente
gegeben, die interessant sind, wie die Erzählung von jenem Abt, der die gotischen Rippen,
Dienste und Kapitäle wegschlagen ließ, um antikisierende Lisenen, freie Stuckornamente
an deren Stelle anbringen zu lassen. In der Liste der Künstler und Handwerker, die Berater
und ausführende Organe waren, fehlen bedeutende führende Persönlichkeiten. Die Werk-
leute sind nur die Werkzeuge der Bauherren, deren Willen sie nach ihrem Können zum
Ausdruck bringen, wobei sie keine hervorragende eigene Baugesinnung oder Künstlerschaft
zu betätigen haben.
Darum spiegelt sich auch jene durchschnittliche Begabung wider, die ja in ver-
schiedenen Perioden verschieden hoch war, wie sie von Provinzmeistern repräsentiert zu
werden pflegt. Aber weil eben immerwährend das Bedürfnis Veränderungen verschrieb
oder die Prunkfreude, die Geschmackswandlung solche wünschte, so ist das Antlitz des
Baues ein vielgestaltiges und vielsagendes geworden, das historische Studien lohnt.
Die Denkmalpflege und Baugeschichtschreibung begrüßen solche Beiträge stets mit
dankbarem Beifall. H. F.
MITTEILUNGEN AUS DEM K. K. ÖSTER-
REICHISCHEN MUSEUM so
ÜSZEICHNUNG. Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster
Entschließung vom 16. Oktober d.. dem Diener am Osterreichischen Museum Franz
Kaltenbrunner anläßlich der erbetenen Übernahme in den dauernden Ruhestand das
Silberne Verdienstkreuz mit der Krone allergnädigst zu verleihen geruht.
Verlag der ReichsposW, Wien.
392
IE BALKANAUSSTELLUNG IMKÖSTERREICHISCHEN MUSEUM
wurde am Sonntag den 29. Oktober geschlossen.
ESUCH DES MUSEÜMS. Die Sammlungen und Ausstellungen des Museums
wurden im Monat Oktober von 6.722 Personen, die Bibliothek von 1.439 Personen
besucht.
LITERATUR DES KUNSTGEWERBES 51b
I.TECHNIK UND ALLGEMEINES.
ÄSTI-IETIK. KUNSTGEWERB-
LICI-IER UNTERRICHT am
CI-IIESA, F. Die künstlerische Betätigung des Tessiner
Volkes und ihr geschichtlicher Wert. Autorisierte
Übersetzung aus dem Italienischen von E. Mewes-
Beha. 52 Taf. u. 18 S. Text. Zürich, Orell Fiißli.
M. 20.-.
Englische Betrachtungen über das Wiedererblülien des
Handwerks. Kunstgewerbebl, Okt.
MEYER, R. Kinderarbeiten, eine Forderung an die
Schule. Deutsche Kunst und Dekoration, Okt.-
Nov.
SCHWINDT, A. M. Die Ausbildung unserer Kunst-
gewerbler. Innen-Dekoration, Okt.
S. S. R. Zu den Schülerarbeiten der Kunstgewerbe-
schule Mainz. Innen-Dekoration, Okt.
II. ARCHITEKTUR. SKULPTUR.
CORWEGI-I, R. Ein neues Landhaus von Emanuel von
Seidl I-Iaus G. in Bad Harzburg. Deutsche Kunst
und Dekoration, Okt.-Nov.
DACHLER, A. Die Posthäuser in Melk und Purkers-
dorf und ihr Erbauer. Monatsbl. des Altertums-
Vereines zu Wien, io.
JAFFE, E. Zu den Arbeiten von J. Friedländer. Innen-
Dekoratinn, Okt.
JAUMANN, A. Krieger-Denkmäler. Deutsche Kunst
und Dekoration, Okt-Nov.
LÜBBECKE, F. Die mittelalterliche Plastik in der
Sammlung Ullmann zu Frankfurt a. Der
Cicerone, VIII, 19-20.
SCHLIEPMANN, H. Die Farbe in der Monumental-
kunst. Berliner Architekturwelt, XIX, 2-3.
STEFFEN, H. Die neuen Denkmäler für Prinzregent
Luitpold und für Kaiser Wilhelm I. an der Gräber-
stätte der Hohenzollern in Baiem. Deutsche Bau-
zeitung, 85.
STRZYGOWSKI, Jos. Schwedische Großkunst der
Gegenwart. Zeitschr. für bild. Kunst, Okt.
WOLF, G. I. Karl Alhiker. Die Kunst für Alle, Okt.
III. MALEREI. LACKMALEREI.
GLASMALEREI. MOSAIK so
MOSER, Kolo. Mein Werdegang. Velhagen Klasings
Monatshefte, Okt.
IV. TEXTILE KUNST. KOSTÜME.
FESTE. LEDER- UND BUCH-
BINDERARBEITEN
ACS, L. Ungarische textile Volkskunst. Stickerei- und
Spitzen-Rundschau, Okm-Nov.
FRÖLICl-IER, E. StoEe und Stickereien von der
Basler Gewerbeschau. Textil Kunst und Industrie.
IX.
Glasperlen-Arbeiten.Stickerei- und Spitzen-Rundschau,
Okn-Nov.
jAUMANN, A. Die Unersetzbarkeit der Stickerei.
Deutsche Kunst und Dekoration, Okt-Nov.
JESSEN, j. Bulgarische Stickereien und Spitzen.
Srickerei- und Spitzen-Rundschau, Okc-Nov.
Stickereien und Spitzen aus vergangener Zeit.
Deutsche Kunst und Dekoration, Okt-Nov.
LUX, J. A. Damenarbeit. Stickerei- und Spitzen-
Rundschau, Okt-Nov.
MICI-IAELSON, A. Stickereien und Spitzen aus ver-
gangener Zeit. Stickerei- und Spitzen-Rundschau,
Okt-Nov.
W. H. Dg. Gedanken zu neuzeitlicher Textilkunst.
Textile Kunst und Industrie, IX, 4.
V.SCI-IRIFT. DRUCK. GRAPH.
KUNSTE so
BREDT, E. W. Der Radierer Hans Meid. Die Kunst
im Alle, Okt.
VI. GLAS. KERAMIK ab
Edelglas, Altes. Internat. Sammler-Zeitung, xg.
VERSCI-IUER, W. F. K. Baron Van. Ary de Milde, Mr.
Theepotbacker. Oud Holland 1916, r.
VII. ARBEITEN AUS HOLZ.
MOBILIEN
Zu den Möbeln von Architekt Ernst May. Innen-
Dekoration, Okt.
VIII. EISENARB. WAFFEN.
UHREN. BRONZEN ETC. so
VAUTIER, P. japanische Stichblätter und Schwert-
zieraten. Sammlung G. Older, Düsseldorf. Be-
achreib. Verzeichnis. Herausg. von Otto Kümmel.
XX, 2x8 S. m. Abhilb. Berlin, Oesterheld Co.
M. 35.-.
Alle für Kunst und Kunsthandwerk" bestimmten Sendungen sind an die Redaktion dieser Monatsschrift,
Wien, 1., Stubenring 5. zu richten. Für die Redaktion verantwortlich Franz Ritter.
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IM VERLAGE VON ARTARIA ßl Co., WIEN, ERSCHIEN
JOSEF FÜI-IRICH
VON DR. MORIZ DREGER. I-IERAUSGEGEBEN
VOM K. K. MINISTERIUM FUR KULTUS UND
UNTERRICHT
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Textband. 40. 17 Bogen mit 45 Illustrationen in Lichtdruck
und Zinkätzung, davon farbig. Tafelband im Formate
4536 Zentimeter, mit 60 Tafeln in Lichtdruck und I-Ieliogra-
vüre. Einmalige Ausgabe in 500 Exemplaren und 65 un-
verkäuflichen Dedikationsexemplaren. Subskriptionspreis
für beide Teile gebunden in Original-Halbleinenband 96.
Die Erhöhung des Preises wird vorbehalten.
ICICIIOIDICIDIQIU
Dieses Werk erschien als dritte Veröffentlichung in einer vom
k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht herausgegebenen
Serie von Werken, die das Schaffen hervorragender österrei-
chischer Künstler in musterhaften Wiedergaben und in monu-
mentaler Weise zur Anschauung bringen sollen. Der Verfasser,
Regierungsrat Vizedirektor Dr. Dreger, Dozent an der Wiener
Universität und an der Akademie der bildenden Künste in
Wien, hat sich seit langem mit Führich beschäftigt und konnte
bisnun ganz unbekannte Quellen benützen. Der Tafelband
enthält fast durchaus Werke, die bisher niemals oder nicht
unmittelbar nach den Originalen wiedergegeben worden sind.
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JOSEF FÜHRICHS WERKE
nebst dokumentarischen Beiträgen und Bibliographie, gesammelt von
HEINRICH VON WOERNDLE unter Mitwirkun von ERICH
STROHMER. Herausgegeben vom k. k. Ministerium gir Kultus und
Unterricht mit Abbildungen. Preis broschiert 15, in Original-
Leinenband 16'50. Dieser Oeuvre-Katalog" bildet die Ergänzung
zu der oben angezeigten großen Monographie. Beide Werke sind zu
beziehen durch alle Buch- und Kunsthandlungen sowie durch den Verlag.
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DIE WIENER PORZELLAN-
SAMMLUNG KARL MAYER
KATALOG UND HISTORISCHE
EINLEITUNG VON j. FOLNESICS
ERSTER VIZEDIREKTOR DES K. K. ÖSTERREICHISCHEN
MUSEUMS FÜR KUNST UND INDUSTRIE
Die umfassende Bedeutung dieser Sammlung ließ es berechtigt erscheinen, dem
eigentlichen Katalog eine historische Einleitung vorangehen zu lassen, die in großen
Zügen an der Hand der vorhandenen Objekte ein Bild der geschichtlichen Entwicklung
der Wiener Porzellanfabrik vor Augen führt und die Bedeutung der einzelnen besonders
hervorragendenObjek- in farbigen Autotypien
te klarlegt. Sie stammt von j. LOWY ausge-
aus der Feder des Mit- führt, welche die cha-
arbeiters an der 1907 .. rakteristische Farben-
erschienenen bereits wirkung der Originale
vergriffenen umfang- mit bisher kaum er-
reichen Geschichte der reichter Treue veran-
Wiener Porzellanma- Üf" schaulichen.
nufaktur, des ersten Das Werk er-
Vizedirektors am k. k. scheint im Format die-
Österreichischen Mu- ses Prospektes in ei-
seum, Regierungsrates ner auf 350 Exempla-
JOSEF FOLNESICS, re limitierten Auflage,
und ist mit 86 Tafeln von welcher300Exem-
versehen, die uns 220 i. plare mit den Num-
dererlesensten oderge- mern bis 300 in den
schichtlich bedeutend- .1 Handel gelangen.
sten Stücke der Samm- Der in Leder ge-
lung vorführen. Davon KICPorzeIa Fabri bundßne Band enthält
sind 20 Tafeln teils in ßommu ßfitllllhllllh! M157. etwa 20 Druckbogen
Farbenlichtdruck, teils Text auf Büttenpapier
und 86 Volltafeln, davon 10 Farbenlichtdrucke, 10 farbige Autotypien und 66 einfarbige
Lichtdrucktafeln. DER SUBSKRIPTIONSPREIS FUR EIN GEBUNDENES
EXEMPLAR BETRAGT 100- M. 85'-. DIE ERHÖHUNG DES LADEN-
PREISES NACH ERSCHEINEN DES WERKES IST VORBEHALTEN.
Subskriptionen werden von allen Kunst- und Buchhandlungen entgegengenommen
sowie vom Verlag ARTARIA CO
J. GIKEY
MAFFERSDORF IN BÖHMEN
BERLIN S. W. WIEN PARIS
J. C. ERBS l., ROTENTURMSTRASZE 10 13, RUE D'UZES
68, LINDENSTRASZE 15
NEW-YORK LONDON W.
34. UNION SQUARE, EAST 14, POLAND STREET
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iDorzellanbaus Grnliwabliß
Wien, I., Kämtnerfiraße
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ohne Tlhziallumrahmun etc. iauhdlmt alüdjllcicnd,
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IN WIEN, I., STEPHANSPLATZ
BUCHHANDLUNG FÜR IN UND AUS
LANDISCHE LITERATUR
REICHHALTIGES LAGER VON PRACHT- UND ILLUSTRATIONS-
WERKEN SOWIE VON LEHR- UND I-IANDBUCHERN AUS ALLEN
GEBIETEN DER KUNST UND DES KUNSTGEWERBES IN
DEUTSCHER, ENGLISCHER UND FRANZÖSISCI-IER
SPRACHE. VORZÜGLICHE VERBINDUNGEN MIT DEM AUSLANDE
ERMOGLICHEN DIE RASCHESTE BESORGUNG DER LITERARISCHEN
ERSCHEINUNGEN ALLER LANDER
UNTERHALTUNQSLEKTÜRE UND JOURNALE
IN DEN EUROPAISCHEN KULTURSPRACHEN
IIIOIIIOIIOIIOIIOIIOIIOÄHHi!!!HIIIH!HHHHÄHIHHIHIT!Hi!!!
..-.IHHÄHIHHIIIIIÄ IIOÄÄOÄÄOIÄOIXOIIOIIOIIOIÄOIIOIIOÄÄOIIOIÄOIÄOÄÄOÄ
ßÄHHHÄHHHHHÄHH555551515151!!!
.11.
II Äquarellfarben
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Ölfarben
Uollkommensfe u. deshalb bevorgugteste Marke
gchwar; und farbig, beherr-
ßWMßh-m 3,... den Weltmarkt!
Allelnig" Fabrikant
Günther Wagner, Xannover u. Wien, Xff
mvmndn 13.1 Man nbrlrmgl! Spldnllislcn Ja Alllliclllungln
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Räif. llIld künigl. D01? und lllliütfütäßblltljhätlllltr
IUiCIl Stil 1818 öraben 21
ßegründet 1783 CBICIJIJUII 18652
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Ilmateuemnotograpbie, Runfv
getcbicbte, der cbünen mitten!
ICDEIIICII, Pracbtweeken ete. ete.
Hnnabme von Abonnements aut fämtlime momm, und monatstmritten
VIEHERVOIIZELLANAAHUFACTUR
VIEH'WIIIEBEM'HAUPTSTRAS3E'2527
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BERNDOBFER-NEFAIE
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v1. MARlÄHlLFERSTRJ9-21.
PRAG CRABEN 37. BUDAPEST WAITZNERSTRASSE 25
Alle Nr "Kann und Kunathmdwcrk" butimmten Sendungen sind in die Reduktion dieser llonntnchrlh, Wien, Stubcnring
zu richten. Für die Redaktion verantwortlich Fnnz Ritter.
Aus der hilzrl. kbnigl. Hof- und Shntsdruckeni.